18.Das Zaubereiministerium (I)

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Es dauerte gerade einmal zehn Minuten, dass zwei Zauberer und eine Hexe auftauchten, die für unseren Plan in Frage kamen. Von Hermine erfuhren wir, dass die Frau, die wir als erstes Schlafen legten, Mafalda Hopfkirch sei und der Mann, in den Ron sich mittels Vielsafttrank verwandelte, Reginald Cattermole hieße. Wer jedoch der hochgewachsene dunkelhaarige Zauberer war, den wir als Letztes abpassten, wusste keiner von uns. Nicht einmal meine beste Freundin wusste es und das sollte etwas bedeuten, da sie in den letzten Wochen jeden erschienen Tagespropheten ausgiebig mit unserer Hilfe studiert hatte. Somit mussten wir das Beste daraus machen und hofften, dass sein Erscheinen nicht zu auffällig war. Als das Trio die Kleidung ihrer Rollen anzogen und den Zaubertrank zu sich nahmen, schlüpfte ich gemeinsam mit Leon und Samira auf meinem Arm unter den Tranumhang. Es war etwas umständlich, sich unter diesen Stoff zu stellen, doch bedeckte er uns tatsächlich komplett, wobei wir uns noch gut bewegen konnten.
„Ist jeder soweit?", fragte Harry noch einmal in die Runde und erhielt ein einstimmiges Gemurmel, das es losgehen könnte.
„Dann können wir ja los gehen. Wir haben nicht viel Zeit."
Als ob wir es mehrere Male geübt hatten, schlüpfte einer nach dem anderen aus der Gasse heraus und lief in Richtung Innenstadt, was ich einem Straßenschild entnehmen konnte. Dadurch, dass meine Beschützer und ich nicht zu sehen waren, mussten wir genauestens aufpassen, dass die Muggel oder andere Zauberer uns nicht entdeckten. Deshalb hielten wir uns nahe bei Hermine auf, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Nach etwa drei Minuten Fußmarsch, wo wir mit Leon beinahe in eine ältere Dame hineingerauscht wären, erreichten wir eine absteigende Treppe. Auf dem Schild war der Schriftzug ‚Öffentliche Toilette' zu lesen, doch wusste ich aus Hermines Erklärungen, dass dies einer der vielen überwachten Eingänge zum Ministerium war. Hierbei trennten sich die Wege von den Jungs und Hermine, während wir gemeinsam an der Seite der verwandelten Hermine blieben. Mit einem unauffälligen Blick zu beiden Seiten zückte diese ihren Zauberstab und tippte einmal auf die Klinke der Damentoilettentür, die ein leises, leicht zu überhörendes Summen von sich gab. Schnell verstaute sie diesen wieder in ihrem Kostüm und betrat flink, von uns gefolgt die Sanitäranlage. Im Inneren waren, anders als erwartet, mehrere Reihen vor den blaugrauen Toilettentüren. Doch in einem nicht vorgegebenen Takt hörte ich immer erst das Rauschen der Toilette, dann das Klicken des Türschlosses, gefolgt von dem Klappern mehrerer Paar Schuhe, mit denen offensichtlich neue Hexen in die Kabinen gingen. Ohne zu zögern, stellten wir uns an Hermines Seite, wobei wir darauf bedacht waren uns so schmal wie möglich zu machen, um kein Aufsehen zu erregen. Vorsichtig schielte ich zu meinen Beschützern, denen die Situation ganz und gar nicht zu gefallen schien, abgesehen davon, dass Leon sich auf der Damentoilette befand.
Nachdem die zwei Hexen vor uns verschwunden waren und die Tür ein Klicken von sich gab, dass sie wieder einsatzbereit sei, öffnete meine beste Freundin ein wenig langsam die Kabine, damit wir zuerst hinein schlüpfen konnten. Kaum, dass meine Beschützer und ich im Inneren standen, betrat Hermine die Toilette und schloss die Tür hinter sich.
„Seid ihr drei noch da?", fragte sie kaum hörbar in die Kabine und blickte ein wenig an mir vorbei.
„Ja das sind wir", entgegnete ich ihr genauso leise, was sie mit einem Nicken zur Kenntnis nahm und auf die Toilette zuging. Dieser Part des Planes war ein wenig unangenehm, denn sowohl Leon als auch ich verstanden es nicht, wie die Zaubererwelt darauf kam, dass sich das Herunterspülen als gute Transportart eignen würde. Mit leicht verzogenen Gesicht, was niemand außer meinen Beschützern auffallen konnte, betrachtete ich das Szenario, wie Hermine in Mafalda Hopfkirchs Absatzschuhen in die Porzellanschüssel stieg und ein leises Wasserplätschern zu hören war. Nun war der Moment gekommen, an dem wir nur spekuliert hatten, ob es funktionieren würde. Denn als Hermine und ich die Möglichkeiten durchgegangen waren, konnten wir nicht mit Sicherheit sagen, ob wir mit ihr kommen, wenn wir uns an ihr festhalten würden. Nun hieß es also hoffen und an Hellmir appellieren, dass es klappen würde. Gemeinsam kletterten wir mit Leon auf die Klobrille und hielten uns jeweils an Hermines Arm fest. Währenddessen umklammerte ich Samira umso fester mit dem anderen Arm und Leon den Tarnumhang. Mit einem kurzen Nicken von Hermine umschlossen ihre Finger die Kette der Toilettenspülung und zogen kräftig daran. Augenblicklich bildete sich zu ihren Füßen ein starker Strudel aus Wasser und zog sie mit sich, aber glücklicherweise uns auch. Mit einem ungeheuren Tempo drehten wir uns um eine Achse und wurden, ähnlich wie beim Apparieren in einen Wirbel aus den verschiedensten Farben und Lichtblitzen gezogen, bis zum Schluss nur noch ein grünes Licht übrig blieb und sich als Flammen herausstellte. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, verschwanden diese so schnell, wie sie gekommen waren, und gaben uns ein neues Sichtfeld preis. Mit schnellen Schritten traten wir aus einem Kamin heraus und standen in der schwarz gekachelten Eingangshalle des Ministeriums. Um uns herum erschienen immer wieder grelle grüne Flammen und gaben neu ankommende Zauberer und Hexen preis. Überwältigt von diesem Anblick sah ich mich um und bemerkte nur unterbewusst, wie Leon den Tarnumhang kontrollierte, ob er noch richtig über uns lag.
„Kommt! Wir warten vorn auf die Jungs", wisperte Hermine leise in unsere Richtung und ging schnell mit dem Strom. Eilig folgten wir ihr und ließen kaum Platz zwischen ihrem Rücken und uns, damit keiner meine Beschützer und mich bemerkte. Während wir auf ein großes, rundes Atrium zusteuerten, in dessen Mitte eine große Statue aus weißen Marmor stand, fielen mir überall verteilt stehenden Wachen auf. Mit kritischen Blick musterten sie jeden, der auf sie zukam. So auch Mafalda Hopfkirchs Erscheinung, doch nickten sie ihr lediglich zu. Als wir diese hinter uns gelassen hatten, fiel mir erst da auf, wie stark mein Herz vor Aufregung schlug. An Hermines Seite stellten wir uns vor die Statue, die sich als riesiger Brunnen herausstellte. Doch anders als ich es aus Albus Erzählungen kannte, standen vor mir nicht die erwarteten Silhouetten eines Zauberers und einer Hexe, die umringt waren von einem Zentauer, eines Koboldes und eines Hauselfens. Neben Hermines Imitation als Mafalda bemerkte ich eine Bewegung und realisierte erst beim zweiten Mal hinsehen, dass es sich um Harry und Ron handelte.
„Sind das ...", begann Harry unsicher und leise und blickte zu dem großen Block, der mehrere Menschen unter sich zu erdrücken drohte. Auf ihm war der Satz ‚Magie ist Macht' eingemeißelt worden und schimmerte auf magische Weise immer wieder einmal auf.
„ ... Muggel. Da wo sie ... hingehören", hauchte Hermine entsetzt und konnte ihren Blick nicht abwenden.
„Wie lange hattest du gesagt, hält die Wirkung des Vielsafttrankes an, Hermine?", wisperte nun Ron und blickte sich ein wenig nervös um.
„Ich weiß nicht mehr genau. Vielleicht ein oder zwei Stunden?"
Es klang vielmehr nach einer Frage als nach einer Antwort, doch auch mir viel vor Schreck die Dauer des Zaubertrankes nicht ein. Wir konnten also nur das Beste hoffen, dass er lange genug anhielt. Mit einem kurzen Nicken seines Kopfes deutete Harry uns an, ihm zu folgen.
„Thalia, Leon, seid ihr noch da?", flüsterte er in Gestalt des hochgewachsenen Mannes uns zu.
„Ja sind wir", antwortete ihm dieses Mal mein bester Freund, was Harry mit einem Zucken seiner Mundwinkel zur Kenntnis nahm. Mit großen Schritten führte er uns an diesem erschreckenden Brunnen vorbei in ein kleineres Atrium, in dem mehrere käfigartige Räume waren. Höchstwahrscheinlich waren dies die Aufzüge, von denen uns die anderen berichtet hatte. Zusammen stellten wir uns in einem ebendieser und Ron wollte schon einen Knopf zum Losfahren drücken, als ein platinblonder Zauberer die sich bereits schließenden Türen aufhielt.
„Cattermole, es regnet immer noch in meinem Büro. Schon seit zwei Tagen", sprach er Ron an und betrachtete ihn mit einem grimmigen Gesichtsausdruck. Neben mir bemerkte ich, wie Leon ihn kritisch musterte und Samira sich auf meinem Arm bewegte. Beruhigend strich ich ihr über den Kopf und augenblicklich wurde sie ruhiger.
„Dann wäre ein Schirm angebracht", kam es nur überfordert von Ron und knetete nervös seine Handinnenflächen. Ohne jegliche Regung betrachtete der Zauberer in dem dunkelblauen Anzug den Mann, dessen Gestalt der Rotschopf angenommen hatte.
„Ich bin gerade auf den Weg nach unten, Cattermole."
„Nach unten?", wiederholte Ron mit erhöhter Stimme und starrte ihn an.
„Wenn ich an Ihrer Stelle wäre und der Blutstatus meiner Ehefrau wäre unklar, würde ich schleunigst das tun, was mir mein Vorgesetzter auftragen würde", erwiderte der Zauberer lediglich und verschwand mit einem grimmigen Lächeln. Kaum war seine Gestalt nicht mehr an der Kabinentür, schloss sich diese auch schon und mit einer schnellen Bewegung griffen die anderen oben nach einer Schlaufe, doch ehe ich begreifen konnte, was dies zu bedeuten hatte, setzte sich die Kabine ruckartig nach hinten in Bewegung. Durch die abrupte Kraft wurden Leon und ich nach hinten an die Wand gestoßen, was mich kurz schnaufen ließ.
„Alles in Ordnung bei euch?", fragte Hermine besorgt und sah in meine Richtung.
„Ja alles gut", erwiderte ich lediglich und versuchte mich an der Wand festzuhalten.
„Was soll ich jetzt nur tun? Meine Frau ist da unten ... ganz alleine", meinte Ron ganz erschrocken, wobei ich seinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte.
„Ron, du hast keine Frau", erwiderte Harry ein wenig belustigt aber gleichzeitig auch streng und blickte zu seinem besten Freund.
„Ach ja stimmt", kam es lediglich von dem Angesprochenen.
Einige Augenblicke blieb es still und nur das Rauschen des Fahrstuhls war zu hören, bis eine Frauenstimme verkündete, dass wir im zweiten Geschoss angekommen waren. Mit einem metallenen Klappern öffnete sich die Tür und Ron drehte sich zu uns um.
„Wie soll ich bloß diesen Regen stoppen?"
„Versuche es mit ‚Finite Incantatem'", kam es von Hermine und blickte Ron aufmunternd an. Wiederholend murmelnd trat Ron nach draußen in den menschenleeren Raum und sah wieder zurück zu uns, als sich auch schon die Türen schlossen.
„Und wenn das nicht hilft?", fragte er uns, als sich auch schon der Aufzug wieder in Bewegung setzte und uns von ihm fortbrachte.
„In Ordnung, jetzt müssen wir nur noch Umbridge finden und erfahren, wo sich das Medaillon befindet."
Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, hielt der Fahrstuhl ein weiteres Mal an und wir erstarrten zu Salzsäulen. Vor der Tür, die sich gerade öffnete, stand eine kleine braunhaarige Hexe in einem pinken Kostüm und blickte von ihrem Klemmbrett auf.
„Ah Mafalda, da sind Sie ja. Nach Ihnen habe ich bereits gesucht für die Verhandlung", begrüßte Dolores Umbridge Hermine mit einem säuselnden Unterton und gesellte sich zu uns in die Kabine. Nervös hielt ich die Luft an, da die gesuchte Hexe genau vor uns stand.
„Albert, wollen Sie nicht aussteigen?", fragte die Hexe Harry süßlich, wobei es eher wie eine Art Befehl klang. Als sie den Vornamen aussprach, wusste ich auch mit einem Mal, wen Harry abgepasst hatte. Ich erkannte ihn nun aus dem Tagespropheten als Albert Runcorn, einem leitenden Mitarbeiter der Strafverfolgungskomission. Steif stieg Harry aus dem Aufzug und blickte zurück, wie wir mit der in pink gekleideten Hexe weiterfuhren. Während der ganzen Fahrt blieb es ruhig in dem Aufzug, schräg vor mir bemerkte ich Hermines steife Haltung ebenso die von Leon. Auch Samira gefiel die Situation ganz und gar nicht, denn ich spürte, wie sich ihr Fell anfing leicht zu sträuben. Nur mit Mühe konnte ich sie davon abhalten zu knurren und atmete geräuschlos aus. In diesem Moment hielt der Aufzug und die Frauenstimme verkündete, dass wir auf der Verhandlungs- und Gerichtsebene angekommen seien. Kaum schwang die Aufzugstür zur Seite, trat Umbridge aus ebendiesen und schnell folgten wir ihr.
„Heute stehen zwei geplante Verhandlungen an. Die erste ist Marry Cattermole, deren Blutstatus nicht geklärt ist. Wenn Sie mich fragen, sollte man alle muggelstämmigen Zauberer und Hexen aus der Gesellschaft ausschließen. Sie beschmutzen unser Können und unsere Abstammung. Finden Sie nicht auch?", fing die Hexe an zu reden und überreichte Hermine dabei einige Unterlagen von ihrem Klemmbrett. Bei ihrer Frage blieb sie stehen und sah dabei abwartend zu meiner besten Freundin. Diese schluckte kurz, ehe sie ihr stumm zu nickte.
„Sehr schön, Mafalda. Nun denn wollen wir? Immerhin müssen wir noch einige Vorkehrungen treffen."
Was sie damit meinte, sollten wir innerhalb weniger Minuten herausfinden.

Während wir durch eine geöffnete Tür den, so vermutete ich, Gerichtssaal betraten, bemerkte ich eine unangenehme Kälte und musste aufpassen, dass man meine Atemluft nicht durch den Tarnumhang bemerkte. Mit einem leichten Stoß in Leons Seite wies ich ihn darauf hin, was er stumm zur Kenntnis nahm. Als ich schließlich zur Decke sah, wusste ich auch, warum es hier so kalt war. Über uns befanden sich bestimmt zwanzig Dementoren, die von einem Patronus in Schach gehalten wurden. Als die Ministeriumshexe an einem Wächter vorbei kam, nickte sie ihm hochmütig zu und zückte ihren Zauberstab. Kurz darauf entsprang diesem eine grelle, hellblaue Katze und ersetzte den bisherigen Patronusschild. Leichtfüßig erklomm die Hexe einige Treppenstufen und ließ sich auf einem hervorgehobenen Podest nieder, während Hermine unter ihr Platz nahm, wo der Name Mafalda Hopfkirch stand. Wir gesellten uns direkt neben sie und waren darauf bedacht keinen Mucks von uns zu geben. Dabei betrachtete ich Hermine, wie sie nervös den Saal betrachtete. Weder ihr noch uns gefiel die gesamte Situation und doch konnten wir momentan nichts weiter unternehmen, als abzuwarten, wann sich eine Gelegenheit bieten würde.
„Bringt die Angeklagte Marry Cattermole nach vorn", ertönte die süßliche Stimme der Hexe und zwei Wächter führten eine verängstigte Hexe in den Gerichtssaal.

Engel der Finsternis (II.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt