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Wir waren sofort aufgebrochen und ich war doch ziemlich froh, dass Mirae mitkam, da ich mir noch immer nicht sicher war, ob es eine gute Idee war, zurück zur Company zu fahren und einen Song vorzustellen. Auch wenn ich mich mit dem Text viel wohler fühlte, den Mirae mir unter die Nase gehalten hatte, war ich mir nicht ganz sicher, ob ich ihn wirklich als Song veröffentlichen lassen wollte. Es war immer noch ein ziemlich privates Gedankenstück.
"Du wirkst nervös", sagte Mirae und biss sich auf die Unterlippe.
Wir hatten nicht mehr viel miteinander gesprochen, nachdem ich Mirae nun klar und deutlich meine Liebe gestanden hatte, doch ich konnte die Stimmung zwischen uns noch nicht ganz einordnen. Es war nicht so, dass Mirae versuchte, etwas Abstand von mir zu nehmen, aber sie schien mir von sich aus auch nicht näher zu sein, als zuvor.
"Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Song wirklich veröffentlichen lassen sollte."
"Wieso?" Mirae drehte sich auf dem Sitz zu mir, so dass ihr Knie meines berührte.
"Ich meine, Tae ist ein guter Sänger und ich bin mir sicher, seine Stimme und sein Gefühl werden den Text als Song wirklich gut klingen lassen. Aber es war nie so geplant. Eigentlich wollte ich dir auch noch keinen meiner Texte über dich zeigen, um nichts zu überstürzen."
"Liegt es nur an dem Song oder bist du dir im Allgemeinen unschlüssig? Ich weiß, dein Job bedeutet dir viel, aber vielleicht übst du ihn auf eine Art und Weise aus, die nicht zu dir passt."

Ich dachte noch lange über Miraes Aussage nach, so lange, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, dass ich ihr gar nicht mehr geantwortet hatte und wir bereits an der letzten Haltestelle angekommen waren, wo wir auf den nächsten Bus umsteigen mussten. Ich dachte auch immer noch darüber nach, als wir schon kurz vor dem Entertainment waren, für das ich arbeitete.
"Vielleicht hast du recht."
"Huh?", fragte Mirae verwundert. Unser Gespräch im Bus lag schon eine Weile zurück, deswegen war es kaum verwunderlich, dass sie nicht sofort wusste, worauf ich mich bezog.
"Dieser Job, er hat mir die letzten Jahre Spaß gemacht und ich habe nur so gesprudelt vor Kreativität. Aber scheinbar hat sich das geändert und jetzt ... Es sieht wohl so aus, als sollte ich mir etwas anderes suchen. Etwas, in dem ich wieder frei sein kann."
Wir hatten mittlerweile den Hauptsitz des Entertainments erreicht und Mirae lächelte zu mir auf, als wir vor dem Gebäude stehen blieben. Kurz senkte sie den Blick, aber nur, um meine Hand zu nehmen.
"Ob du nun den Song veröffentlichen oder den Job an den Nagel hängen willst: Ich unterstütze deine Entscheidung, welche es auch immer sein mag." Ich lächelte sie an. Auf einmal schien alles so klar. Auch wenn ich nicht genau wusste, was ich danach machen sollte, fühlte sich die Entscheidung, diesen Job aufzugeben und stattdessen etwas anderes zu machen, an, wie die einzig richtige. Zumindest für diesen Augenblick.
"Und du hast die Bedenken geäußert, dass ich zu gut für dich wäre. Dabei bist du das Beste, was mir passieren konnte. Dank dir ist meine Kreativität auf einem Höhepunkt, wenn ich mich nur ganz darauf konzentriere und du hast mir eben genau das richtige ans Herz gelegt."
Miraes Lächeln war nur ein kleines, als sie zu mir aufsah, als würde sie mir nicht ganz glauben können. Ich wusste nicht weshalb und ich hakte auch nicht weiter nach, da ich guter Dinge war, dass sie sich mir früher oder später schon noch öffnen würde. Wenn nicht früher, dann eben später.

Wir betraten das Gebäude und ich hatte Mirae mit mir hineingezogen, obwohl sie es für besser hielt doch lieber draußen auf mich zu warten, aber ich konnte sie nicht einfach vor der Tür stehen lassen oder sie durch die Straßen wandern lassen, während sie auf mich wartete.
"Du kannst in das Café des Gebäudes gehen, wenn du möchtest. Da kann man auch aktuelle Zeitschriften ausleihen. Das ist vermutlich weniger langweilig, als in diesem kalten Empfang zu sitzen. Und ich weiß nicht, wie lange ich brauche", sagte ich ihr, als wir auf dem Weg zur Rezeption waren. Immerhin mussten wir noch einen Besucherpass für sie besorgen.
Die Dame vom Empfang kannte mich natürlich und reichte uns ohne weitere Nachfragen den Pass für Mirae, den sie sich um den Hals legte. Dann erklärte ich ihr den Weg zu dem kleinen Café.
"Gib mir dein Handy", sagte Mirae, nachdem wir zur Seite getreten waren und uns langsam von der Rezeption entfernten. Mit fragendem Ausdruck reichte ich es ihr.
"Könntest du es entsperren? Dann kann ich dir meine Nummer eintragen und du schreibst mir, wenn du fertig bist."
"Ich kann auch einfach zum Café kommen, das ist ein Katzensprung", sagte ich, nahm aber dennoch das Telefon entgegen, um es für sie zu entsperren. Immerhin konnte ich ihre Nummer nun wohl häufiger gebrauchen, auch wenn wir direkt nebeneinander wohnten.
"Nein, heute bin ich die Gentle Lady, hole dich ab, wenn du fertig bist und lade dich zum Essen ein." Sie tippte, während sie sprach und kontrollierte dann noch einmal ihre Nummer, ehe sie auf speichern klickte.
Als sie fertig war und mir mein Handy zurückreichte, ging ich noch einmal auf bearbeiten und klickte auf das Bildersymbol.
"Lächeln", sagte ich und Mirae sah mich irritiert an, ehe das Klicken der Kamera ertönte und ihr ein Licht aufging, was ich gerade gemacht hatte.
"Hast du mich gerade ohne meine Erlaubnis einzuholen fotografiert?" Sie klang mehr belustigt als verärgert, wollte aber sofort das Bild sehen, nachdem ich ihren Kontakt wieder gespeichert hatte.

"Es sieht schrecklich aus", sagte sie und wollte mir mein Telefon wieder abnehmen, aber ich hielt es aus ihrer Reichweite.
"Ich finde es hübsch und der verwirrte Blick macht es nur noch schöner." Das schien Mirae weichzukochen und mit zusammengepressten Lippen gab sie nach. Dann schlang sie aber die Arme um mich, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
"Wir sehen uns gleich. Und dann mache ich ein überraschtes Bild von dir, bevor ich deine Nummer einspeichere." Noch einmal küsste sie meine Wange und ließ dann von mir ab, um in Richtung des Cafés zu verschwinden.
"Jetzt wo du es mir gesagt hast, wird es gar nicht mehr so überraschend kommen", rief ich ihr hinterher und sie drehte den Kopf zu mir um, streckte mir die Zunge raus und war dann um die nächste Ecke verschwunden.
Damit war dann wohl Schluss mit der temporären Leichtigkeit. Nun ging es wieder an ernsthafteres und dieses Mal bedeutete es nicht, dass ich um meinen Job kämpfte, sondern darum, dass ich auf mein Gefühl hörte und eine wirkliche Pause von diesem Business einlegte. Nicht nur eine halbherzige, wie bei meiner Flucht in das Dorf, das ich nun wirklich schon als mein Zuhause bezeichnen konnte.
Und wer wusste schon, was dort noch auf mich wartete, wenn ich diesen Schritt nun einging?



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the most painful things  || kim namjoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt