Gespräche

953 27 17
                                    


POV Louisiana:

Wir sind seit zwei Wochen zurück aus Japan. Und es ist... Es ist komischer als es je zuvor war. Raf ist... Er ist lieb. Er ist zuvorkommend. Er ist freundlich. Er hat sich seitdem wir miteinander geschlafen haben nicht ein einziges Mal mehr unpassend verhalten. Ich bin auch nach wie vor so gut wie jeden Tag und jede Nacht bei ihm. Er genießt es mich um sich zu haben. Aber er ist mir kein einziges Mal mehr auf diese Art und Weise nahe gekommen. Er kuschelt sich zwar Abends an mich oder bietet mir an mich an ihn zu kuscheln, doch seit dieser einen Nacht in Tokyo, dieser einen sternenklaren wunderschönen Nacht in Tokyo hat er mich weder geküsst noch sich mir intim genähert. Wir sind wie... ja ich kann es nicht mal beschreiben. Fast wie Geschwister nur dass wir viel kuscheln was erwachsene Geschwister wohl nicht mehr machen.

Für heute Abend haben sich seine Schwester und ihr Freund als Besuch angesagt. Ich bin schon gespannt wie es Barbara jetzt geht. Der Bauch wird mit Sicherheit wieder ein bisschen angewachsen sein. Ich bin generell gespannt wie dieser Abend wird. Im Moment ist es schwer zu beschreiben wie ich mich fühle. Ich freue mich dass er so ist wie er ist. Ich freue mich auch, dass ich nach wie vor so viel Zeit mit ihm verbringen kann. Aber es verunsichert mich auch. Was bin ich für ihn? Was sieht er in mir? Bin ich seine beste Freundin? Bin ich seine Partnerin? Oder bin ich nach wie vor nur irgendeine Bekannte? Ich habe mir auch vorgenommen ihn heute Abend darauf anzusprechen. Wenn seine Schwester wieder weg ist. Ich muss irgendwie mit ihm darüber reden, aber ich weiß nicht wie. Ich habe Angst, dass er wieder ausflippt und die Harmonie zwischen uns wieder zerstört ist.

Ich habe gerade fertig gekocht als es auch schon an der Tür klingelt. Ich habe diesmal Faschiertenbraten mit Kartoffelpüree und Gemüse gemacht. Als ich mich umdrehe steht schon Barbara hinter mir in der Küche. Zur Begrüßung zieht sie mich in eine Umarmung. Gut sieht sie aus. Der Babybauch steht ihr super. Außerdem strahlt sie richtige Freude aus. „Wir müssen reden. Später", flüstert sie mir kaum hörbar ins Ohr ehe sie sich von mir löst. Raphael kommt dicht gefolgt von Barbaras Freund hinter ihr in die Küche. „Gut siehst du aus Schwesterherz. Der Bauch bekommt dir", sagt er und grinst frech. „Ja sagt der kleine Specki da", erwidert sie lachend und kneift ihm in den Bauch. Die beiden. Ihr geschwisterliches Verhältnis ist echt etwas Besonderes. Immer wieder wenn ich mir die Beiden so ansehe hoffe ich, dass ich auch mal zwei Kinder haben werde die sich so gut verstehen. Aber wie ohne Partner? Immer noch an Raf gebunden irgendwie.

Während dem Essen wird viel gelacht und Barbara erzählt von ihrer Schwangerschaft. Wie liebevoll sich ihr Freund wohl um sie kümmert und solche Dinge. In Gedanken schweife ich das ein oder andere Mal ab. Es wäre schön so etwas zu erleben. So etwas mit Raf zu erleben. Für mich macht es keinen Unterschied dass er mit mir geschlafen hat. Ich war ihm davor schon hoffnungslos verfallen. Ich weiß nicht in wie fern ihm das bewusst ist, aber ich habe diese Gefühle für ihn schon viel länger. Viel, viel länger. Als ich nach dem Essen mit Abräumen anfange, höre ich wie Darwin Raf einen Verdauungsspaziergang vorschlägt. „Lou? Babs? Ist es okay wenn wir euch kurz alleine lassen? Wir machen eine kleine Runde um den Block", sagt er und ich nicke. „Ist gut. Wir räumen hier auf", erwidere ich. Er nickt und lächelt.

Kaum ist die Tür ins Schloss gefallen sieht Babsi mich intensiv an während ich den Geschirrspüler einräume. „Hast du mit ihm schon geredet?", fragt sie mich. Ich blicke sie erstaunt an. „Was? Mit wem? Raf?", frage ich als wüsste ich nicht genau worauf sie anspielt. Ich wusste nicht, dass er es direkt seiner Schwester erzählt hat. Aber ich hätte es mir denken können. „Worüber? Nicht dein Ernst oder? Vielleicht darüber was in Tokyo war? Dass ihr Sex hattet?", fragt sie. Ich seufze. „Nein habe ich nicht." „Habt ihr...seid ihr euch nochmal nahe gekommen?", fragt sie weiter. Ich schüttle den Kopf. „Kuscheln mehr ist nicht. Kein Kuss, kein Sex", erläutere ich ihr. Obwohl es sich durchaus ein wenig eigenartig anfühlt ausgerechnet mit seiner Schwester über den Sex zwischen uns zu sprechen. Sie seufzt und streicht sich eine Strähne ihres langen Haares hinters Ohr. „Du solltest ihn dringend darauf ansprechen", merkt sie an.

Ich sehe sie an. „Ja ich weiß. Aber ich... ich traue mich nicht. Zwischen uns herrscht im Moment so eine herrliche Harmonie und ich habe Angst die wieder zu zerstören wenn ich ihn darauf anspreche was gewesen ist", sage ich wahrheitsgemäß. Babsi nippt an ihrem Wasserglas. Als ich sie kennen gelernt habe, hat sie diese Geste immer mit einem Weinglas gemacht. Jetzt bekommt sie ein Baby. Ein süßes kleines Baby. Ich wünsche mir auch mal Kinder. Kinder sind etwas ganz besonderes. Ich schaue ihr lächelnd auf den Bauch. Schützend hält sie immer wieder ihre Hand drauf. „Hmm ja das kann ich verstehen. Aber es wird nicht besser wenn ihr nicht darüber redet. Mein Bruder... er ist schwierig was das Thema betrifft. Seit Kiras Tod hat er ein Problem damit Gefühle zu Frauen zu zulassen. Aber ich weiß, dass er Gefühle für dich hat. Abudi weiß das auch. Unsere Mutter weiß es auch. Er selbst? Er weiß es nicht. Oder er weiß es will es aber nicht wahrhaben. Du musst ihm in den Hinter treten, damit er sich mit dem Thema auseinandersetzt. Er muss darüber nachdenken. Er muss sich im Klaren sein was er getan hat, was passiert ist. Und er muss sich endlich klar darüber werden, wie sehr er dich mag. Denn ich weiß er mag dich. Er mag dich sogar sehr"

Ich bin ganz schön überwältigt von ihren Worten. Denkt sie echt, er mag mich? Er mag mich auch nur annährend auf die Art und Weise auf die ich ihn mag? Ich würde mir nichts mehr wünschen als ein Happy End für uns. Aber ich fürchte davon sind wir meilenweit entfernt. Immer wieder muss ich an seine Freundin denken. Seine verstorbene Freundin der immer noch sein Herz gehört. Das merke ich jedes Mal wenn er über sie spricht. Ihr gehört sein Herz. Er liebt sie. Er liebt sie auch wenn sie nicht mehr da ist. „Bist du dir sicher? Also dass er mich mag?", frage ich unsicher. Babsi lacht auf. „Ach Süße. Du kennst ihn nicht so wie wir ihn kennen. Aber jeder der ihn kennt bemerkt sofort, da sind Gefühle im Spiel. Er geht mit dir um wie mit einem rohen Ei weil er das Gefühl hat dich beschützen zu müssen. Weißt du warum du schon seit Wochen hier bist?", fragt sie mich. Ich denke nicht, dass ich antworten sollte und das bestätigt sich auch als sie weiter spricht: „Nicht weil er dich braucht wenn ihm mal wieder der Bauch schmerzt, nein er will dich hier haben weil er dich hier im Auge haben kann. Er kann dich nur beschützen wenn du bei ihm bist. Und er hat das Gefühl dich beschützen zu müssen. Weil ihm schon einmal die Liebe seines Lebens genommen wurde. Deshalb passt er auf dich auf. Deshalb will er dich hier haben. Niemals würde er es zugeben. Aber ich weiß es", sagt sie sicher. Ich wünschte ich könnte mir um Rafs Gefühle so sicher sein wie Babsi.

Ich nicke. „Klingt irgendwie einleuchtend", sage ich auch wenn ich mir wirklich sehr unsicher bin. Sie nickt. „Deshalb solltest du dringend mit ihm reden. Manchmal braucht mein Bruder buchstäblich einen Arschtritt", sagt sie und lacht. Wenn sie lacht wirkt sie so jung. Viel jünger als sie ist. Genaugenommen zu jung um ein Baby zu bekommen. Ich verstehe warum Raf seine kleine Schwester so vergöttert. Sie ist eine tolle Frau. Attraktiv, liebevoll und hilfsbereit. Sie hat wunderschöne Augen und Haare. Und sie... Ja sie sieht ein bisschen aus wie eine weibliche Version von ihm. „Wie geht's dir eigentlich?", versuche ich das Thema zu wechseln. Ich weiß, dass sie Recht hat. Ich weiß, dass ich mit ihm reden muss. Ich werde es anpacken. Heute Abend. Wenn wir ins Bett gehen. Wie sich das anhört. Als wäre es ganz normal neben einem Typen für den man... ja keine Ahnung was ist, zu schlafen. Ich bin mir ehrlich gesagt noch nie so dämlich vorgekommen wie die letzten Wochen. Ich bin ein Nichts für Raf. Zumindest hat er mir nie irgendwie gesagt was ich für ihn bedeute aber ich renne ihm wie ein Schoßhündchen nach. Ich schlafe jeden Abend neben ihm im Bett ein. Ohne Widerworte. Und ohne den Mumm ihn endlich darauf anzusprechen. Schon während der Zeit in Tokyo die wir danach noch dort verbracht haben, habe ich mir die ganze Zeit überlegt wie ich ihn ansprechen könnte. Dann habe ich mir vorgenommen mit ihm zu reden sobald wir wieder zurück sind. Jetzt sind wir seit zwei Wochen wieder hier und ich habe weiter gemacht als wäre nichts passiert. Genauso wie er. Anstatt das wir endlich ein klärendes Gespräch gesucht hätten. Noch ehe Babsi mir die Frage beantworten kann, höre ich bereits den Schlüssel im Loch. Raf kommt nach Hause. Und heute? Heute ziehe ich es durch... 

__________________________________

So im nächsten Kapitel ist es also soweit... wahrscheinlich zumindest. Wird Lou es durchziehen? Wird sie mit ihm darüber reden? Oder spricht etwa er sie an? Und was wird er sagen beziehungsweise wie wird er wohl reagieren? 

Raf Camora FF//  LouisianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt