POV Lousiana:
Der restliche Tag vergeht ziemlich ruhig. Nachdem Besuch am Friedhof spricht Raphael kaum. Wir waren dann noch mit den Eltern seiner verstorbenen Freundin essen und sind vor einer halben Stunde zurück in die Wohnung gekommen. Gerade ist er im Bad und ich sitze in seinem Bett. Der Fernseher läuft aber ich bekomme nicht wirklich mit, was da gesagt wird. Ich hänge meinen Gedanken nach. Ich weiß nicht was in ihm vorgeht. Und es macht mich fertig, dass Gefühl zu haben, dass er leidet ohne, dass ich ihm helfen kann. Er ist so ruhig. Unheimlich. Ich will aber nicht diejenige sein, die diese Ruhe ständig mit irgendwas bricht. Wenn er reden will, wird er das tun. Wenn er nicht reden will, dann nicht. Ich will ihn zu nichts drängen. Heute ist ein schwerer Tag für ihn gewesen. Natürlich gibt es Dinge zwischen uns die dringend beredet werden müssen, aber nicht heute. Morgen dann.
Raf kommt aus dem Bad und lässt sich neben mich aufs Bett sinken. Ich war schon vor ihm duschen. Er hat mir den Vortritt gelassen, hat seinen Fernseher angemacht und es sich auf dem Bett gemütlich gemacht. „Du hättest ruhig umschalten können", murmelt er leise mit einem Blick auf den Fernseher. Ich folge seinem Blick. „Ach nein egal hat mich nicht gestört", sage ich. Es läuft wohl gerade irgendeine Nachrichtensendung. Er nickt nur, lässt sich ins Kissen sinken. Ich weiß nicht ob ich was sagen soll, oder ob ich besser einfach ruhig bin. Ich bemerke, dass er das Programm kaum verfolgt. Ich weiß nicht wo er mit seinen Gedanken ist. Aber ich kann mir vielleicht ein bisschen vorstellen was gerade in ihm vorgeht. „Wir müssen darüber reden", bricht er plötzlich das Schweigen. Seine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern und doch höre ich ihn laut und deutlich. Ich sehe zu ihm. Er sieht mich nicht an. Er starrt wie gebannt an die Wand. „Das müssen wir", gebe ich zu. Das müssen wir auch. Mit diesem ewigen Hin und Her kann es auf Dauer nicht weiter gehen. Wenn er sich seiner Gefühle nicht sicher ist, ist es vielleicht besser einen Schlussstrich zu ziehen. Auch wenn mir die Vorstellung gerade eben fast mein Herz aus der Brust reißt. „Gleich... Ich... ich muss bloß auf die Toilette", murmelt er und steht wieder auf. Ich könnte schwören ich hätte die Spülung eben als er im Bad war gehört, und jetzt geht er schon wieder? Egal. Vielleicht muss beziehungsweise will er sich nur über seine Gefühle klar werden. Vielleicht versucht er nur einen klaren Gedanken zu fassen. Wir müssen eigentlich auch nicht jetzt darüber reden. Morgen wäre auch okay. Aber wenn er es schon irgendwie anspricht, dann geht natürlich auch heute.
Es dauert gut 15 Minuten bis er aus dem Bad kommt. Die Spülung habe ich tatsächlich gehört, also war er wohl wirklich auch auf der Toilette. Er lässt sich wieder neben mich sinken. Er seufzt schwer. Ich sehe ihn an. Er macht den Fernseher aus. Nach wie vor sagt er kein Wort und sieht mich auch nicht an. Er starrt nur wie gebannt an die Wand. Es fällt ihm sichtlich schwer und am liebsten würde ich ihm gerade einfach jeglichen Schmerz nehmen. Er leidet. Er leidet mehr als er es zugeben würde. Er leidet unter all dem. Die eigene Unsicherheit, die Schuldgefühle wegen der Sache mit Kira, das Unwissen ob er fähig ist jemanden zu lieben. Ich weiß er ist es. Er ist fähig jemanden zu lieben. Seine Schwester ist auch der festen Überzeugung. Ich habe mir vorgenommen ihn nicht zu drängen. Ihn zu nichts zu drängen. Aber irgendwann ist auch bei mir die Grenze erreicht. Ich kann nicht ewig so weiter machen als wäre alles in bester Ordnung, während ich nicht weiß woran ich bin. Wir sind kein Paar. Wir sind irgendwie Freunde. Irgendwie aber auch mehr, denn wir schlafen jede Nacht im selben Bett und hatten Sex miteinander. Trotzdem. Ich hänge irgendwie in der Luft. Von heute auf morgen könnte es ihm einfach zu blöd werden und er schmeißt mich raus. Er sagt ich soll verschwinden. Oder ich komme irgendwann von der Arbeit zurück und irgendeine Frau ist bei ihm. Er ist mir nichts schuldig, wir sind kein Paar und doch würde es sich einfach falsch anfühlen ihn im Bett mit einer anderen zu sehen.
Also ja, irgendwie dränge ich ihn vielleicht doch dazu etwas mehr zu sagen. Aber ich muss. Ich bin eins ehr geduldiger Mensch, aber irgendwo kann ich dann auch nicht mehr. Ich muss wissen woran ich bin. Muss wissen ob ich meine Sachen packen und verschwinden soll, oder ob wir doch sowas wie ein Paar sind. Oder ob wir Freunde sind. Doch wenn wir Freunde sind werde ich wohl auch verschwinden. Ich sollte dann nicht mit ihm in einem Bett schlafen. Er seufzt erneut schwer. „Ich habe keine Ahnung wie ich dieses Gespräch anfangen soll. Ich habe aber auch keine Ahnung wie es enden wird", beginnt er. Er klingt wahnsinnig unsicher. Wahrscheinlich haben wir beide nach dem Gespräch noch mehr Fragezeichen in unseren Köpfen. „Ich denke gut wäre du sagst einfach mal gerade heraus was dir durch den Kopf geht. Was du fühlst", schlage ich ihm vor. Ich sehe ihn nicken. Er öffnet den Mund, nur um ihn direkt wieder zu schließen. Ich gebe ihm Zeit. So viel Zeit muss noch sein. Er öffnet den Mund wieder. Er will gerade etwas sagen, als das Klingeln seines Telefons die Stille zwischen uns unterbricht. Er wirft einen Blick auf den Display. „Sorry muss rangehen", murmelt er.
POV Raphael:
Mein verdammtes Handy hätte sich keinen blöderen Zeitpunkt aussuchen können. Ich hatte mir endlich halbwegs ein paar Worte zu Recht gelegt. Ein paar Worte die wohl zum Ausdruck bringen wie verdammt verwirrt ich bin. Die hoffentlich zur selben Zeit aber auch zum Ausdruck bringen wie wichtig Lou für mich ist. Wie gerne ich sie an meiner Seite habe. Diese Fragezeichen in meinem Kopf sind schier unerträglich. Diese Fragezeichen in ihrem Blick unterdessen, brechen mir fast das Herz. Ich kann das nicht tun. Ich kann nicht ewig so weiter machen. Sie ewig hinhalten. Sie ist eine wunderschöne Frau mit einem Herz aus Gold. Sie verdient es gut behandelt zu werden. Sie verdient es nicht mit Fragezeichen zurück gelassen zu werden. Sie verdient es auch nicht ewig nur hingehalten zu werden, nur weil ich mir nicht im Klaren über meine Gefühle bin. Ich genieße es sie um mich zu haben. Ich genieße es wahnsinnig. Und doch verdient sie besseres. Sie verdient es nicht, dass ich sie um mich halte weil es mir gefällt während ich ihr aber niemals etwas über meine Gefühle sage. Während sie niemals wirklich eine Möglichkeit hat zu gehen und sich Besseres zu suchen.
Ich wollte eigentlich nicht ran gehen, aber da es bereits halb zehn Uhr abends ist und die Nummer von meinem künftigen Schwager auf meinem Display erscheint beschließe ich ran zu gehen. Ich nehme als mein Telefon und erhebe mich aus dem Bett. Ist so eine Angewohnheit von mir beim Telefonieren immer herum zu gehen. „Darius?", melde ich mich. „Raf?" Seine Stimme klingt panisch, was automatisch Alarmglocken in mir schrillen lässt. „Ja du hast mich angerufen. Was ist passiert?" Ich gehe dem Klang seiner Stimme nach davon aus, dass irgendwas passiert sein muss. „Raf ich weiß nicht. Ich... wir ich weiß gar nichts", er schluchzt mittlerweile, was in mir eine unsagbare Panik aufkommen lässt. „WO BIST DU?", entfährt es mir lauter als beabsichtigt. „Im Krankenwagen", stottert er. „Wo ist Barbara?", ergänze ich. Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung. Mein Puls rast. „Ich weiß es nicht Raphael", gibt er kleinlaut zu. „Wie du weißt es nicht? War sie bei dir? Was ist passiert Darius?" meine Stimme überschlägt sich fast.
Wieder schweigt er. Gefühlt eine Ewigkeit. Dann höre ich ihn leise Schluchzen. „Wir waren im Auto unterwegs. Wir hatten einen Autounfall Raphael. Ich bin auf dem Weg ins Krankenhaus. Ich kann mich nicht genau erinnern was passiert ist. Ich habe eine blutende Kopfwunde. Ich weiß... ich bin verwirrt. Ich weiß nicht wo Barbara ist. Sie war bei mir. Sie war mit im Auto. Vielleicht ist sie im anderen Krankenwagen. Ich weiß nicht ob da noch einer war. Ich... ich weiß es nicht", stottert er vor sich hin. Für einen Moment setzt mein Herzschlag aus. Mein Schwager hatte einen Autounfall. Mit meiner schwangeren Schwester im selben Wagen. Sie muss jetzt etwa in der 21. Woche sein. „Ich habe dich so schnell wie möglich angerufen", murmelt Darius leise ins Telefon. Ich versuche mich zu beruhigen. Ich versuche mich zu fassen. Ich versuche die Worte in mich aufzunehmen. „Okay in welches Krankenhaus fahren sie dich?", frage ich. „Ins Unfallkrankenhaus Berlin", murmelt er. „Ich komme", ist alles was ich noch sage ehe ich auflege. Als ich mich umdrehe ist Lou bereits aufgestanden. Sie hat sich eine Jogginghose übergezogen und das Shirt von mir, das sie zum Schlafen trägt angelassen. „Wir können sofort los", sagt sie.
_____________________________________
Und so... müssen die beiden auf das lang ersehnte Gespräch noch länger warten. Lou ist ja sofort bereit um mit Raf los zu fahren, nachdem sie gehört hat was passiert ist. Was meint ihr? Geht alles gut aus? Und vor allem gehts dem Baby gut? Wachsen Lou und Raf durch solche Krisen noch enger zusammen, oder wird es sie auseinander treiben wenn wieder etwas ihre Gesprächspläne durchkreuzt?
DU LIEST GERADE
Raf Camora FF// Louisiana
FanfictionAuszug: "Und dann kommt da dieser perfekte, schwarze Ferrari um die Ecke. Ich bin für eine Sekunde unfassbar froh, dass wir vor einer Hauseinfahrt stehen und das Auto daher nicht allzu schnell unterwegs war, als Marius mich geschubst hat. Ich lande...