Epilog

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Sie liegt in den warmen, weichen Decken des Krankenhauses. Stunden liegt sie schon hier, doch gefühlt sind es Tage. Sie kann es kaum erwarten. Sie kann es kaum erwarten hier raus zu sein. Sie kann es kaum erwarten, dass diese unsagbaren Schmerzen enden. Und vor allem kann sie es kaum erwarten die Liebe ihres Lebens kennen zu lernen. Heute hat sie ein Blinddate von dem sie weiß, es wird mit der großen Liebe enden.

Ihre andere große Liebe steht an ihrer Seite. Er hat sie nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. Er ist an ihrer Seite. Die ganze Zeit. Er war gerade einmal für 10 Minuten weg als er für sie und sich etwas zu Essen besorgt hat. Ansonsten steht er es ausnahmslos mit ihr durch. Obwohl sie die letzten paar Stunden nicht gerade durch ihre unsagbare Freundlichkeit aufgefallen ist.

Sie will ihn nicht anschreien. Es ist nicht sein Fehler. Es ist gar kein Fehler. Aber der Schmerz betäubt sie beinahe. Sie hat auf Schmerzmittel verzichtet, wollte es wie ihre Schwägerin machen. Ganz natürlich. Mit dem vollen Ausmaß an Gefühl. Ob es ein Fehler war? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Sie ist bereit. Mehr als bereit. Und sie kann es nicht erwarten.

Die Hebamme betritt den kleinen aber feinen Raum. Das Familienzimmer wird es hier genannt. Es enthält ein breiteres Bett, ein Bett in dem auch er Platz finden wird. Wenn er irgendwann zur Ruhe kommt. Im Moment ist er viel zu aufgeregt. Die Hebamme nimmt ihren Platz ein. Untersucht sie. „Wir haben wieder 2cm geschafft. Ich bringe euch jetzt dann in den Kreissaal.", erklärt sie.

Sie sieht die Hebamme an. Auch er sieht sie an. „Bedeutet das es geht endlich los?", fragt sie atemlos. Atemlos von der nächsten Wehe, heftiger als die davor. Heftiger als alle davor. Die Hebamme nickt. „Bald geht es los. Bald dürft ihr euer kleines Wunder genießen"

Sie haben nicht lange Zeit nachzudenken, denn schon wird sie in den Kreissaal geschoben. Er muss sich umziehen, sterile Kleidung bevor auch er in den Kreissaal darf. Es ist alles vorbereitet. Zu Hause ist alles vorbereitet. Hier ist alles vorbereitet. Vorbereitet auf die Ankunft ihres ersten Kindes. Er ist aufgeregt, als wäre er selbst ein Kind dem ein Ausflug ins Disneyland versprochen wurde. Nein vermutlich ist er sogar noch aufgeregter.

Er wurde Onkel vor einigen Wochen. Die Tochter seiner Schwester, seine Nichte, ist so schnell gewachsen. Hat schon so viel gelernt. Er liebt dieses kleine Mädchen. Er liebt sie von ganzem Herzen. Und er hat geschworen sie zu beschützen. Wie er es einst für seine kleine Schwester getan hat.

Doch heute lag der Fokus auf ihm. Denn nun war es an ihm Papa zu werden. Seine Eltern zum zweiten Mal innerhalb von ein paar Wochen zu Großeltern zu machen. Sie wissen noch nicht welches Geschlecht ihr Baby haben wird. Sie haben sich für eine Überraschung entschieden.

Seine Mutter ist heute früh am Morgen angereist. Er hat sie gestern Abend angerufen. Sie sind spät, kurz nach 23 Uhr losgefahren ins Krankenhaus. Er war sehr nervös gewesen. Und jetzt steht er immer noch hier. Mittlerweile haben sie Mittag. Mittag am nächsten Tag. Jedenfalls ist seine Mutter heute Morgen angereist. Schon zur Geburt ihrer Enkelin kam sie. Und auch diesmal ist sie hier. Sie ist zu seiner Schwester gefahren. Genießt ein paar unbeschwerte Stunden mit ihrer Enkelin während sie auf die Ankunft des neuen Erdenbürgers warteten.

Sein Herzschlag liegt mittlerweile bestimmt schon außerhalb des messbaren Bereichs. Seine Nerven liegen blank. So viele Gedanken in seinem Kopf. Wie wird sich sein Leben verändern wenn er erst selbst Vater ist? Wenn er an seinen Schwager denkt, dessen Leben hat sich um 180 Grad gewendet. Er verbringt viel mehr Zeit zu Hause. Vermeidet Geschäftsreisen, arbeitet was geht sogar von zu Hause aus. Damit er bei ihr sein kann. Bei seiner Tochter.

Aber wie wird sich sein Leben verändern? Er hat einen ganz anderen Lebensstil als sein Schwager. Er ist Musiker. Er arbeitet viel und hart. Er hat in den letzten Monaten, den Monaten der Schwangerschaft, fast Tag und Nacht gearbeitet um so viel wie möglich vor der Geburt zu erledigen. Er hat an seiner Modemarke gefeilt, er hat neue Künstler unter Vertrag genommen. Er hat ein neues Office in Wien aufgebaut und Mitarbeiter für dort ausgesucht und ausgebildet. Er hat seinen Kumpel bei seinem neuen Album unterstützt. Und er hat eine wahnsinnis Abschiedstournee geplant. Eine Tournee, die er aufgrund ihrer Schwangerschaft um ein Jahr verschoben hat. Denn für länger als zwei Tage von ihr getrennt zu sein hat er in den letzten Wochen und Monaten nicht ausgehalten.

Er hat sie behütet und beschützt wie seinen Augapfel. Ja es ist alles sehr schnell gegangen. Ja es ist anders gelaufen als erwartet. Und ja, er hat nicht gedacht jemals für eine Frau wieder so empfinden zu können. Doch es ist gekommen wie es kommen musste, und dieses Baby, sein persönliches kleines Wunder, war vielleicht genau der Stoß den er gebraucht hat um zur Vernunft zu kommen.

Sie drückt seine Hand. Erneut drückt sie seine Hand fest. Er spürt es schon kaum noch. Die Finger fangen an taub zu werden. Doch das ist nichts. Nichts im Vergleich zu den Schmerzen die sie wohl gerade verspüren muss. Er war abgelenkt. War in Gedanken. Er hat nicht mal mitbekommen, dass zusätzlich zur Hebamme nun auch ein Arzt anwesend ist. Es scheint los zu gehen. Er fokussiert sich. Alles was zählt ist sie. Sie und das Kind das gleich seinen ersten Schrei tun wird.

Er weiß nicht wie viel Zeit vergeht. Er hat auch keine Zeit auf die Uhr zusehen. Gefühlt hat es jedenfalls ewig gedauert. Ewig bis zunächst ein Ohrenbetäubender Schrei von ihr kam. Und dann... ein kräftiger Schrei. Der kräftige Schrei eines Neugeborenen. Seines Neugeborenen.

Dem Schrei folgen Worte. Worte von der Hebamme. „Herzlichen Glückwunsch. Ihr habt einen Sohn" Er sieht sie an. Sie sieht ihn an. Freundentränchen kullern beiden über die Wange. „Ich liebe dich Lou. Ich liebe euch." „Ich liebe dich auch Raf. Ich liebe euch auch"

THE END

So ihr Lieben. Das wars mit der Geschichte rund um Raf und Lou. Ich hoffe ihr hattet viel Spaß. Und ich entschuldige mich nochmal dafür, dass ihr solange warten musstet. Leider sind die letzten Wochen bei mir ziemlich stressig. Dennoch habe ich endlich die Zeit gefunden euch mit diesem Epilog zu versorgen. Danke euch für all euer Feedback. Für eure Treue. Ich hoffe ihr hattet so viel Spaß mit Raf und Lou wie ich es hatte <3 

Raf Camora FF//  LouisianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt