Astra Blacks Musik war nicht nur dank ihrer weichen, tiefen Stimme eindringlich und Gänsehaut bereitend. Ihre Texte waren schwer und traurig, der Rhythmus ihres Gitarrenspiels trotzdem schnell und bebend. Sie vereinte tiefsinnigen Schmerz mit schnellen Beats und einer Stimme, die man überall wiedererkannte wenn man sie hörte.
Ihre Texte reichten so weit in mich, dass ich glaubte, den Schmerz, den sie damit ausdrückte, auch wirklich zu spüren. Und das alles mit einer unterschwelligen Wut, die gegen diesen Schmerz ankämpfte, die diese Trauer zu besiegen versuchte, doch daran scheiterte, da Feuer eben nicht mit Feuer zu bekämpfen war.
Es waren zwei originale Songs, die die Sängerin der kleinen Menge, die sich in das kleine Kellergewölbe quetschten, präsentierte. Sie erzählten zwei komplett unterschiedliche Geschichten und eine war dramatischer als die andere. Die eine war gespickt vom Schmerz einer Familie, die keine Familie war, über eine Mutter, die ihr Kind seiner Jugend beraubte und es von sich stieß. Die andere handelte von vollkommener Perspektivenlosigkeit und der Verzweiflung einer Zukunft nachzustreben, die in so weiter Ferne lag, dass sie kaum greifbar war.
Zwei Songs über das Leben, über ein echtes Leben. Und ich fragte mich nicht nur einmal, ob die Sängerin mit der eindringlichen, unvergesslichen Stimme über ihr eigenes Leben sang oder das alles bloß ihrer Fantasie entsprang.Jemand stieß mich von der Seite an. Als ich den Blick von den blauen Haaren und dem mittlerweile wieder gefährlich schmunzelndem Gesicht abwandte, sah ich Taehyung, der genauso berührt und gleichzeitig ekstatisch wirkte, wie ich mich fühlte.
"Sie ist der Hammer!", rief er mir über das Jubeln des Publikums zu, das bei den nächsten schnellen Gitarrenriffs unisono einzuatmen schien, bevor Astra Black das nächste mal ins Mikrofon hauchte und sie wieder meine volle Aufmerksamkeit erlangte.
"Der nächste Song ist ein Cover. Tut mir leid, dass es heute nicht so viele eigene Songs sein werden, aber wir wollen ja ein wenig Stimmung in den Laden bringen, bevor Caption Strings hier alles auseinander nehmen", kündigte sie an und spielte die Akkordfolge eines bekannten Rocksongs, ehe sie anfing zu singen.
Taehyung schob mich plötzlich zur Seite, bis wir außerhalb der Menschentraube waren, die sich an die Bühne drängte. Von hier aus konnte man gut sehen, dass der Großteil der Besucher männlich war und dass die Menschen in der Reihe ganz vorne die Arme ausstreckten, um die Sängerin berühren zu können, oder von ihr einen Handschlag zu ergattern, ganz so, als wären sie auf dem Konzert eines berühmten Rockstars.
"Hey, bist du noch da? Du hörst ja gar nicht mehr auf zu starren", bemerkte Taehyung laut über die Musik hinweg und ich wandte mich ihm zu, mehr als ungewollt, den Blick von Astra Black abzuwenden.Mein Freund schob mich weiter Richtung Bar und setzte sich auf einen der schwarzen Barhocker vor der spiegelglatten schwarzen Theke. Sie sah so rein aus, als wäre heute noch kein einziges Glas darüber gegangen. Ich setzte mich ihm gegenüber, den Blick konnte ich weiterhin auf die Bühne richten.
"Namjoon? Namjoon!" Taehyung wedelte mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum und sah mich an, als wäre ich tagelang ausgezoomt gewesen. Erst da bemerkte ich, dass gerade einer der Barkeeper zu uns gekommen war und mich erwartend ansah.
"Willst du was trinken?", fragte erneut Taehyung und ich nickte, sagte, ich wollte ein Wasser haben und sah wieder zur Bühne, auf der die Sängerin ein neues Lied anspielte.
Mein Herz pochte weiter laut zu dem Takt, den sie anschlug, das Blut rann mir feurig durch die Adern, während ihre Stimme zu mir drang und meine Augen wagten es kaum, sich von ihrer faszinierenden Gestalt zu lösen, die sich elegant und provokant auf der Bühne bewegte.
"Sie hätte das Potenzial zum Weltstar zu werden", sagte ich, noch immer gefangen in der Welt von Astra Black. "Denkst du, sie würde sich unter Vertrag nehmen lassen?""Astra? Sich unter Vertrag nehmen lassen? Niemals", sagte plötzlich jemand hinter mir über die laute Musik hinweg und als ich den Kopf umwandte, saß neben mir der junge Mann, der heute Mittag die Musiklehrerin und Gwangdae Cho Yejin zu einer Probe zu sich gerufen hatte. Er trug ein grün-schwarz kariertes Hemd und seine Haare standen ihm unordentlich vom Kopf ab. Das sichtlich grimmige Gesicht hatte er nach vorne zu der Wand hinter der Theke, die mit unzähligen Spirituosen zugepflastert war, gewandt und drehte sein Whiskeyglas vor sich hin und her.
"Du kennst sie?", fragte ich ihn, denn ich war neugierig geworden. Während die Sängerin noch immer ihre Show vollführte, drehte ich mich zu dem unscheinbaren jungen Mann um und lehnte mich gespannt zu ihm.
Mit einem belustigten Lachen schüttelte er den Kopf.
"Nicht wirklich. Ich habe einmal kurz mit ihr gesprochen, wie jeder hier es schon einmal getan hat. Astra Black kommt dreimal die Woche für ein kleines, privates Konzert und verschwindet dann wieder, ohne, dass jemand weiß wohin. Keiner kennt sie so wirklich, außer Sashi vielleicht, der Besitzer dieser Bar. Astra Black ist für jeden hier ein Mysterium, sowohl ihre Musik, als auch ihre Person. Das ist es wahrscheinlich das, was alle jungen Leute jeden Abend, den sie hier spielt, hierhin zieht. Selbst mich", erklärte er und lachte, als könnte er es selbst nicht fassen, dass er dem Drang, Astra Black zu lauschen, nachgegeben hatte. Als er sein Whiskeyglas an die Lippen hob, trank er den Inhalt in einem Zug.
"Allerdings", fügte er hinzu und sah mich nun genau an, ehe sein Blick kurz zu Taehyung abschweifte und wieder an mir hängen blieb, "sind schon einige auf die Idee gekommen, Astra eine Chance anzubieten groß rauszukommen. Es haben sich schon ein paar mal Abgesandte irgendwelcher Entertainments hierhin verirrt, um Astra anzuwerben, aber sie hat bisher jedes Angebot abgelehnt, egal, wie verlockend es auch war."Der junge Mann klopfte auf die Theke und nachdem Taehyung und ich unsere Getränke bekommen hatten, wurde ihm Whiskey nachgeschenkt.
Wieder trank er den Alkohol in einem Zug und verlangte nach Nachschub. Das ganze sah für mich so aus, als würde er irgendeinen Frust wegtrinken.
"Wo ist denn eigentlich deine hübsche Freundin?", fragte Taehyung über meine Schulter hinweg und das grimmige Gesicht wandte sich wieder zu uns um. Mit zerstörerischer Miene betrachtete er meinen Freund, seine Stimme hörte sich aber entwaffnet und ruhig an.
"Du meinst Yejin? Sie kommt nicht oft hierher. Das ist nicht ihre Art von Musik. Außerdem ist sie nicht meine Freundin", entgegnete er, stürzte den Inhalt des Glases hinunter, wischte sich über den Mund und stand auf.
Ohne ein Wort des Abschiedes ging er zum Ausgang der Bar und passierte die blaue Metalltür.
"Komischer Typ", nuschelte Taehyung und die Musik um uns herum verstummte langsam.
Ein kurzes Fiepen ging durch das Mikrofon, ehe Astra Black wieder das Wort ergriff, ein verschlagenes Lächeln im Gesicht und die Augen funkelnd über die Menge schweifend.
"Das hier wird mein letzter Song für heute Abend, bevor die eigentliche Band auftritt. Macht euch bereit eine Menge zu schwitzen und vor lauter Bewegung in Ohnmacht zu fallen, denn jetzt will ich euch Tanzen sehen", sagte sie, ließ vom Mikrofon ab und spielte die ersten schnellen Beats ehe sie ins Mikrofon schrie und wirkte wie ein Raubtier, das einen Machtkampf zu gewinnen hatte.Wie gewünscht bewegte sich die Menge wild und alle schienen durchzudrehen, während die Sängerin abwechselnd ins Mikrofon säuselte und sich dann wieder die Seele aus dem Leib schrie, als hinge ihr Leben davon ab.
Zum Ende des Songs hielt sie inne, der Atem schwer, die Mimik unleserlich ernst. Sie spielte die letzten Akkorde, verabschiedete sich mit einem Grinsen vom Publikum, stellte sorgfältig die Gitarre in die Halterung und verließ beinahe sturzartig die Bühne.
Enttäuschung machte sich breit, als die auffällige Frau im Schatten verschwand und schließlich einen Raum betrat, dessen Inneres kurz hell aufleuchtete, ehe sie die Tür hinter sich schloss.
Vorbei war der Zauber, die ausgelassene Stimmung nahm schnell ab und die direkt im Anschluss spielende Band erreichte nicht den Höhepunkt, den Astra Black erschaffen und mit sich genommen hatte, als sie die Bühne verlassen und wie spurlos verschwunden war.
Hatte der junge Mann von vorhin das damit gemeint, dass Astra Black für alle ein Mysterium war? Zumindest schienen viele bereits einmal mit ihr gesprochen zu haben, aber an ihren restlichen Auftritten, verschwand sie da ebenfalls so sturzartig?
"Sollen wir gehen? Langsam wird es langweilig", befand auch Taehyung und ich nickte.
Die dunkle Bar hatte nun nichts besonderes mehr an sich. Einige Leute drückten sich auf der Tanzfläche vor der Bühne herum, während eine verhältnismäßig nervige Stimme auf besonders schräge Weise ins Mikrofon sang, andere hatten sich an der Bar versammelt und orderten nun massenweise Getränke.Taehyung und ich bezahlten unsere Bestellung und verließen die Bar.
Auf dem Weg zum Ausgang stieß ich aus Versehen gegen einen Mann, den man in dem dunklen Etablissement kaum erkennen konnte. Sein schwarzes Haar wurde kaum vom gedimmten Licht angeleuchtet und er trug einen dunklen Anzug und eine noch dunklere Miene im kantigen Gesicht, das mich herablassend betrachtete.
Eine fahrlässige Entschuldigung murmelnd huschten Taehyung und ich an ihm vorbei und ich spürte seinen Blick in meinem Rücken, bis wir die Metalltür erreicht hatten.
Als ich mich ein weiteres mal umdrehte, um sicherzugehen, dass sein Blick mich nicht weiter verfolgte, entdeckte ich, dass er einfach verschwunden war.
Genauso wie Astra Black nur wenige Momente zuvor.
♫♪
[hey, ich konnte nicht widerstehen das hier noch hochzuladen. ich hatte das kapitel schon fast fertig, deswegen kommt es jetzt noch. auf meinem profil hatte ich schon angekündigt, dass ich meine stories allerdings erst einmal bis auf weiteres pausieren werde, das wird ab diesem kapitel auch hier der fall sein.
wann ich wieder was hochladen kann, ist noch nicht sicher (ich weiß ja noch nicht einmal, wann meine allerletzte prüfung stattfindet, aber spätestens danach geht es hier und bei allen anderen geschichten ganz normal weiter).
bis dann. ich hoffe ihr bleibt gespannt, was passiert (falls es überhaupt jemand ist xD).]
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the most painful things || kim namjoon
Fiksi Penggemar♫ Die schmerzhaftesten Dinge sind nicht die, die für jede Menschseele offen sichtbar sind, sondern die, die man unter der Oberfläche mit sich herumträgt. ♫ Als der von einer Blockade geplagte Musikproduzent Kim Namjoon in die ländlichste Gegend zieh...