Kennenlernen

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POV: Louisiana Müller

Und dann kommt da dieser perfekte, schwarze Ferrari um die Ecke. Ich bin für eine Sekunde unfassbar froh, dass wir vor einer Hauseinfahrt stehen und das Auto daher nicht allzu schnell unterwegs war, als Marius mich geschubst hat. Ich lande auf seitlich am Auto und rutsche dann zu Boden. Dann geht alles ganz schnell. Der Fahrer des Wagens springt förmlich aus seinem Auto. Doch widererwarten vergewissert er sich nicht wie es mir geht sondern untersucht sein Auto auf offensichtliche Kratzer.

Ich mustere den Mann. Er sieht gut aus. Ich schätze nicht ganz 1,90 groß, trainiert, haselnussbraune Augen, dunkle Haare, die etwas unter einer Kappe hervorgucken. Er trägt ein T-Shirt und eine rote Jogginghose mit der Aufschrift „Corbo" was auch immer das für eine Marke sein soll. Seine Arme sind mit mehreren Tattoos verziert. Ich habe keine Zeit mich länger auf ihn zu konzentrieren denn plötzlich und unerwartet zieht er mich ruppig auf die Beine. „Ey pack meine Fr...pack sie nicht an!", entfährt es Marius und ich habe für einen winzig kleinen Moment vielleicht die Hoffnung, der große Unbekannte dreht sich gleich um und knallt ihm eine. Meine Hoffnung wird nicht so richtig erfüllt. Er dreht sich zwar um, seine zu Fäusten geballten Hände bleiben allerdings nach unten hängend. „Was ist mit dir du kleiner Piç. Denkst du man schlägt Frauen?", fragt der Unbekannte fordernd meinen Exfreund.

Marius und ich sind eigentlich schon eine Weile getrennt, doch er will es nicht richtig einsehen und ich bin wohl irgendwie immer wieder auf seine Maschen reingefallen. Er wird sich ändern, hat er versprochen. Wieder und wieder. Und nichts ist geschehen. Marius und ich sehen auch nicht wie ein typisches Paar aus. Er ist groß, muskulös an den Armen aber etwas rundlich am Bauch, er trägt mehrere Piercings im Gesicht und ist meistens total high. Ich hingegen bin unscheinbar, ziemlich klein, habe blonde Haare, bin dünn, trage aber Shirts die mir meist, zwei, drei Nummern zu groß sind. Außerdem trage ich auf meiner viel zu großen Nase, eine Brille, wenn ich aus der Uni komme. Ich bin angehende Akademikerin. Er ist... ein Junkie. Nicht mehr und nicht weniger. Und das war er schon immer. Keine Ahnung wo ich da hingesehen habe. Keine Ahnung was mit mir oft nicht stimmt.

„Was geht dich das an? Du kannst von Glück reden dass ich dir nicht gleich in die Fresse geschlagen habe, als du sie angepackt hast", sagt Marius und wieder keimt in mir die Hoffnung auf der Unbekannte würde zuschlagen. Ich spüre wie mir Blut übers Knie rinnt, meine zerrissene Jeans lässt einen Blick auf mein aufgeschlagenes Knie zu. Der Unbekannte geht einen Schritt näher auf Marius zu. „Du kannst von Glück reden, dass mein Auto nichts abbekommen hat. Das Auto ist mehr wert als dein kleines, lächerliches Leben. Wer Frauen schlägt ist nichts wert! Und ich gebe dir jetzt genau 3 Sekunden zu verschwinden – ohne sie – oder ich rufe die Bullen" Marius will widersprechen. Ich sehe wie der den Mund öffnet. „Drei", sagt der Unbekannte ganz ruhig. „Zwei" Und ehe ich mich versehe dreht sich mein Exfreund um und läuft in die andere Richtung davon.

Ich mustere den Unbekannten. „Ähm danke, aber du hast gerade meine Mitfahrgelegenheit verscheucht", sage ich ehrlich. Es sieht nach Regen aus. Und ich muss ans andere Ende der Stadt. Klasse. „Dieser schmierige Lappen?", fragt der Unbekannte und mustert mich intensiv. Ich nicke. „Mein Exfreund" „Schlägt er dich schon immer oder nur wenn zufällig ein Ferrari vorbei kommt?", fragt er mich. Ich weiß nicht mal warum ich mich mit einem Unbekannten unterhalte. „Schon länger", sage ich schließlich. „Der ist nicht mehr wert als der alte Kaugummi da drüben" Er deutet auf den Asphalt. „So jemand sollte nicht deine Mitfahrgelegenheit sein", sagt er. Ich wüsste nicht was ihn das angeht, aber er hat eigentlich recht. Und das weiß ich. „Tja trotzdem muss ich ans andere Ende von Berlin und es sieht nach Regen aus", gebe ich zurück. Er zieht eine Augenbraue hoch. „So wie du aussiehst willst du jetzt durch Berlin laufen?" Ich sehe ihn an. „Wie meinst du das?" „Naja du hast ein aufgeschlagenes Knie, ein paar Schürfwunden an den Armen und das Auge wird bestimmt auch blau."

Raf Camora FF//  LouisianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt