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Am nächsten Morgen lud Mirae sich selbst zum Frühstück ein. An sich hatte ich nichts dagegen, nur geriet ich in Panik, weil meine Texte immer weiter ausgeschweift waren, wenn ich an sie gedacht hatte und diese ganzen Texte flogen im gesamten Haus herum. Mittlerweile bezogen sie sich aber nicht mehr nur auf sie. Das Schreiben über sie hatte meinen Horizont erweitert und webte sich zudem in die kleine Geschichte ein, die ich auf meinem Laptop verfasste.
Auch wenn die Gefahr bestand, dass Mirae einer der Texte über sie in die Hände fiel, wollte ich sie nicht draußen stehen lassen und bat sie herein. Schnell brachte ich Ordnung in das Durcheinander, doch Mirae schien sich nicht einmal für die herumfliegenden Blätter zu interessieren, sondern steuerte direkt die Küche an.
"Ich habe Scones gebacken. Eigentlich isst man die zum Nachmittagstee, aber vielleicht können wir sie anstatt der Frühstücksflocken essen, bevor wir zum Frühstücks-Hauptgang übergehen", sagte Mirae von der Küche aus und sie hörte sich schon viel heiterer an, als gestern.
Wir hatten am Vortag nicht mehr sonderlich viel miteinander gesprochen. Mirae hatte eindeutig ihre Ruhe nach diesen anstrengenden Tagen gebraucht. Ich hoffte, dass auch meine Umarmung einen Teil dazu beigetragen hatte, dass ihre Laune heute schon wieder angehoben war.

Schnell sammelte ich noch die letzten Notizen ein und lief nun in die Küche, in der es plötzlich ganz ruhig geworden war. Zuvor hatte Mirae noch mit Pfannen und Besteck geklappert, Dosen und die Kühlschranktür geöffnet und geschlossen, aber jetzt war es ganz still und als ich die Küche betrat, sah ich Mirae interessiert vor meinem Laptop sitzen, an dem ich zuvor am Küchentisch gearbeitet hatte.
Mirae sah auf, wirkte aber zu abgelenkt von dem geöffneten Textdokument, das sie vor sich hatte.
"Ich wollte nur deinen Laptop ins Wohnzimmer bringen, damit wir hier genug Platz haben, aber dann hat mich irgendein Wort in diesem Textdokument neugierig gemacht und dann war es ein ganzer Satz", sagte sie in entschuldigendem Ton und und hob schuldbewusst die schmalen Schultern an, ehe sie wieder aufblickte.
"Es ist echt gut, ich kann gar nicht aufhören den Entwurf zu lesen. Wie lange schreibst du schon daran?"
Ich war erleichtert, dass Mirae auf meine Geschichte gestoßen ist und nicht auf eines der schrecklich schmalzigen Liebesgedichte über sie. Mirae hingegen wirkte noch immer etwas nervös, weil sie ihre Neugierde nicht hatte zügeln können. Aber es war nicht schlimm, ich freute mich, dass ihr es gefiel. Ich hätte nicht gedacht, dass es überhaupt jemandem gefallen könnte und dass gerade Mirae es war, machte mich ziemlich stolz.

Kurzerhand ließ ich mich auf den Stuhl neben sie gleiten und klappte den Laptop zu. Mirae zog den Kopf ein, noch immer eine schuldbewusste Miene im Gesicht.
"Es freut mich, dass es dir gefällt. Wenn ich es fertig habe, kannst du dir den Entwurf gerne durchlesen."
Sie lockerte sich wieder und sah mich überrascht an. Dann lächelte sie und ihr Lächeln war so fröhlich, dass mir das Herz aufging.
"Ich würde es gerne durchlesen. Aber muss ich wirklich warten, bis du es fertig hast?"
Lachend nickte ich und stand auf, um den Laptop ins Wohnzimmer zu bringen.
"Ich verspreche dir, dass du die erste bist, die es zu lesen bekommt!", rief ich vom Wohnzimmer aus zu ihr hinüber und schlenderte dann zurück in die Küche. Mirae war wieder aufgestanden und drapierte ihre selbstgebackenen Scones auf einem Teller aus meinem Küchenschrank.
"Überlegst du, daraus einen Roman zu machen und ihn verlegen zu lassen?"
Mirae drehte sich zu mir um und leckte einen ihrer Finger ab, ehe sie zum Waschbecken lief und sich die Hände wusch. Danach suchte sie nach Pflanzenöl und packte eine ganze Menge Zutaten aus ihrem Holzkorb aus.
Ich stellte mich zu ihr und half ihr dabei die Lebensmittel auszupacken. Dabei dachte ich kurz über ihre Frage nach. Ich hatte bisher gar nicht in Erwägung gezogen ein richtiges Buch zu veröffentlichen, aber ich musste mir sagen, dass mir das Schreiben an dem Entwurf bisher wirklich Spaß gemacht hatte.
"Ich weiß nicht. Ich werde erst einmal sehen, was daraus wird", entgegnete ich schulterzuckend, doch der Gedanke daraus einen wascheckten Roman zu machen, fing an mir zu gefallen.

Es dauerte nicht lange, da brieten wir Pilze, Ei und Würstchen an und Mirae machte noch einen Salat, obwohl der nicht zu einem typischen English Breakfast gehörte. Am Ende hatten wir ein ganzes Festmahl vor uns stehen. Die Scones hatten wir schon beim Kochen zwischendurch gegessen und nun langten wir beim Rest zu.
"Hast du heute irgendetwas vor?", fragte mich irgendwann Mirae und schob sich anschließend noch etwas Rührei in den Mund, obwohl sie sich ein paar Sekunden zuvor noch beklagt hatte, dass sie so voll war.
"Nicht wirklich. Wieso?"
Auch ich war bereits voll, aber ich kam nicht umhin einfach weiter zu essen, während auch Mirae aß. Zudem hatte sie die Pilze wirklich gut gewürzt. Sie hatte eine von ihren Gewürzmischungen mitgebracht und versprochen mir in den nächsten Tagen auch eine zu machen.
"Hast du Lust, etwas mit mir zu unternehmen? Also nicht hier. Wir könnten irgendwo hinfahren, Eis essen gehen. Oder ins Kino?" Mirae klang plötzlich so schüchtern und als sie rot wurde und den Blick senkte, musste ich einfach lächeln. Gleichzeitig war ich aber auch überrascht von ihr. Das klang beinahe, als ...
"Wird das ein Date?", fragte ich sie und ich bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.
"Wenn du es so nennen willst? Na schön, ja, ich wollte fragen, ob du mit mir auf ein Date gehst."

Plötzlich schien das übrig gebliebene Rührei auf ihrem Teller ziemlich interessant zu sein, während sie darin herumstocherte. Ich wusste nicht, ob das überhaupt noch ging, aber ich grinste noch breiter und lehnte mich zufrieden und vollgestopft zurück.
Plötzlich schien alles in die richtige Richtung zu gehen - der Song, den ich für Taehyung schreiben musste, mal ausgenommen. Aber der war auch gerade nicht wichtig. Viel wichtiger war, dass Mirae mit mir auf ein Date gehen wollte und das ließ mich unsere Beziehung endlich etwas genauer definieren und nicht länger wie etwas namenloses verwirrendes in meinem Kopf herumschweben.
"Ich hätte eine Idee, wo wir hinfahren könnten, wenn du damit einverstanden bist."
Mirae nickte und ihr gerötetes Gesicht war trotz ihrer Zurückhaltung strahlend und schön.
"Alles klar. Wir werden aber auch viel laufen müssen, also zieh dir feste Schuhe an, bevor wir gleich losgehen."



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the most painful things  || kim namjoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt