Hoffnung?

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"Drachlinge? Sie haben versprochen sie zu verschonen?"
Es waren Lyns Worte, während das Leuchten der Magie um sie herum schwächer wurde. Sie hatte alles mitbekommen, auch wenn sie geschwiegen hatte. Die Magie der Schatten fesselte sie noch immer in den jetzigen Zustand. Eiszahn war bereits in den Nebeln verschwunden. Glutscheins Licht verblasste und der Schutz zog sich zu seinem Ursprung zurück. Es blieb nur noch das Licht der Schuppen.
"Khan?" Ihre Stimme drang nur noch schwach zu ihm durch. Zu viel war es, worum seine Gedanken kreisten. Die Quelle der Dunkelheit war der Kessel. So nannten sie einst das Zentrum. Das Zentrum in den Bergen, den Drachen nun als ihre Zuflucht bekannt. Die größere Frage war aber, wie er überlebt hatte. Bis auf seine Magie erinnerte nichtsmehr an den Herrn der Finsternis von damals.
"Wie... wie ist das möglich? Es heißt, die Schöpfer hätten dich vernichtet. Die Wächter müssen doch etwas davon mitbekommen haben?"

"Frag dich selbst, Wächter der Lüfte. Herr der Himmel. Warum wusstest du nichts von mir?"

Khan senkte den Kopf. Warum er nichts bemerkt hatte? Er war beschäftigt gewesen. Zu sehr damit, die Drachen vor den Jägern zu beschützen. Tausende Jahre, seit ihrer Ankunft. Seit ihrer Ankunft... "Die Mig. Sie waren voller Licht, doch die Jäger haben Dunkelheit gebracht." Er fixierte ihn. "Du hast sie zu Jägern gemacht. Damit konntest du von dir selbst ablenken. Sie wollten nur die Welt erkunden. Vielleicht neu siedeln und wären uns nie feindlich gesinnt gewesen, hätten uns nie gejagt. Doch du hast ihnen verraten, wie man mit Magie umgeht. Ihnen gezeigt, wie sie unseren Willen brechen." Er knurrte bedrohlich und laut, dass kleine Steine von der Decke und den Wänden rieselten. "DU hast Schuld an allem. Wieder hast du nichts als die Zerstörung Aqanas im Sinn."

Der Jäger grinste, lachte, dann meinte er kopfschüttelnd: "Nein. Die Mig waren es, die mich aus dem Meer gerettet haben. Sie wussten nicht was sie taten. Aber als sie mich berührten und einer von ihnen meine Ambitionen verstand, da begann die Dunkelheit zu wachsen. ICH zu wachsen. Dieser Körper..." Er schüttelte einen Arm. "Ist nichts im Vergleich zu dem, was ich einmal war. Zu dem was du warst, bist auch du nichts mehr. Wir waren Götter, Nier! Götter! Geschaffen als Gegensatz zum Licht! Der Gegensatz des Lebens und der Magie. Es ist unsere Natur zu zerstören." Er grinste. "Du tust es noch immer. Wie viel Blut klebt an deinen Klauen? Blut jener, die im Kampf gegen dich fielen, die du nicht retten konntest! Blut derer, die die Mig getötet haben, weil die Wächter blind waren!" Er drehte sich um, erhob den Arm und deutete auf den Roten. "Sein Blut, der nur seine Tochter retten wollte!"

Die Schatten schlugen hoch wie Wellen und attackierten den Alten. Der riesige Drache brüllte entsetzt, spie Flammen, während die Schatten über ihn herfielen, ihn umhüllten. Die Schreie wurden hoch, dann leiser. Immer kleiner wurde der Berg aus Schatten und als sie sich wieder verzogen war der Drache fort. An seiner Statt waberten nur weitere Schatten.
Khan schloss die Augen. Ein stilles Gebet schickte er in die Nebel. Er bat um Verzeihung. Die Götter. Die Schöpfer. Leena. "Verzeiht mir. Ich... bin ein miserabler Wächter.", flüsterte er. Leise, kaum hörbar, wurden Stimmen durch die Luft getragen. Der Wächter der Lüfte war schwach, flüsterten sie. Der Wächter der Lüfte ein Verräter. Der Wächter der Lüfte - ein Fehler der Götter.

"Der Wächter der Lüfte. Ein Niemand. Nicht in der Lage, sich selbst aus den Ketten zu lösen, die ihn an seinen Herrn binden.", zischte der Jäger, der Schattenkönig. Kahn legte den Kopf auf den Boden. Ein Eingeständnis seiner Niederlage. Nier war das Gegenstück der Schöpfer, Khan war nichts.
Er erinnerte sich an beide Leben. Doch nicht an einen Moment, in dem er so verzweifelt war wie jetzt. So mutlos, einsam und nutzlos. Die Ketten wurden kälter und als er den Widerstand endgültig aufgab spürte er die Kälte der Schatten. Sie krochen über seine Schuppen, zogen die Energie aus seinem Körper.

Wen die Schatten töteten, der fand nirgendwo mehr einen Platz. Die Nebel blieben einem verwehrt. Keine endlose Odyssee hindurch. Es gab einfach nichts mehr. Nichts folgte mehr. Nur Leere.
Er fühlte wie die Schatten ihn verzehrten. Ein letztes Mal seufzte er, öffnete die Augen und sah zu Lyn. Wollte er zumindest. Sie war nicht mehr da. Lyn war fort. Das Drachenblut vernichtet von den Schatten. Eine einzelne Träne löste sich aus seinem Auge, rollte die Schuppen entlang und zerplatzte mit einem leisen Ping unter den Schatten.

KeeperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt