Ich konnte mich nicht daran erinnern, wie viel ich an diesem Abend noch getrunken hatte. Außerdem wusste ich plötzlich nicht mehr so genau, welches der beiden Häuser am Dorfrand das von Mirae und welches meines war. Sie sahen beide identisch aus, aber zu keinem von beiden wollte mein Schlüssel passen, also setzte ich mich auf die Treppe vor dem zweiten Haus und lehnte mich gegen den Balken des Vordachs.
Die Müdigkeit übermannte mich immer wieder und für einen Moment waren alle Sorgen, alle Gedanken wie wegradiert. Es fühlte sich friedlich an.
"Namjoon?", fragte plötzlich eine Stimme ganz schrill und viel zu laut. Ich kniff die Augen fester zu.
Jemand rüttelte an meiner Schulter und als ich die Augen öffnete, sah ich Mirae, die mich mit großen Augen ansah. Allerdings fehlte ihre Brille und sie sah ihrem Internet-Ich so ähnlich, dass ich nicht wusste, wer sie gerade war. Vielleicht war es auch einfach der Alkohol, der mich verwirrte.
"Hast du die ganze Zeit vor meinem Haus gewartet?" Die nächste Frage war nicht mehr schrill, sondern sanft und angenehm und ich wollte mich ihrer Stimme entgegenlehnen und von ihr auffangen lassen.
"Oh mein Gott, Namjoon", sagte Mirae angestrengt und als ich die Augen wieder öffnete - keine Ahnung, wann ich sie geschlossen hatte - hatte sie sich mit den Händen gegen meine Schultern gestemmt und unsere Gesichter waren uns so nah, dass es nur ein paar wenige Zentimeter gebraucht hätte, bis sich unsere Lippen berührten.
"Hast du getrunken? Bitte atme mich nicht an, ich werde ja schon von dem Geruch des Alkohols ganz benebelt."Ich kam ein wenig zu mir und richtete mich wieder auf. Mirae ließ von mir ab und schulterte ihre Stofftasche wieder richtig.
"Ich weiß nicht, wie das passieren konnte", nuschelte ich und ich wusste nicht, ob ich meinen übermäßigen Alkoholkonsum meinte oder dass ich beinahe vornüber gekippt wäre.
"Ist schon in Ordnung, schaffen wir dich erst einmal in dein Haus."
Mirae half mir auf die Beine, führte mich zum anderen Haus und bat mich um meinen Haustürschlüssel. Mit wabbeligen Armen suchte ich meine Taschen ab, aber fand nichts.
"Ach komm schon, wie viel hast du getrunken, dass du nicht einmal mehr deine Schlüssel findest?", fragte Mirae und half mir beim Suchen, indem sie erst in die eine Jackentasche griff und dann um mich herum in die andere. Wie von selbst schlang ich meinen Arm um sie und drückte sie an mich.
"Hab ihn." Triumphierend hielt sie den Schlüssel in der Hand und wollte die Tür aufschließen, doch ich ließ sie noch nicht los, sondern schlang auch meinen anderen Arm um sie und zog sie fest an mich. Müde, aber mit langsam zurückkehrenden Bewusstsein, warum ich so viel getrunken hatte, legte ich meine Wange auf Miraes Kopf.
Die Junge Frau wehrte sich halbherzig, doch ließ es dann seufzend bleiben.
"Nur kurz", sagte ich zu ihr. "Ich brauche nur kurz jemanden, den ich halten kann und der mich hält. Nur für eine Sekunde."
Ich spürte, wie Mirae ihre Gegenwehr komplett aufgab, die Schultern entspannte und ebenfalls die Arme um mich legte. Sie tätschelte meinen Rücken und bevor sie es tat, hätte ich niemals gedacht, dass ich genau das hatte gebrauchen können. Ich seufzte entspannt.Aus Sekunden wurden Minuten und diese Minuten fühlten sich wie Stunden, die aber viel zu schnell vergingen. Mirae lehnte sich zurück und ich spürte erst jetzt, durch ihr fehlendes Gewicht, wie sehr sie sich gegen mich gelehnt hatte.
Mit entschuldigendem Ausdruck hob sie den Schlüssel hoch und ich verstand sofort, dass sie nun die Tür aufschließen würde, obwohl ich mich bereits wieder selbst dazu in der Lage fühlte.
Es bedurfte nur eine kleine Handbewegung und die Tür war offen. Anders, als ich erwartet hätte, trat Mirae mit ein und schaltete erst einmal das schummrige Licht an.
"Du solltest dich umziehen und dann ins Bett gehen."
Ich nickte und rechnete damit, dass Mirae direkt wieder ging, doch sie lief in Richtung Küche und ich hörte schnell den Wasserhahn. Ohne zu zögern ging ich ins Bad, zog mir etwas bequemes an und putzte mir zweimal die Zähne, um den bereits abgestandenen Alkoholgeschmack in meinem Mund loszuwerden.
Als ich das Bad wieder verließ, war Mirae weder in der Küche, noch im Wohnzimmer, also ging ich in das Schlafzimmer und da stand sie, schüttelte mein Kissen auf und klappte die Bettdecke zurück, damit ich mich sofort hineinlegen konnte.
"Das hättest du nicht machen müssen", sagte ich und griff nach dem Wasserglas, das Mirae auf das kleine Schränkchen neben dem Bett gestellt hatte und trank es in einem leer.
"Und du hättest dich nicht um mich kümmern müssen, als ich diese kleine Knöchelverletzung hatte."
"Wie sieht es eigentlich mit deinem Knöchel aus? Hat die Schwellung nachgelassen?"
"Es ist alles prima, Namjoon. Du solltest jetzt schlafen gehen."Mirae nahm mir das leere Wasserglas aus meiner Hand und verließ damit das Zimmer. Ich legte mich derweil auf das nun voluminöse Kissen und deckte mich schwerfällig zu. Jetzt, wo ich lag, merkte ich wieder, wie müde ich eigentlich war und wie schwer meine Gliedmaßen waren. Sie drückten mich förmlich ins Bett.
Meine Augenlider wurde wieder schwerer und schwerer und ich sah nur noch durch einen kleinen Schlitz, wie Mirae mit dem Wasserglas wiederkam und es zurück auf die Kommode stellte.
"Schlaf gut, Namjoon. Ich schaue später noch einmal vorbei", sagte sie, oder sowas in der Art, und dann verschwand sie.♫♪
Am nächsten Morgen wachte ich mit einem dröhnenden Kopf und einem Zischen im Ohr auf. Ich hatte einen ekeligen, bitteren Geschmack im Mund und den Geruch von Alkohol in der Nase. Mein ganzer Körper schien danach zu riechen.
Ich entschied mich, ausgiebig zu duschen und, so wie heute Nacht schon, nicht nur einmal meine Zähne zu putzen. Erst als ich das Gefühl hatte, das jeglicher Alkoholgeruch beseitigt war, verließ ich das Bad und schlurfte in die Küche, in der das Zischen, das meine Ohren erfüllte plötzlich lauter wurde. Nicht weit weg von mir stand der Grund für das Zischen.
Erstarrt betrachtete ich Miraes Rücken, während sie mit einem Kochlöfel in einer Pfanne rührte und sich gleichzeitig um einen Topf mit brodelnder Suppe kümmerte. Der Reiskocher, der irgendwo in den Küchenschränken gestanden hatte, dampfte nun und ein paar Schneidebretter und Gemüsereste, wiesen darauf hin, dass Mirae zuvor noch frisches Gemüse geschnibbelt hatte.
Während sie dort stand und kochte, bewegte sie den Kopf zu einer unbekannten Melodie, die sie vor sich hin summte und machte immer mehr Sachen auf einmal, so dass ich ihren Bewegungen kaum noch folgen konnte. Ich glaubte, etwas schöneres noch nie gesehen zu haben.
Nach Erlösung aus meiner Starre gesellte ich mich zu ihr.
"Kann ich dir bei irgendetwas helfen?", fragte ich und Mirae stieß einen lauten Schreckenslaut aus, während sie zur Seite auswich. Als sie sich kurz danach beruhigt hatte, stellte sie sich wieder auf ihren Platz, nahm einen sauberen Löffel und probierte die Suppe.
"Du könntest den Reis aus dem Reiskocher holen und das Gemüse in die Schüssel tun, die ich bereitgestellt habe. Ich kümmere mich um die Seetangsuppe."Ich tat was sie sagte, stellte zwei Schüssel mit Reis und die Schüssel mit dem Gemüse auf den Tisch und holte Besteck, das wir benötigten. Mit vorsichtigen Schritten lief Mirae an mir vorbei, um nichts von der Suppe zu verschütten. Bevor ich mit dem Besteck zurückkehrte, nahm ich auch noch zwei weitere Schüsseln und zwei Gläser mit.
Mirae saß bereits am Tisch und lehnte sich erschöpft gegen die Lehne ihres Stuhls.
"Das hättest du nicht machen müssen", sagte ich, als ich das restliche Geschirr auf den Tisch stellte und meine Nachbarin öffnete ein Auge.
"Habe ich aber und zwar nicht nur für dich. Ich hatte schon lange kein richtiges Frühstück mehr. Und schon gar nicht mit einer anderen Person zusammen."
So wie sie es sagte, hörte es sich verdammt einsam an und ich musste wieder an die Worte denken, die der Vermieter zu mir gesagt hatte. Mirae schottete sich vom restlichen Dorf ab und war seiner Meinung nach ziemlich einsam. War das vielleicht der Preis dafür, um kein Risiko einzugehen, als G-Dee erkannt zu werden?
♫♪
[es ist jetzt 00:17 uhr, dienstag. ich bin müde, aber ich kann nicht schlafen gehen, weil ich ja 500 lieder von meinem alten auf mein neues handy laden muss und das dauert. habe allein zwei stunden gebraucht, um diese songs aus meinen 1331 songs auszuwählen, uff.
dann schreibe ich halt noch weiter, damit ihr nächsten mittwoch auch safe ein kapitel bekommt.
wir lesen uns, eure vergangenheits-angela! xD
p.s: habe nicht korrekturgelesen, woups.]
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the most painful things || kim namjoon
Fanfiction♫ Die schmerzhaftesten Dinge sind nicht die, die für jede Menschseele offen sichtbar sind, sondern die, die man unter der Oberfläche mit sich herumträgt. ♫ Als der von einer Blockade geplagte Musikproduzent Kim Namjoon in die ländlichste Gegend zieh...