14.Neuer Plan

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Es dauerte nicht lang, bis wir alle unsere festlichen Gewänder gegen typische Alltagskleidung getauscht hatten. Auch die Wirkung des Vielsafttrankes bei Harry hatte mittlerweile nachgelassen und ließen ihn ein wenig in seinen Sachen schwimmen, weshalb der Kleidungswechsel für ihn in vielerlei Dingen positiv war. Ein wenig verunsichert von der gesamten Situation bei der Hochzeit, hielt ich mich besonders nah bei Leon auf. Außerhalb von Hogwarts, dem Fuchsbau und ohne die Mitglieder der Ordens fühlte ich mich so ungeschützt wie auf dem Präsentierteller. Anscheinend bemerkte Leon meine Anspannung und legte einen Arm um meine Schultern. Leise, damit es die anderen drei nicht mitbekommen würden, erhob er seine Stimme.
„Ich weiß, dass du Angst hast, sogar große. Aber solange Samira und ich bei dir sind, brauchst du dir keine Gedanken machen. Und nun da auch die anderen drei und der Orden des Phönix uns unterstützen werden, musst du dir darum nicht allzu viele Sorgen machen", meinte er einfühlsam und tätschelte sanft meine Schulter. Angespannt holte ich Luft, ehe ich ihm nickend zustimmte und meine Aufmerksamkeit dem goldenen Trio zuwandte, die sich gerade darüber unterhielten, was ihr nächste Anlaufpunkt wäre. Letztendlich gewann Hermines Vorschlag, sich in ein kleines Café zu setzen und alles weitere dort zu besprechen. So liefen wir fünf und Samira an meiner Seite aus der kleinen Gasse und stürzten uns wieder in das erdrückende Getümmel. Es war mir unangenehm, in einer so großen Menschenmasse zu sein, mit dem Wissen, dass jeder hier ein verkleideter Todesser sein könnte. Während wir uns unseren Weg hindurch bahnten, lies Leon meine Schulter los, umschloss dafür aber meine Hand. Und tatsächlich beruhigte mich diese Geste ein wenig, ebenso mein Seitenblick auf Samira, die sich galant durch die Beine der Passanten schlängelte. Nach einer Weile des Fußmarsches erreichten wir eine weniger belebte Seitenstraße und verließen das Getümmel von Muggeln. Uns allen voran lief Hermine, die zielstrebig in Richtung ein kleines unscheinbares Café ging, welches wahrscheinlich schon seine besten Jahre hinter sich hatte. Mit einem kurzen Seitenblick in alle Richtungen öffnete meine beste Freundin die Eingangstür mit einem kleinen Fenster und einer gräulich, schmutzigen Jalousie. Ein leises, jedoch schrilles Klingeln ertönte, als ebendiese aufging und kündigte damit unser Eintreten ein. Schnell betraten wir anderen den Laden, der bis auf unsere Anwesenheit und der einer gelangweilt wirkenden Kellnerin vollkommen leer war. Mit einem unschlüssigen Blick in die Runde ließ sich Hermine an einem Tisch für bis zu acht Personen auf einen der schwarzen Stühle nieder. Daraufhin folgten wir ihrem Beispiel und Samira ließ sich zu meinen Füßen nieder. Kaum saßen wir alle, kam die wenig motivierte Kellnerin hinter der Theke hervor, auf unseren Tisch zu und sah uns mit einem leicht genervten und gelangweilten Blick an.
„Was wollt ihr an Trinken bestellen?", fragte sie und sah sich unsere Runde kurz an. Dabei war ich froh, dass sie bezüglich Samiras Anwesenheit nichts anmerkte.
„Einen Cappuchino bitte", bestellte Hermine nach einem kurzen Zögern. Desinteressiert nickte die Frau und wandte sich an Ron.
„Und du?"
Verwirrt und ein wenig überfordert sah er sie an, bis er schließlich antwortete.
„Dasselbe, was sie hat."
„Das Gleiche", machte Harry es ihm schnell nach. Nun wandte sich die Kellnerin an uns, mit dem gleichen gelangweilten Gesichtsausdruck.
„Für uns dasselbe", bestellte ich für Leon und mich, auch wenn ich mit dem Namen des Getränks nicht wirklich etwas anfangen konnte. Mit einem knappen Nicken nahm sie unsere Antwort zur Kenntnis und verschwand in einem Raum hinter der Küche. Kaum war sie außer Hörweite, wandte sich der rothaarige Junge an uns alle.
„Was machen wir als nächstes? Wo sollen wir als nächstes hin? Zum Ministerium?", fragte er mit einer bedächtigen Stimme. Stumm schüttelte Hermine mit dem Kopf, sodass ihr krauses Haar leicht auf und ab schwang.
„Zu gefährlich. Wenn Kingsley in seinem Patronus mit dem Fall recht hatte und dem Tod von Scrimgeour, dann wäre das keine gute Anlaufstelle, weder für Harry noch für Thalia. Und wenn Voldemort wirklich das Ministerium unterwandert haben sollte, dann werden einige von der Hochzeit für eine lange Zeit untertauchen müssen. Man würde sie mit uns in Verbindung setzen."
Als meine beste Freundin die Hochzeit erwähnte, bemerkte ich neben mir, wie Harry sich kurz anspannte und als ich ihm in das Gesicht schaute, wie seine Augen leicht aufgerissen waren. Stöhnend fasste er sich an die Stirn, ehe er uns andere über seinen Gedankengang aufklärte.
„Mein Rucksack mit den ganzen Sachen ist noch im Fuchsbau. Den habe ich vollkommen vergessen", meinte er von sich selber genervt. In diesem Moment ertönte die Türklingel und zwei Männer in blaugräulichen Arbeitsanzügen und einem Werkzeugkasten betraten das Café. Ein wenig nervös zog Hermine ihre Perlenhandtasche auf dem Tisch näher an sich heran, worauf hin Harry und Ron sie überrascht musterten.
„Das ist jetzt nicht wahr, oder?", fragte der dunkelhaarige Junge sie ungläubig und lehnte sich auf seinem Stuhl nach vorn. Auch Leon richtete sich auf seinem Platz ein wenig auf, jedoch wirkte seine Haltung ein wenig angespannt.
„Das Wichtigste habe ich schon seit einer Woche da drin. Zur Sicherheit", rechtfertigte sich das braunhaarige Mädchen und umklammerte dabei fest die Griffe ihrer Tasche. Kopfschüttelnd jedoch auch schmunzelnd betrachtete Ron sie. Auch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, doch erlosch dieses, als ich Leons Haltung und Samira bemerkte. Meine Beschützerin war ein wenig gewachsen und hatte ihre Ohren aufmerksam aufgestellt. Irgendetwas stimmte nicht.
„Nur so nebenbei Hermine, beim nächsten Mal hätte ich gern eine Hose die nicht so aussieht-", meinte Ron und wollte noch weiterreden, doch Harry unterbrach ihn.
„Runter!"
Bevor ich überhaupt überlegen konnte, hatte Leon mich an meiner Schulter nach unten gezogen. Über uns flogen zwei Flüche hinweg, die uns um ein Haar getroffen hätten. So lag ich nun auf den kühlen Steinfliesen, ehe ich blitzschnell nach meinem Zauberstab an meinem Gürtel griff und mich wieder aufrappelte. Neben mir hinter einem Stuhl hockte Harry, welcher ruckartig aufstand und einem der Todesser einen Schockzauber auf den Hals schickte. Doch konnte dieser flink ausweichen und feuerte einen Zauber in meine Richtung, der jedoch mit einem Feuerball seitens Leon abgewehrt wurde. Davon eine Sekunde abgelenkt, merkte der Todesser Harry nicht, der ihn mit einem weiteren Schockzauber an die Wand schleuderte, wo er regungslos liegen blieb. So war nur noch ein Todesser übrig, der nun zwei Flüche hinter einander auf Ron und Hermine abschickte. Glücklicherweise konnte die beiden diesen ausweichen und knieten sich wieder hinter ihre Stühle. Kurz erhob ich mich und sah zu dem Todesser mit den schwarzen Haaren und Bart.
„Immobilus!", rief ich, doch konnte der Mann meinem Zauber ausweichen und starrte mich nun entschlossen an. Womit er jedoch nicht gerechnet hatte, dass sich Samira ihm in den Weg stellen würde. Mit einem Satz stand sie vor mir in ihrer vollen Größe und gab ein markerschütterndes Brüllen von sich. Und ehe der Zauberer reagieren konnte, nutzte Hermine seine Unachtsamkeit.
„Petrificus Totalus!"
Mit einem lauten Knall landete der Todesser hinter der Theke am Boden und mit einem Mal war es ruhig. Zumindest, bis die Tür aufging und eine entsetzte Kellnerin zwischen uns und dem vorherrschenden Chaos, sowie den Männern blickte.
„Verschwinde! Nun mach schon!", rief Hermine ihr warnend zu, was sich die schwarzhaarige Frau nicht zwei Mal sagen ließ. Mit einer schnellen Drehung verschwand sie in die Küche und ließ uns damit zurück. Alle ein wenig außer Atem sahen wir in die Runde, bis Harry tief Luft holte und sich an uns wandte.
„Schließt die Tür und macht die Fenster dicht", richtete er sich an uns und gemeinsam mit Hermine ließen wir die Jalousien nach unten, während Ron mit seinem Deluminator das Licht dimmte. Zu guter Letzt verriegelte Hermine die Tür und gemeinsam näherten wir uns der zertrümmerten Glastheke. Uns auf den Fersen war Samira, welche immer noch in ihrer Gestalt eines Tigers war. An Rons Seitenblick konnte ich erkennen, dass er vor ihrer Erscheinung in diesem Moment großen Respekt hatte, da der Rotschopf kurz schlucken musste. Danach wandte er seine Aufmerksamkeit dem ersten Todesser zu, den Harry an die Wand geschleudert hatte. Mit einem angespannten Gesichtsausdruck näherte sich Harry dem blonden, bewusstlosen Todesser.
„Das hier ist Rowle. Er war auf dem Astronomieturm in jener Nacht, als Snape Dumbledore tötete", meinte der schwarzhaarige Junge und blickte dabei kurz zu mir. Bedrückt nickte ich zur Bestätigung, da ich mich an seine Silhouette auch noch vage erinnern konnte. Derweil stand Ron vor dem geschockten Todesser, vor dem mich Samira beschützt hatte. Wie auf Kommando ertönte hinter mir ein bedrohliches Knurren, was für den schwarzhaarigen Zauberer bestimmt war. Vorsichtig drehte ich mich ein wenig zu Seite und fuhr beruhigend über Samiras großen Kopf, um ihre Wut zu senken. Augenblicklich entspannte sie sich ein wenig, starrte aber weiterhin konsequent zu dem Todesser, welcher durch den Ganzkörperklammerfluch seine Augen weit aufgerissen hatte. Diese blickten uns starr entgegen und zeigten keinerlei Regung.
„Das hier ist Dolohow. Ich erkenne ihn von den Fahndungsplakaten. Was machen wir nun mit dir? Du hättest keine Skrupel gehabt uns umzulegen", meinte Ron wütend und trat noch einen Schritt näher an den Todesser heran.
„Ron! Es würde auffallen, wenn sie nicht mehr auftauchen würden. Und dann wüssten sie, dass wir hier waren", hielt ich ihn auf und blickte am Ende zu Harry, der bei meinen Worten nachdenklich nickte.
„Ron?", rief nun auch Hermine beunruhigt und gesellte sich neben Harry, während Leon an meine Seite trat. Ruckartig drehte sich der rothaarige Junge vor uns um und starrte Hermine aufgebracht an.
„Was würdest du tun, wenn er der Mörder von Mad-Eye wäre?", fragte er sie und blickte sie abwartend an. Schließlich war es Harry, der ihm antwortete.
„Es wäre besser, wenn wir ihre Erinnerungen löschen."
Nach einem kurzen Zögern nickte Ron ergeben und trat einen Schritt zu Seite.
„In Ordnung, du bist der Boss. Hermine, du beherrscht einen solchen Zauber besser als ich", meinte er und trat für sie bei Seite. Etwas zögerlich folgte Hermine seiner Aufforderung und hob ihren Zauberstab.
„Obliviate", kam es leise von ihr und mit einer drehenden Handbewegung entfernte sie seine Erinnerung an unser Zusammentreffen. Dann trat sie zu Rowle und tat dasselbe bei ihm, bevor sie mit einem Reparaturzauber das Café wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzte. Nur damit es nicht zu auffällig war. Als alles wieder an seinem Platz stand und Samira wieder auf ihre Normalgröße geschrumpft war, blickten wir uns der Reihe nach an.
„Ich weiß, wo wir als nächstes hingehen können", meinte mit einem Mal Harry und hielt seinen Arm in die Runde. Schnell nahm ich Samira auf meinen Arm, ehe ich als Letzte mich in ein Stück seiner Jacke krallte und bereits das mir bekannte ziehen in der Magengegend spürte. Kaum eine Sekunde später verschwamm das Café vor meinen Augen und machte kurz der Schwärze Platz, bis eine hohe Wand erschien. Als wir vollständig disapperiert hatten, konnte ich ein großes Reihenhaus aus roten Backsteinen vor mir sehen. Doch bereits auf den ersten Blick fiel mir auf, dass zwischen der Elf und der Dreizehn eine Hausnummer fehlte. Von daher hatte ich, die wage Vermutung, dass uns Harry zum Haus seines verstorbenen Paten Sirius Black gebracht hatte, welches versteckt vor den Muggeln in diesem Block lag. Mit einem letzten Blick die menschenleere Straße entlang, konzentrierte sich Harry sich auf die Hauswand und mit einem Mal begannen sich neue Ziegelsteine und Fenster, sowie eine rabenschwarze Eingangstür zu zeigen. Nach wenigen Sekunden war dieses Geschehen jedoch wieder vorbei und so traten wir nacheinander durch das filigran gearbeitete Gartentor und betraten das Reihenhaus. Kaum das wir in dem dunklen Flur standen und die Tür hinter uns zu fiel, kroch eine unangenehme Kraft über meinen Körper, die letztendlich meine Zunge erreichte und diese auf magische Weise verknotete. Erschrocken blickte ich zu den anderen, aber soweit ich das in dem schwachen Licht erkennen konnte, erging es ihnen nicht anders.
„Severus Snape?", ertönte mit einem Mal eine hallende Stimme und die helle, jedoch durchsichtige Gestalt eines gesetzten Mannes mit einem eigenartigen Auge erschien am anderen Ende des Flures. Doch mit einem Mal raste diese Silhouette auf uns zu, wodurch ich erschrocken an Leons Seite ging. Kaum einen Schritt vor uns, löste sich der Mann in Schall und Rauch auf, ebenso wie der Zauber, der unsere Zungen verknotet hatte.
„Was zum Teufel sollte das denn?", rief Ron entrüstet, als wir alle uns ein wenig beruhigt hatten.
„Ein Schutzzauber von Moody, wahrscheinlich damit Snape nicht hier herum schnüffelt", entgegnete Harry ein wenig angesäuert und beobachtete Hermine, die den Flur entlang lief.
„Homenum Revelio", rief sie laut, doch geschah nichts, weshalb sich das Mädchen wieder zu uns drehte.
„Wir sind allein. Ich würde sagen, wir ruhen uns für das Erste aus und bereden morgen das Ganze", meinte sie anschließend und konnte sich ein leichtes Gähnen nicht verkneifen. Stumm stimmten wir ihr zu und nachdem wir Harry in eines der oberen Stockwerke folgten, ließen wir uns auf Sofas und Matratzen nieder, die wir aus einem Nebenraum holten. Und kaum, dass wir uns verteilt auf diesen in Decken eingehüllt hatten, fielen mir unter Samiras Schnurren und dem regelmäßigen Atemzügen der anderen die Augen zu. So versank ich nach diesem anstrengenden Abend in meiner eigenen Traumwelt, in der ich für kurze Zeit der Realität entfliehen konnte.

Engel der Finsternis (II.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt