Wahrheit

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POV Lousiana:

Mir rutscht zum zweiten Mal am heutigen Tag fast das Herz in die Hose. Doch als ich Babsis braune Locken erblicke beruhigt sich mein Herzschlag. „Sorry muss dringend mal Pipi", kichert sie. „Baby drückt auf die Blase", fügt sie noch hinzu. Ich seufze nur und nicke. Ich drehe mich einfach um, mit dem Test in der Hand, um sie nicht direkt zu beobachten. Nachdem ich die Spülung höre, spüre ich schon ihre Hand auf meiner Schulter. „Und?", fragt sie sanft. Ihre Stimme klingt wunderbar beruhigend und sanft an meinem Ohr. Sie sollte mal darüber nachdenken Kinderlieder zu singen. Ich seufze. Wenn ich es ausspreche wird es real. Nein Blödsinn. Es ist real. Es wird weder realer noch weniger real wenn ich es sage. Ich seufze nochmal. „Schwanger", murmle ich leise und eine Träne stiehlt sich über meine Wange.

Als nächstes nehme ich ihre beruhigende Umarmung war. „Alles wird gut", flüstert sie mir beruhigend zu während sie mir über den Rücken streichelt. Sie wird mit Sicherheit eine sehr gute Mutter werden. Aber kann ich das auch? Werde ich das auch? Ich weiß noch immer nicht recht ob ich mich freuen soll oder nicht. Ich meine irgendwie wünsche ich mir ja Kinder. Aber ich hab Angst. Ich habe große Angst. Angst vor Raphaels Reaktion. Er hat solange gebraucht sich weit genug zu öffnen um eine Beziehung zu mir zuzulassen und jetzt konfrontiere ich ihn mit einem kleinen Würmchen, dass unter meinem Herzen sitzt und wächst? „Dein Bruder", flüstere ich nur. Babsi drückt mich so weit weg, dass sie mich ansehen kann. „Er wird sich freuen. Glaub mir. Es läuft nicht wie ihr es geplant habt, aber er wird sich freuen. Er wollte schon immer Kinder. Er ist neidisch auf mich seit ich ihm erzählt habe, dass ich ein Baby bekomme. Und jetzt kriegt er sein eigenes Baby", sagt sie beruhigend.

„Ich mache dir einen Termin bei meinem Arzt aus.", sagt sie noch. Ich gucke auf meine Füße. „Ist er Kassenarzt?", frage ich. Ich bin nicht privat versichert. Ich gehöre nicht zur selben Gehaltsklasse wie Raphael. Mein kleiner Nebenjob neben dem Studium reicht gerade so für Miete, Essen und ab und zu shoppen. Sie schüttelt den Kopf. „Privat. Aber mach dir darum keine Gedanken. Ich kenne da einen werdenden Vater, für den Geld keine Rolle spielt" Sie zwinkert mir zu. Ich nicke. Widersprechen ist ohnehin zwecklos. Wenn sie Recht hat und Raphael sich wirklich freut wird er ohnehin darauf bestehen, dass ich die beste Behandlung bekomme. Und wenn er sich nicht darüber freut, kann ich den Termin ja immer noch absagen. Außerdem ob er sich freut oder nicht, es ist nun mal so und er hängt da genauso mit drin wie ich. Okay, vielleicht nicht genauso, er bekommt das Kind schließlich nicht, aber zu einem großen Teil. Ich muss mir unwillkürlich die Frage stellen, wie es weiter geht, wenn er das nicht will. Ich werde das Baby bekommen. Das ist für mich absolut klar. Nur wie wird es mir alleine mit einem Baby ergehen? Was wenn er das Kind nicht sehen will? Zahlen muss er dafür, aber was wenn er keinen Kontakt möchte? Dann kann mein Baby niemals seinen Papa kennen lernen. Das wünsche ich mir nicht für mein Kind. Aber Raphael ist kein schlechter Mensch. Nein absolut nicht. Er wird bestimmt den Kontakt nicht ablehnen. Vielleicht habe ich das alleinige Sorgerecht, aber er wird sicher das Kind besuchen kommen. Vielleicht ist es auch manchmal bei ihm.

Ich muss den Gedanken verdrängen. Worüber denke ich überhaupt nach? Im Augenblick sind Raphael und ich in einer Beziehung. Damit wäre ohnehin alles geklärt. Er wird doch wohl nicht direkt mit mir Schluss machen? Oder doch? Lässt er mich sitzen, weil ich ungeplant schwanger wurde? Weil wir uns in Japan einen Abend lang nicht zusammen reißen konnten? Ich komme nicht dazu weiter nachzudenken, denn mein Handy klingelt. Babsi reicht es mir, da es noch am Waschbecken liegt. Ich gehe ohne auf den Display zu gucken ran. „Ja?", melde ich mich. „Hey Babe", ertönt Raphaels Stimme am anderen Ende der Leitung. „Ich bin jetzt beim Italiener. Wollte fragen was ihr wollt?", fragt er da ich offenbar lange geschwiegen habe. Ich seufze. Eigentlich habe ich gar keinen Appetit. Im Gegenteil mir ist übel. Liegt wohl an der Aufregung. „Lou? Bist du noch dran?" Rafs Stimme holt mich wieder zurück. „Äh ja klar. Ähm ich.... Ich nehme... Such du was aus. Du kennst meinen Geschmack", stammle ich wirr. „Alles okay?", fragt Raf. Babsi steht neben mir. Sie nickt mir immer wieder aufmunternd zu. „Ja alles gut. Lass uns später reden.", sage ich leise. Er schluckt. „Aber alles gut zwischen uns oder?", fragt er und klingt fast besorgt. Da kommt es mir. Klar. Er hat ja keine Ahnung was los ist. Für ihn hört sie ein „Lass uns später reden" nach Schluss machen oder so an. „Ja natürlich Schatz.", beeile ich mich zu sagen. Eine Weile ist es still am anderen Ende der Leitung. Dann hört man ihn ausatmen. „Gut. Und was wollen Babsi und Darius?", fragt er. Ich gebe ihm die Bestellungen durch und wir legen auf. Als ich mein Handy einstecke sieht Babsi mich an. „Du musst es ihm unbedingt sagen. Du bist total durch den Wind. Und das hat er ganz offensichtlich auch am Telefon bemerkt." Ich nicke. Ja ich muss mich der Situation wohl stellen.

Raf Camora FF//  LouisianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt