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"Könnte ich dir noch eine Frage stellen?"
Wir hatten bereits die Klappstühle wieder in dem alten Schrank verstaut und Cho Yejin hatte sowohl ihn, als auch die Tür zu ihrem Lehrraum sorgfältig verschlossen, nachdem wir ihn verlassen hatten. Mit raschelnden Röcken drehte sie sich zu Taehyung und mir um und blieb in dem engen Gang stehen.
"Natürlich", sagte sie erstaunt und sah mich mit fragendem, aber offenem Gesichtsausdruck an.
"Wie konntest du zu Astra Black Kontakt aufnehmen? Es muss schwierig gewesen sein, sie nach all der Zeit und ohne jeglichen Anhaltspunkt aufzuspüren."
Mit breitem Lächeln nickte die Musiklehrerin kaum merklich.
"Es war wirklich nicht ganz einfach, immerhin musste ich zuerst alte Bekannte wieder kontaktieren und ein wenig rumfragen, bis sich ausfindig machen lies, wo Astra Black zu der Zeit Gigs gab und wer mir einen Kontakt zu ihr herstellen konnte. Es hat fast zwei Monate gedauert, bis ich heraufgefunden hatte, wo sie arbeitete und dort habe ich sie dann persönlich angesprochen. Sie zu überzeugen, sich Sashis Laden zumindest einmal anzusehen, hat mich einiges an Überzeugungsarbeit gekostet, aber als sie dann einmal hier war, war ihre Entscheidung schnell gefallen."
Ich wusste nicht, was mich dazu brachte, aber am liebsten hätte ich weiter nachgehakt. Ich ließ es bleiben. Cho Yejin signalisierte eindeutig, dass das Gespräch um Astra Black endgültig beendet war, indem sie sich wieder umdrehte und uns aus dem Gebäude führte. Am Ende schloss sie auch die schmale Eingangstür wieder ab und ließ die Schüssel zurück in die kleine Tasche an ihrer Taille verschwinden.

Als wir zum Fest zurückkehrten, wurde Cho Yejin sogleich wieder belagert. Es war nicht zu leugnen, dass die Musiklehrerin sehr beliebt bei den Dorfbewohnern war.
Taehyung und ich verabschiedeten uns von ihr und verließen den Marktplatz. Mein Magen knurrte noch immer und Taehyung hätte das Geschehen gerne noch für eine Weile verfolgt, doch er ging ohne weiter zu überlegen mit mir nach Hause.
Über Astra Black redeten wir an diesem Abend nicht mehr. Bei einem spärlichen Abendessen hingen wir beide unseren Gedanken hinterher. Vielleicht hatte Taehyung ja auch das Gefühl, dass irgendetwas noch immer fehlte, obwohl Cho Yejins Erzählung keinesfalls lückenhaft gewesen war. Sie hatte uns alles gesagt, was sie wusste. Oder hatte sie uns absichtlich etwas verschwiegen?
Ich versuchte nicht zu viel darüber nachzudenken, obwohl ich schon gerne wusste, was es mit Astra Black auf sich hatte. Um halb elf schlief ich ein. Um drei Uhr morgens wurde ich von einem lauten Poltern von Nebenan geweckt. Es war ein totaler Schreck gewesen und deshalb dauerte es eine Weile, bis sich mein Herz wieder beruhigte.
Es war warm und stickig in dieser Nacht. Meine dünne Decke klebte an meinen Beinen und ich hatte das Gefühl, mir brach überall der Schweiß aus. Aber nicht nur deswegen war es schwer, wieder einzuschlafen, sondern auch, weil nebenan Musik spielte und Kim Mirae scheinbar wieder mit ihren Zuschauern redete.
Sie war nicht übertrieben laut, aber es störte mich, also stand ich auf, zog mir eine Jogginghose über und verließ leise das Haus, damit ich Taehyung nicht weckte.

Draußen war es beinahe genauso stickig wie drinnen. Ein wenig gab die Nachtluft noch her, aber nicht genug, um meine freiliegende Haut zu kühlen.
Vielleicht war es etwas gewagt, ohne Shirt zu meiner Nachbarin zu stapfen, aber ich konnte einfach nur daran denken, dass ich meine Ruhe haben wollte. Ich wollte endlich eine Nacht durchschlafen, wenn mich Taehyung schon überall mit sich hin zerrte.
Ich polterte die Holzstufen zur Eingangstür hinauf und klopfte laut an. Mittlerweile schien in dem Haus etwas Ruhe eingekehrt zu sein, aber ich musste trotzdem mit meiner Nachbarin reden. So konnte das nicht weitergehen. Ich war hierher gekommen, um meine Ruhe zu finden und mich wieder auf mich zu konzentrieren, damit ich bald meinem Job weiter nachgehen konnte. Mir blieb nicht viel Zeit, um wieder kreativ zu werden.
Die Tür wurde nach dem zweiten mal Klopfen endlich geöffnet und meine Nachbarin sah atemlos und mit zerzaustem Haar zu mir hoch, während sie sich einen Beutel Tiefkühlgemüse an ihren Ellenbogen hielt. Ihr Blick wanderte kurz zu meinem nackten Oberkörper, doch sie ließ es unkommentiert.
"Tut mir leid, ich wollte Sie nicht wecken. Ich habe den Livestream schon beendet. Ich sollte demnächst ein wenig leiser mit dem Stuhl umkippen", entschuldigte sie sich stammelnd und rückte ihre Brille auf der Nase zurecht.
Ich sah sie erstaunt an. Sollte das ironisch gemeint sein? Ihre Miene war entschuldigend verzogen, ich glaubte, sie meinte es ernst.
Jedenfalls war meine Wut plötzlich verpufft und ich wusste gar nicht mehr, was ich eigentlich hatte sagen wollen.

"Geht es Ihrem Arm gut?", fragte ich stattdessen und auch Kim Mirae schien nun verwundert.
"Ja, ich denke schon. Wenn man sich den Ellenbogen stößt, schmerzt es immer mehr, als notwendig."
Peinliche Stille breitete sich aus und auch wenn Kim Mirae höflich lächelte, wich sie doch gezielt meinem Blick aus. Wahrscheinlich, weil ich noch immer halb nackt vor ihr stand.
"Uhm, eigentlich wollte ich nur-"
"Ich weiß", unterbrach sie mich sofort, "die Ruhestörung. Ich verspreche, dass das Problem spätestens Ende nächster Woche behoben ist, dann werden Sie kein Flüstern mehr von mir hören."
"Ich hatte eher darauf gehofft, dass die Schreie verstummen", antwortete ich lahm und aus Höflichkeit kicherte Kim Mirae, doch verzog dabei das Gesicht. Mein Humor kam wohl nicht bei jemanden an, der um einiges jünger zu sein schien, als ich.
Da plötzlich kam mir die Frage auf: Wie alt war sie eigentlich? Wenn ich sie mir so anguckte, konnte sie sowohl knapp unter, als auch über zwanzig sein. Es war schwer festzulegen, da sie ein eher nichtssagendes Gesicht hatte.
Kim Mirae lachte plötzlich nervös.
"Ist noch irgendwas?", fragte sie schüchtern und sah mir abwechselnd in die Augen und zur Seite.
"Nein", sagte ich überlegend. "Gute Nacht."

Sie verabschiedete sich mit einem Nicken und zog sich in ihr Haus zurück. Sie sah mich an, bis sie die Tür geschlossen hatte. Zuletzt war ihr Blick noch einmal flüchtig auf meinen Oberkörper gewandert und ich fragte mich sogleich, was ich mir eigentlich dabei gedacht hatte, kein Shirt anzuziehen. Ich hatte gar nicht nachgedacht, das war es gewesen!
Ich ging zurück in mein Haus, ließ mich auf das leicht abgekühlte Bett fallen und griff nach meinem Handy auf dem Nachttisch.
Vielleicht sollte ich es nicht tun, aber ich war Neugierig, was den Beruf meiner Nachbarin anging und außerdem waren die Informationen, die sie während ihrer Streams von sich gab, im ganzen Internet zugänglich, also wieso sollte ich nicht einmal nachschauen.
Schnell wurde klar, dass Kim Mirae, aka G-Dee, nicht viel von sich preisgab. Es war kein eindeutiges Alter angegeben und die Spekulationen ihrer Fans reichten von einundzwanzig, bis hin zu siebenundzwanzig Jahren. Es war nicht einmal ihr voller Name zu finden.
Wie viele Menschen in diesem Dorf hatten noch ein Geheimnis?




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[hey, kleine info: ich update hier jetzt vorerst jeden mittwoch um 18 Uhr! habe schon für die nächsten wochen vorgeschrieben, da ich in zwei wochen für zwei wochen arbeiten gehe und nicht weiß, wie viel ich da schaffe. da ich aber endlich regelmäßig etwas veröffentlichen will, habe ich schon einmal vorgesorgt ... vielleicht schaffe ich es bald auch zwei chaps in einer woche hochzuladen, das wird sich nach diesem monat sicherlich zeigen. :D
wir lesen uns nächste woche!]

the most painful things  || kim namjoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt