Geschwisterliebe

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POV Raphael:

Mein Herz rast ungewöhnlich schnell und ich habe das Gefühl jeden Moment einen Herzanfall zu bekommen. Ich versuche möglichst ruhig und sachlich zu klingen und nicht wie ein völlig durchgedrehter. „Ja ich bin Raphael Ragucci", beantworte ich die Frage zögerlich. „Ihre Schwester hat nach Ihnen gefragt", sagt die Schwester und lächelt mich an. Sie hat nach mir gefragt. Der Stein der von meinem Herzen fliegt ist etwa tonnenschwer. Sie hat nach mir gefragt. Das bedeutet sie ist wach. Sie ist am Leben und sie ist wach. Und sie braucht mich doch noch. Meine kleine Schwester braucht mich doch noch. „Hat sie das?", frage ich unsicher. Die Schwester nickt. „Ja sie hat mich gebeten zu schauen ob ihr großer Bruder draußen sitzt." Sie lächelt erneut. Ein leichtes Lächeln erscheint nun auch auf meinen Lippen. Meine kleine Schwester braucht mich also doch noch. „Kann ich zu ihr?", frage ich. Die Schwester nickt. „Folgen Sie mir", sagt sie. Als ich aufstehe ziehe ich Lou mit auf die Beine. Sie kann ruhig mitkommen. Sie sieht mich etwas erstaunt an, stolpert aber dann hinter mir her.

Die Schwester führt mich in ein Untersuchungszimmer. Babsi liegt dort auf der Trage. Sie hat einen Fuß eingebunden und einen Verband auf dem Kopf. Ich laufe zu ihr hin. „Babsi!" Sie dreht ihren Kopf vorsichtig zur Seite, stöhnt dabei leise. Sie hat Schmerzen. „Hey Brüderchen. Ich wusste doch, dass du hier sein wirst", sagt sie leise und bemüht sich um ein Lächeln. „Darius hat mich angerufen. Er war völlig aufgelöst", sage ich leise und nehme vorsichtig ihre Hand. Sie drückt meine leicht. Aus dem Augenwinkel sehe ich Lou etwas abseits stehen und das ganze beobachten. „Ich habe schon gehört. Sein Arm ist gebrochen und er hat eine Gehirnerschütterung", sagt sie. Ich nicke und kann mich nicht länger halten, ganz behutsam umarme ich sie. „Ich hatte solche Angst um dich. Darius hat mir nur gesagt, dass ihr einen Unfall hattet. Er wusste nicht wo du bist und wie es dir geht", schluchze ich nun doch. Die Tränen kullern über meine Wange und tropfen auf ihr Haar. „Alles gut Rapha. Ich bin halbwegs okay", sagt sie und streichelt mir behutsam über den Rücken. Ich lasse sie los, gebe ihr ein Küsschen aufs Haar. „Was ist passiert?", frage ich sie und setze mich schließlich an den Bettrand. Sie seufzt. Sie hat Kopfschmerzen, ich sehe es ihr an. „Ein betrunkener Fahrer hat uns gerammt, wir wurden von der Straße geschleudert. Darius war eingeklemmt. Ein Wunder dass ihm nicht mehr passiert ist", sagt sie leise und blickt kurz gen Himmel.

Ich drücke sanft ihre Hand. „Wie geht es dir?", frage ich schließlich. Sie seufzt. „Meinem Baby geht es zum Glück gut. Rapha ich hatte solche Angst", gibt sie schließlich kaum hörbar zu und eine stille Träne kullert über ihre Wange. Ich wische sie sanft weg. „Oh Gott meine Kleine", flüstere ich sanft und drücke wieder ihre Hand. „Es ging so rasend schnell. Er hat uns frontal erwischt", stammelt sie. „Alles woran ich denken konnte war das Baby", sagt sie. Ich nicke. „Alles ist gut. Dem Baby geht's gut", sage ich. Sie nickt. „Zum Glück." Sie macht eine Pause. Es bricht mir fast das Herz meine Schwester so zu sehen. Sie sieht total fertig aus. Ihre Augen sind verheult, ihr Kopf einbandagiert, ihr Bein ebenso. Ihre Kleidung zerzaust, zum Teil kaputt. Sie hat mehrere Kratzer und sie sieht einfach nur völlig fertig aus. „Ich wollte dich anrufen. Sofort als es passiert ist. Ich konnte mich nur erst nicht bewegen. Ich hatte solche Angst Raphael. Die Angst hat mich regelrecht gelähmt. Darius war nicht ansprechbar zuerst. Er kam dann wieder zu sich als der Rettungswagen da war. Dann wollte ich dich im Rettungswagen anrufen, aber da hab ich dann das Bewusstsein verloren.", erklärt sie mir. Mir kullern unaufhörlich Tränen über die Wangen. Unvorstellbar was für eine schreckliche Angst sie gehabt haben muss. „Als ich wieder zu mir gekommen bin habe ich sofort an dich gedacht. Ich wusste einfach, dass Darius dir Bescheid gesagt hat. Ich hatte so Angst um dich.", sagt sie leise.

Ich sehe sie verdutzt an. „Um mich?", frage ich. Sie nickt. „Warum?" „Ich wusste nicht was du tust. Ich wusste nicht wie du reagierst. Ich hatte Angst, dass du durchdrehst. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie groß deine Angst gewesen sein muss", sagt sie leise. Nochmal ziehe ich sie behutsam in meine Arme. „Ich hatte riesige Angst. Ich hatte solche Angst dich zu verlieren. Aber ich bin so froh, dass es nicht passiert ist", sage ich leise als ich mich wieder zurück sinken lasse. Sie schenkt mir ein vorsichtiges Lächeln. Eine Weile schweigen wir. Sie hält nur meine Hand, ich lausche nur ihrem gleichmäßigen Atem. Ich habe beinahe alles um mich vergessen. „Ich habe Kopfschmerzen", sagt sie plötzlich und kichert leise. Ich gucke sie an, kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, als ich ihr Gesicht sehe. Sie grinst auch. Sie ist so süß wenn sie das macht. Sie sieht dann immer aus wie ein kleines Mädchen.

Raf Camora FF//  LouisianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt