Dieses Mal blieben wir länger an einem Ort. Denn wo wir sonst maximal zwei Tage an einem Fleck verharrten, waren wir mittlerweile den vierten Tag auf dem Felsplateau. Mir war es eigentlich ganz recht, doch verwunderte es mich. Sonst war Harry ganz darauf versessen, keinen Anhaltspunkt auf unseren Standort zu hinterlassen. Aber jetzt wirkte es ganz so, als wollte er unser Umherziehen, so weit es ging vermeiden.
Fröstelnd trat ich wieder in das Zelt und rieb meine kalten Hände aneinander. Beinahe täglich saß ich an der Felskante und dachte nach. Über die Vergangenheit und was die Zukunft noch für uns bereit hielt.
„Ist dir etwa kalt?", hörte ich eine belustigte Stimme und blickte zu dem Tisch an dem Hermine und Leon gemeinsam saßen. Harry war vermutlich in dem Schlafsaal und brauchte, ebenso wie ich, Zeit für sich.
Skeptisch zog ich meine Augenbraue nach oben und betrachtete meinen besten Freund, wie er mit einer kleinen Flamme zwischen seinen Fingern spielte.
„Eigentlich ist mir extrem warm, weißt du? Ich will dich nur ein wenig täuschen", erwiderte ich sarkastisch. In einem normalen Tempo trat ich an den Holztisch heran und zog meinen dicken Mantel aus. Innerhalb der letzten zwei Tage sind die Temperaturen rapide gesunken und wir mussten nun dauerhaft das Zelt beheizen.
„Nicht jeder kann das Glück haben und Feuer als seine Fähigkeit betiteln", fügte ich noch hinzu und setzte mich neben Hermine auf den freien Stuhl. Augenblicklich hörte ich ein Schnurren und kaum eine Sekunde später war auch schon Samira auf meine kalten Oberschenkel gesprungen. Aus großen Augen musterte sie mich, ehe sie sich auf mir zusammenrollte.
Anstatt mir zu antworten, grinste mich mein Beschützer nur belustigt an. Innerhalb eines Wimpernschlages war die kleine unscheinbare Flamme um das Dreifache gewachsen und sprang nach Leons Willen durch die Luft. Nach einigen Runden beruhigte sie sich wieder und schrumpfte in ihren Ursprungszustand zurück, wo sie sanft loderte.
„Angeber", meinte ich mit einem Schmunzeln. Mit einem Seitenblick zu Hermine bemerkte ich, dass sie belustigt unsere Unterhaltung verfolgt hatte. Doch als sie mich bemerkte, wurde ihr Blick nachdenklich.
„Thalia, du hast doch erwähnt, dass du in Hogwarts von Snape in deinen Fähigkeiten unterrichtet wurdest. Müsstest du nicht diese eigentlich weiter trainieren?"
Nun wurde auch Leons Blick nachdenklich, aber auch kritisch, als er den Namen unseres Lehrers hörte.
Leicht betreten blickte ich auf die Tischplatte vor mir und fuhr mit meinem Zeigefinger die Furchen und Rillen nach, die dort zu sehen waren.
„Eigentlich ja", murmelte ich leise, doch wusste ich, dass die anderen beiden es gehört hatten.
„Und wann hast du sie das letzte Mal wirklich geübt?"
Unwohl rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her, wobei ich ein verstimmtes miauen seitens Samira erntete.
„Das ist nicht dein Ernst, oder? Sag mir bitte, dass du nicht das letzte Mal in Hogwarts geübt hattest?", fragte mich Hermine entrüstet und klappte, ein wenig unsanft, das Buch vor ihr auf der Tischplatte zu.
„Es kam einiges dazwischen. Albus ...Tod, Harrys Ankunft im Fuchsbau und unsere Flucht. Nur um das alles kurz zu fassen. Da war es erstmal wichtiger, das zu überleben", versuchte ich mich herauszureden.
„Außerdem ... habe ich keinen Mentor mehr."
Seufzend blickte Hermine zu Leon und umschloss mit den Fingern ihre Nasenwurzel.
„In Ordnung. Wir können das nun eh nicht mehr ändern, aber", begann meine beste Freundin und blickte zu mir.
„-du musst deine Fähigkeiten üben, Thalia. Auch wenn wir nach den Horkruxen suchen. Es ist wichtig, für dich."
Nach ihrer Ansprache fühlte ich mich schlecht, und das zurecht. Ich hatte mein Training sehr lange schleifen lassen. Vorsichtig begann ich Samiras Kopf zu streicheln, um mich ein wenig abzulenken.
„Ich weiß, Hermine", stimmte ich ihr kleinlaut zu und guckte kurz zu Leon herüber. Dieser sah zwischen uns Mädchen hin und her und wartete ebenso eine Antwort ab. Neben mir bemerkte ich, wie Hermine zustimmend nickte und nun zwischen meinem Beschützer und mir hin und her blickte.
„Was musst du für deine Aufgabe als Seelenwächterin alles können? Oder besser gesagt, woran musst du noch üben?"
In Kürze fasste ich meiner besten Freundin meine Aufgaben zusammen ebenso wie mein Training in Hogwarts.„Also wenn ich das richtig verstanden habe, musst du dich hauptsächlich auf das Seelenbuch konzentrieren, oder?", fragte mich Hermine etwas unsicher.
„So in etwa. Bisher ist das Heraufbeschwören noch anfällig für Stress. Wenn mich etwas stark belastet, dann kann es sein, dass es nicht erscheint", fügte ich noch hinzu und fuhr mir über den Nacken.
„Wir dürfen aber auch nicht außer acht lassen, dass du weiterhin an deiner Verteidigungstaktik arbeiten musst. Auch wenn du darin geübt bist", mischte sich mit einem Mal Leon ein und verschränkte die Arme vor seinem Oberkörper.
„Und wie wollen wir das bewerkstelligen?", fragte ich ihn mit hochgezogener Augenbraue.
„Wie hast du es in Hogwarts gemacht? Ich meine einen echten Umbra, habt ihr ja wohl kaum verwendet", warf das Mädchen neben mir auf ihrem Stuhl ein. Sie fühlte sich sichtlich unwohl, inmitten unserer Diskussion mit Leon zu sein.
„Nein, Snape hat einen Zauber benutzt der einen Schatten erzeugte. Ähnlich wie ein Patronus, nur das dieser keine Wirkung auf mich hatte."
„Kein Irrwicht?", hakte Hermine neugierig nach und blickte mich dabei an.
„Nein, ich wüsste auch nicht, ob er dann auch ein Umbra geworden wäre ... oder etwas anderes."
Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Noch nie in meinem Leben, war ich einem solchen Gestaltwandler je begegnet. Und wenn ich ehrlich war, wollte ich diese Erfahrung auch nicht unbedingt machen. Anscheinend bemerkte Hermine mein Unbehagen und fragte nicht weiter nach. So schwiegen wir alle und nur das leise Knistern des Feuers am Herd, ertönte in der Stille. Ich wollte die Stimmung der anderen beiden nicht drücken, doch der Gedanke an meine größte Furcht, lies mich still werden.
Nach einigen Minuten der Ruhe, in der Hermine wieder begonnen hatte in ihrem Buch zu lesen und Leon wieder sein Feuer heraufbeschworen hatte, wurde mir die Atmosphäre zu viel. Vorsichtig nahm ich Samira auf meinen Arm und stand mit ihr auf. Sofort lagen die Blicke der anderen beiden auf mir.
„Wo willst du hin?", fragte mich mein bester Freund verwundert und ließ seine Flamme erlöschen.
„Ich gehe schon einmal schlafen. Bis morgen", antwortete ich ihm mit einem halbherzigen Lächeln und ging auf den Schlafsaal zu. Augenblicklich betrat ich den Raum, der lediglich von einer der kleinen Öllampen erhellt wurde. Verwundert blickte ich zu Harrys Bett herüber, wo auch die Lichtquelle stand, und konnte ein leichtes Schmunzeln nicht verhindern. Vermutlich musste der dunkelhaarige Junge eingeschlafen sein, denn sein Brustkorb bewegte sich in regelmäßigen, langsamen Abständen und seine Augen waren geschlossen. Sanft setzte ich Samira auf den Boden ab und zückte meinen Zauberstab.
Lumos, dachte ich konzentriert und sofort erschien mit meiner Handbewegung ein kleines, bläuliches Licht an der Spitze des Stabes. Auf leisen Sohlen schlich ich auf Harrys Bett zu und drehte vorsichtig am Rädchen der Lampe. Augenblicklich schrumpfte die Flamme und erlosch. Lediglich mein Zauberstab spendete noch ausreichend Helligkeit, sodass ich den Weg zu meinem Nachtlager fand. Dort tauschte ich meine wärmende Alltagskleidung gegen meine Schlafsachen und kroch schnell unter die flauschige Decke. Kaum lag ich ruhig, sprang auch schon Samira zu mir und rollte sich an meiner Seite zusammen. Mit einem ungesagten Nox erlosch nun auch die Lichtquelle meines Zauberstabes und ließ uns in völliger Dunkelheit zurück. Dadurch, dass der Leinenstoff des Zeltes verhältnismäßig dicht war, drang nur wenig gedämpftes Licht in den Schlafraum. In dieser Dunkelheit und dem leisen Schnurren meiner Beschützerin driftete ich schneller als gedacht in die Traumwelt ab.
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Engel der Finsternis (II.Teil)
FanfictionEs könnte für die Bewohner der Erde und vor allem Hogwarts nicht schlimmer laufen: ihr Schulleiter, Albus Dumbledore, ermordet durch einen ihrer Lehrer, Todesser werden immer häufiger im Zusammenhang mit schrecklichen Folgen gesichtet und der Dunkle...