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Nach der erhitzten Aufregung, genoss ich die kühle Nachtluft, die es einem trotzdem erlaubt hätte im T-Shirt herumzulaufen. Taehyung an meiner Seite schien müde und gleichzeitig noch ein wenig angetrunken zu sein, aber er war jetzt ruhig und hatte scheinbar den Großteil seiner Energie verbraucht. Nun dachte er nur noch ans Schlafen, faselte von einem weichen Bett und etwas nicht-alkoholischem zu trinken, da er höllischen Durst verspürte, durch die ganzen Spirituosen, die begannen seinem Körper Wasser zu entziehen.
Schnell war der Weg zurück zu meinem Haus gefunden und als es bereits in Sicht war, war auch eine Bewegung am Nachbarhaus zu erkennen. Mit beigem Rock und grauem Kapuzenpullover und den viel zu groß wirkenden Schuhen, an dieser zierlichen Person, erklomm meine Nachbarin gerade die Stufen zu ihrem Haus und streckte sich ausgiebig, bevor sie aufschloss und darin verschwand. Es war bereits weit nach zwölf, ich hatte nicht gedacht, dass sie so lange in der Stadt verweilte. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass sie schon längst wieder Zuhause gewesen war, bevor Taehyung und ich zum Mencki aufgebrochen waren.
Ich dachte nicht weiter darüber nach, es war die Sache, dieser komischen Frau. Zumindest dürfte sie heute Nacht Ruhe geben, wenn sie schon den ganzen Tag über unterwegs gewesen war.

Da hatte ich mich allerdings getäuscht.
Während Taehyung sofort auf der durchgesessenen Couch im Wohnzimmer eingeschlafen war und kaum einen Mucks von sich gab, wurde nebenan auf den Tisch gehauen, wütend oder verzweifelt geschrien oder gut hörbar oder unverständlich geredet. Es gab nur wenige und bloß kurze Pausen, bis dann schließlich alles verstummt war und meine Augen vor Müdigkeit brannten, mein Kopf pochte und mein Kiefer schmerzte, weil ich die Zähne immer wieder zusammengebissen hatte.
Als ich dann endlich einschlief, kam der Morgen schneller als erwartet. Nicht nur das Licht, das zu mir drang, versuchte mich aus dem nicht mehr ganz so tiefen Schlaf zu locken, sondern auch ein Poltern, als etwas in meinem Haus auf den Boden knallte. Es klang wie ein Körper.
"Ugh", sagte Taehyung gequält und da ich nichts weiter vernahm, ging ich davon aus, dass er einfach so liegen blieb.
Ich entspannte meinen Körper wieder und versuchte erneut einzuschlafen, doch das nächste, das zu hören war, war ein leichtes Klopfen, das nach dem ersten und zweiten Ignorieren nicht verschwand. Das dritte mal klang es laut und dringlich.

Als ich mich gerade erheben wollte, um nachzuschauen, wer es war, war Taehyung schon aufgesprungen, das Hemd halb aufgeknöpft und die Haare in alle Richtungen abstehend. Er polterte zur Tür und riss sie auf.
"Hier wollen Leute schlafen", sagte er ruhig, aber ernst, doch dann sah ich, wie sich seine Haltung versteifte, als er jemanden taxierte, der wohl kleiner war als er.
"Oh, tut mir leid. Ich wollte eigentlich nur das hier vorbeibringen, um mich für den Lärm von heute Nacht zu entschuldigen", sagte die Stimme meiner Nachbarin leise und entschuldigend, beinahe ein wenig eingeschüchtert.
Taehyung drehte sich um, sah mich an und formte irgendwelche Worte mit seinen Lippen, die ich nicht verstehen konnte. Ich rollte mit den Augen und stand auf.
"Bist du nicht G-Dee? Ich bin mir fast sicher, dass du es bist", sagte er erstaunt, wieder an meine Nachbarin gewandt, und als ich an die Tür trat, wurde Kim Miraes ebenfalls überraschter Ausdruck wieder entschuldigend. In ihrer Hand hielt sie ein weiteres kleines Körbchen Erdbeeren.
"Ich hoffe der Lärm hat nicht allzu sehr gestört. Ich habe versucht leise zu sein, aber meine Zuschauer haben sich ständig über den leisen Ton beschwert. Ich brauche wohl neben einer Schalldämpfung ein neues Mikrofon."

Taehyung wirkte hellauf begeistert, schlug mir fröhlich auf die Schulter und wandte sich dann wieder an die junge Frau.
"Du bist es also wirklich. Wow, ich hätte niemals gedacht, dass sich hier in diesem Dörfchen ein Online-Star aufhält. Zählst du immer noch zu den Top drei der erfolgreichsten Gaming Streamer unseres Landes?"
"Äh", stammelte sie, drückte Taehyung die Erdbeeren in die Hand, trat einen Schritt zurück, auf eine niedrigere Stufe und lächelte entschuldigend. "Ich habe noch etwas zu erledigen. Ich würde ja gerne weiter plaudern, aber ich muss ganz schnell in die Stadt."
Beinahe flüchtend nahm sie die letzte Stufe nach unten und lief schleunigst zu ihrem Haus hinüber, verschwand kurz durch die Tür und tauchte mit einer riesigen Stofftasche wieder auf, ehe sie hastig winkend an meinem Haus vorbei rauschte und sich beeilte wegzukommen.
Der schwarze Plisseerock wirbelte um ihre schmalen Waden hin und her, die durch ihre klumpigen, abgetragenen Sneakers nur noch schmaler wirkten.
"Ich wusste gar nicht, dass du neben einer berühmten Streamerin wohnst. Namjoon, ich glaube, dieses Dorf ist doch nicht so langweilig und eintönig, wie ich erwartet habe. Und es gibt mehr von diesen Erdbeeren!", sagte Tae begeistert und ging zurück ins Haus.

Das Verhalten meiner Nachbarin war äußerst seltsam, aber vermutlich war es Taehyungs Reaktion zu zuschulden, als er sie als wohl ziemlich bekannte Streamerin erkannt hatte. Es war klar, dass er sich mit so etwas wieder auskennen musste. Es waren immer die Dinge, die man vermutlich am wenigsten von ihm erwartete, aber bei genauerem Überlegen doch wie die Faust aufs Auge passten.
"Du schaust dir also Gaming Streams an?", fragte ich, nachdem ich die Tür geschlossen hatte. Taehyung hatte sich bereits wieder auf die alte Couch gelümmelt und aß die Erdbeeren zum Frühstück, die meine Nachbarin als Entschuldigung vorbei gebracht hatte.
"Klar. Nach einem harten Arbeitstag brauche ich etwas Entspannung und sie beginnt ihre Streams meistens dann, wenn ich endlich meine Ruhe habe. Erst habe ich mich nicht so sehr dafür interessiert, aber dann konnte ich nicht anders, als dabei zuzuschauen, wie sie vor Angst regelrecht paranoid wird. Sie bringt es echt lustig rüber, auch wenn sie jedes mal panisch herumkreischt.
Es hat etwas tröstliches an sich, Leute zu sehen, die so unbeschwert sind, dass sie sich durch ein Horrorgame quälen und am Ende erleichtert sind, dass es alles nur Fiktion war."

Plötzlich hatte Taehyungs heitere Stimme einen ernsten Unterton angenommen und als ich mich zu ihm setzte, blickte er gedankenverloren aus dem Fenster und dachte an sein eigenes Leben, das auf den ersten Blick so unbeschwert wirkte, wie er es gerade erwähnt hatte, aber eigentlich alles andere als das war. Es war nicht zu bestreiten, dass wohl jeder irgendein Laster mit sich herumtrug.
Als sich Taehyungs Blick vom Fenster löste, schien er wieder unbeschwert und die düsteren Gedanken wie verschwunden. Er grinste mich an und hielt sich eine Erdbeere an die schelmisch verzogenen Lippen.
"Ich hoffe du bist ausgeschlafen. Ab heute findet das Frühlingsfest statt und diese schnuckelige Musiklehrerin führt ihren Pansori auf", merkte Taehyung an und ich lehnte mich gegen die Couchlehne, nachdem ich mich neben meinen Freund setzte.
"Du kannst ja hingehen, ich habe kaum ein Auge zugemacht", entgegnete ich und schloss die Augen. Nur ein paar Sekunden und ich wäre wieder weggedämmert, doch Taehyungs Stimme durchbrach den Nebel, der um meine Sinne waberte.
"Wir müssen beide hin. Schon alleine, weil wir abchecken müssen, ob wir über sie etwas über Astra Black herausfinden." Ich öffnete ein Auge und zog die Brauen hoch.
"Ich wusste, dass ich dich damit kriege", sagte Tae und biss genüsslich in eine Erdbeere.
"Und was sollen wir bitte durch sie erfahren? Ihr Freund hat doch gestern Abend erwähnt, dass sie nicht allzu gern in diesen Untergrund-Schuppen geht, da glaube ich kaum, dass sie etwas über Astra Black weiß."

Taehyung zuckte mit den Schultern und aß unbesonnen weiter. Ich wusste nicht genau, was er sich da wieder zurechtgelegt hatte, aber seine Gedankengänge waren manchmal mindestens so verwirrend wie die Mächtigkeit des Kontinuums.
Für mich ergab es jedenfalls wenig Sinn, die elegante Musiklehrerin über die heiße Sängerin aus der Bar auszufragen, da sie scheinbar ziemlich wenige Berührungspunkte hatten. Wenn sie sich überhaupt schon einmal begegnet waren. Nicht nur die seltene Anwesenheit von Cho Yejin im Mencki, sondern auch das schnelle Verschwinden von Astra Black sprachen mehr als dagegen.
"Tu, was du nicht lassen kannst. Dich kann man sowieso nicht abbringen", sagte ich und schloss die Augen wieder.
Taehyung lachte bloß zustimmend. Er wusste, dass er dennoch mein Interesse geweckt hatte, denn ich würde gerne mehr über die atemberaubende Sängerin erfahren, auch wenn sein Vorschlag ein wenig abwegig klang.
Einen Versuch war es vermutlich immerhin wert.




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[hai! ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie befreit meine Seele gerade ist, jetzt, da ich wieder schreiben kann. war heute noch bis 3 uhr morgens wach, um auch noch ein chap für 99 Souls fertigzustellen, das kommt nachher auch noch.
jedenfalls bin ich endlich wieder im leben angekommen und das nächste kapitel für diese Story hier ist auch schon in arbeit und zu gut einem viertel fertiggestellt.^^
wir lesen uns nachher bei 99 Souls oder wenn das nächste update hier fertig ist, hehe. <3]

the most painful things  || kim namjoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt