Erst weit hinter dem Wald im Osten krochen die Strahlen der Sonne über den Himmel. Khan beobachtete das Licht und dachte an Die Bedrohung des Schattenkönigs. Zu dieser Zeit zogen noch zwei Sonnen über Himmel. Zwei Lichter, stets nebeneinander in einem Leben.
"Woran denkst du?", fragte Leena und er wandte Kopf zu ihr.
"An die Vergangenheit. Gab es nicht mal zwei Sonnen?"Sie schwiegen kurz, Leena sah ihn überrascht an. Dann lachte sie. Leise, dass Lyn nicht aufwachte. "Du denkst an sowas? Ich hätte nie gedacht, dass der allwissende Khan darüber nachdenkt."
"Mach dich nicht lustig. Es war eine ernste Frage. War es nicht zur Zeit des Schattenkönigs?"
Leena hörte auf zu lachen und nickte. Ernst erklärte sie: "Ja. Zur Zeit des Schattenkönigs schon. Doch am Ende des Krieges, als die Götterdrachen starben, da brachen sie auf. Wie Eier. Ein weißes und ein rotes. Und aus ihnen kamen die Schöpferdrachen hervor.
Sie trugen Raju hinter das Meer und vergruben Adea unter dem Land. Dann hoben sie Mortagh in den Himmel und aus den Resten der Sonnen wurde seine Hülle. Die Schöpferdrachen verschwanden." Sie senkte den Blick. Über die Erzählung hatte sie den Himmel beobachtet.
"Irgendwie sind ihre Schädel zum Grab der Götter gekommen. Vielleicht, um das Drachenblut zu bewachen.""Soweit kenne ich es auch. Lediglich der Teil mit den verschwundenen Sonnen ist mir wohl entfallen." Die Sonne stieg höher, während er sprach und vertrieb die Sterne tiefer in den Himmel. Immer heller wurde es.
"Es gibt viele solcher Geschichten.", erinnerte sie und sah zurück. Lyn lag zwischen den Drachen, gewärmt von der Hitze, die ihre Körper verließ. "Kennst du den Grund, warum das Meer blau ist?"
"Das Blut der Wasserdrachen." Er nickte. "Es soll dem Schattenkönig auch die letzte Macht geraubt haben, als er ins Meer getrieben wurde."
"Ja. Und die Klinge des Schattenkriegers soll mit ihm darin verschwunden sein. Durch die Magie des Blutes, der Wasserdrachen und des Drachenbluts, gebannt."Er senkte den Kopf, sah ebenfalls zu der schlafenden Mig. "Aber es war nicht das einzige Drachenblut, das starb. Auch jene, die ihm folgten... Sie alle fielen in der letzten Schlacht. Und ein jeder trug die leichte Spur der Schatten an sich."
"Ja, aber es soll immer weniger geworden sein. Die Schatten und ihr König sind fort. Niemehr kehren sie zurück. Und wenn doch..." Sie fletschte die Zähne und knurrte bedrohlich, warnend. "...dann werden wir sie wieder bekämpfen."Khan schnaubte und konnte ihr nur zustimmen. Doch gleichzeitig waren da die Zweifel, ob sie eine Rückkehr wirklich überstehen würden. Selbst mit der Hilfe des Drachenbluts und der vereinten Magie und Kraft aller Drachen. Die Hoffnung auf einen Sieg war nicht unbedingt groß. Nur ein paar Zweifel unter den Völkern und die Schatten würden zurückkehren.
"Woran denkst du jetzt?", fragte sie und riss ihn aus seinen Gedanken. Überrascht schüttelte er den Kopf und sah sie an. Die Sonne stand nun bereits halb über dem Wald."An die Schatten.", antwortete er ehrlich, denn seine Gedanken wollte er ihr nicht vorenthalten. "Immer wenn es Zwietracht unter den Drachen gibt, dann erscheint eine Bedrohung. Immer dann dauert es lange Zeit, bis das Drachenblut erscheint und wir die Bedrohung gemeinsam besiegen. Denkst du nicht, dass dies eine Warnung der Schöpfer sein soll? Eine Warnung, dass wir uns nicht wegen Kleinigkeiten streiten sollen?"
"Hm. So habe ich das noch nie betrachtet." Leena legte den Kopf auf die Klauen. Beinahe nachdenklich sah sie in die Ferne. Vielleicht beobachtete sie aber auch nur ein Beutetier.
"Aber du bist der Wächter, Khan. Wenn du etwas in der Geschichte erkennst muss es stimmen." Sie sah zu ihm auf. "Vielleicht sollten wir uns mit den Basilisken darüber unterhalten. Wir sind sowieso unterwegs in die Berge. Ein Abstecher zu ihrem Außenposten ist kein Umweg."
"Aber Lyn will ich dem nicht aussetzen. Noch nicht, zumindest. Wenn, dann müsste ich alleine gehen..."
"Und ich? Ich kann auch zu ihnen. Ich trenne mich nachts von euch, du erzählst Lyn irgendetwas, falls sie fragt, und vor dem Morgen bin ich zurück.", schlug die Rote vor.Khans Blick wanderte wieder zur Sonne. Natürlich wäre es möglich. Sie könnten so dicht am Außenposten vorbeifliegen, dass Leenas Weg kurz genug war, die Basilisken selbst aber nichts von ihnen bemerkten.
Doch es würde auch riskant werden. Wenn bekannt würde, dass das Drachenblut in den Bergen war... die Drachen würden sie verfolgen, um Lyn zu sehen.
"Wenn du das machst, kannst du Lyns Anwesenheit aus dem Spiel lassen? Ich will nicht, dass man versucht sie zu sehen oder zu treffen. Darum will ich eigentlich am äußeren Rand zur Ebene reisen."
"Sicher. Ich verstehe schon." Leena hob wieder den Kopf. "Ich schweige und erfrage nur Informationen. Außerdem muss ich sowieso um ihre Unterstützung bitten. Ich mache beides gleichzeitig und bin in Kürze zurück."Khan nickte. "Gut. Aber sei auch sehr vorsichtig. Als die Mig uns erreichten, haben die Wyvern und Felsdrachen um Höhlen gekämpft."
"Natürlich bin ich vorsichtig." Selbstsicher reckte sie den Kopf. "Ich habe immerhin die Wyvern überzeugt sich zusammen zu tun. Ich kann das. Vertrau mir."
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Keeper
FantasyIn einer Welt, in der Drachen über den Himmel ziehen wie Vögel, war es immer Lyns Wunsch einmal mit ihnen zu fliegen. Dass die Idylle jedoch nur Illusion ist, wäre ihr nie in den Sinn gekommen. In einer Welt, in der Drachen über den Himmel ziehen wi...