2.Überraschendes Geschenk

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Weder Leon noch ich wussten, wer von uns, wie anfangen könnte. Denn jetzt im Nachhinein war es doch ein wenig verworren für Außenstehende. Da wir jedoch nicht für immer schweigen konnten, holte ich kurz und geräuschlos Luft und straffte meine Schultern.
,,Um unsere Ankunft erstmal kurz zu erklären: es war Dumbledores Plan mich zu einem Ordensmitglied zu schicken. Jedoch weiß ich erst seit kurzem, dass es hier her gehen sollte von Professor McGonagall. Sie ist übrigens wahrscheinlich noch unten und beredet noch etwas mit eurer Mutter", stellte ich zum Anfang hin klar und erntete von Ron und Ginny abermals erstaunte Blicke.
,,Warum ist unsere Hauslehrerin denn hier?", fragte Ron mich und legte seine Stirn in Falten.
,,Sie hat uns hierher gebracht. Zu Thalias Sicherheit", antwortete nun Leon und begann Samira zu streicheln, die sich in die Mitte des Bettes gesetzt hatte. Genüsslich fing diese daraufhin an zu schnurren und sich an seine Hand zu schmiegen. 
,,Tut mir leid, dass habe ich glatt vergessen. Es ist nur so ungewohnt, dass jemand anderes nun genauso viel Schutz braucht wie Harry", meinte Ron ein wenig verlegen und blickte mich entschuldigend an. Mit einer wegwerfenden Bewegung zeigte ich ihm, dass es für mich nicht so schlimm war.
,,Glaube mir, das würde mir deutlich besser gefallen. Aber wie Leon es bereits gesagt hatte, kam Professor McGonagall mit, um uns sicher hierher bringen zu können. Ihr müsst wissen zwei Abende, vor dieser...Nacht, hatte mich Albus zu ihm gerufen. Er wollte auf Nummer sicher gehen, dass der Schutz, den er meinen Eltern versprach, auch in diesem Falle, für mich da sein sollte. Er erklärte mir, dass ich im Sommer dann unter dem Schutz des Ordens stünde zusammen mit Harry. Und mit unserer Lehrerin hatte er die Details besprochen, wie die Reise, der Schutz und alles andere für uns Drei  vorbereitet werden sollte. Was sie aber unten mit eurer Mutter bespricht, kann ich euch nicht genau sagen. Aber ich vermutete, dass es sowohl um Harry als auch um mich gehen wird", beendete ich meine Erklärung und sah in nachdenkliche Gesichter.
,,Das kann ich mir schon vorstellen, dass es um euch beide geht", meinte Ginny und sah mich dabei an.
,,Wissen Mum und Dad eigentlich, woher ihr kommt? Also, wissen sie die Wahrheit über euch?", beteiligte sich Ron wieder an dem Gespräch und gestikulierte dabei mit seinen Händen zwischen Leon und mir. Verneinend schüttelte ich den Kopf.
,,Was euren Eltern genau erzählt wurde, kann ich euch nicht sagen. Vermutlich die gleiche Geschichte, die ich für Hogwarts genutzt habe, nur dass ich in Gefahr stehe. Albus wollte wahrscheinlich, dass ich es ihnen erzähle, damit sie mich unvoreingenommen kennenlernen."
,,Glaube mir, dass hätte keinen Unterschied gemacht. Harry haben sie auch von Anfang an normal behandelt, obwohl ihn die ganze Zaubererwelt kennt", entgegnete mir Ron mit ein Schulterzucken. Etwas davon beruhigt lächelte ich ihn an und blickte dann zu Samira, die sich mittlerweile von Ginny am Rücken kraulen ließ.
,,Mag sein, dass Harry eine wirklich außergewöhnlich und vor allem schlimme Vergangenheit hatte. Das will ich nicht bestreiten, aber die Prinzessin aus einer anderen Welt ist ein, wie sagt ihr hier...ach ja ganz anderes Kaliber", warf nun Leon ein, welcher ein wenig missmutig wirkte. Im passte es wahrscheinlich nicht, dass ich und die damit verbundene Gefahr, mit der von Harry gleichgesetzt wurde. Weiß Hellmir, warum das so war.
Noch bevor Ron oder Ginny Luft holen konnten, ertönte aus dem Erdgeschoss die laute Stimme von Mrs Weasley.
,,Würdet ihr alle noch einmal herunter kommen? Jetzt gleich!"
Ihr anfangs gestellte Frage klang dabei aber nicht wie eine, sondern eher wie ein sanft gestellter Befehl. Ohne weiter zu zögern, standen wir gefolgt von einer verwirrten Samira von dem Bett auf und verließen nach einander Ginnys Zimmer. Wie schon bei unserem Aufstieg, fingen die Holzstufen unter unseren Schuhen an zu knarren. Was ihnen schon zum zweiten Mal an diesem Tag einen skeptisch überprüfenden Blick von Leon einhandelte.
,,Wenn du so weiter zerknirscht drein blickst, hast du bald Falten", flüsterte ich meinem besten Freund zu und erhielt als Antwort nur ein sarkastisch gemeintes 'Sehr witzig!' von ihm.
Unten im Erdgeschoss angekommen, trotteten wir fünf in die Küche, in der immer noch die beiden Frauen standen und uns abwartend betrachteten.
,,Mr und Ms Weasley, schön sie beide wiederzusehen", begrüßte unsere Hauslehrerin die beiden Geschwister und nickte ihnen knapp zu, ehe sie sich der Gruppe wieder im Allgemeinen wieder zuwandte. Mir warf sie dabei besonders einen achtsamen Blick zu.
,,Ich werde die nächsten Minuten wieder nach Hogwarts aufbrechen. Und ich bin froh, dass es dir und deinem Mann keine Umstände bereitet, Ms Rave und Mr Cervis aufzunehmen, Molly."
,,Mach dir darüber keine Gedanken, Minerva. Wenn Dumbledore es als wichtig betrachtet hat, dann werden wir seine Bitte auch ernst nehmen", entgegnete die rothaarige Hexe und sah Leon, Samira und mich herzlich an. Zufrieden nickte Professor McGonagall und wandte sich wieder an mich.
,,Ms Rave, ich würde Sie noch einmal kurz vor der Haustür sprechen wollen. Auf Wiedersehen."
Ohne auf eine Antwort meinerseits zu warten, drehte sich meine Lehrerin um und schritt bereits zum Ausgang, weshalb ich ihr zügig nach draußen folgte. Sofort berührte eine sanfte, angenehm warme Brise meine Haut und löste ein leichtes Kribbeln in mir aus. Ein paar Schritte vom Haus entfernt blieben wir stehen, weshalb ich sie nun fragend ansah.
,,Ich weiß, dass Sie nun über diesen Gesprächswunsch meinerseits verwundert sind. Aber ich wollte Sie noch ein letztes Mal allein sprechen, bevor wir uns für eine lange Zeit nicht mehr wiedersehen. Ich hätte es mir sehr für sie beide, Sie und Mr Potter, gewünscht, dass sie den Schutz von Hogwarts und Albus noch länger hätten genießen können. Da nun aber dieser Fall eingetreten ist...", begann sie, ließ jedoch den letzten Satz in der Luft hängen.
,,Bevor Professor Dumbledore mit Mr Potter aufbrach, suchte er mich ein letztes Mal auf und bat mich Ihnen das hier zu überreichen, wenn Sie unter dem Schutz des Ordens stünden. Er hatte die Befürchtung, dass es sonst irgendwie in die Hände des Ministeriums geraten wäre, wenn es keiner von uns verwahrt hätte."
Augenblicklich griff sie in eine ihrer Umhangstaschen und zog ein schwarzes Samtsäckchen hervor. Etwas ratlos sah ich mir es an und erkannte, als ich es in die Hand nahm, dass der Inhalt mehrere kleine Phiolen enthalten musste und ein Stückchen Pergament.
,,Vielen Dank, Professor. Aber hat Ihnen Albus auch gesagt, wofür es ist?"
,,Genaues sagte er nicht zu mir, er meinte nur, dass es mit einem Thema bei Ihrer Ankunft in Hogwarts zu tun hat und er Ihnen einen Hinweis in dem Säckchen hinterlassen hat", antwortete sie mir ebenfalls ein wenig ratlos und betrachtete das rätselhafte Packet auch ein wenig neugierig. Langsam nickte ich, wusste jedoch noch nicht ganz, worum es sich dabei handeln sollte. Vorsichtig ließ ich meine Hände mit dem Geschenk sinken und sah wieder aufmerksam zu meiner Lehrerin. Auch sie betrachtete mich mit ebendiesen Blick, wobei ich aber auch einen Funken Traurigkeit in ihren Augen erkennen konnte.
,,Es heißt nun Abschied nehmen, Ms Conjuratus", entgegnete meine Professorin und ich war erstaunt darüber, dass sie meinen richtigen Namen verwendete. Es war mittlerweile seltsam nicht mit meinem Decknamen angesprochen zu werden.
,,Sie sind wirklich eine überaus begabte Hexe, sowie Ihre Freundin Ms Granger. Ich hoffe für Sie und die Anderen, auf ihrer Suche, dass ihnen nichts schlimmes geschieht."
,,Ich danke Ihnen, Professor McGonagall. Und bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie mir in Hogwarts und auch jetzt noch helfen meine Identität zu verstecken. Das hätte nicht jeder gemacht. Also Danke, für alles", bedankte ich mich bei ihr und erntete dafür eines ihrer seltenen warmen Lächeln. Einige Sekunden blieb es still, bis meine Lehrerin wieder das Wort ergriff.
,,Viel Glück, Ms Conjuratus. Ich hoffe, dass wir uns wiedersehen."
Und mit diesen Worten wandte sie sich um und lief wieder in die Richtung der Appariergrenze.
,,Das hoffe ich auch", wisperte ich, in dem Wissen, dass sie mich gar nicht mehr hören konnte. Ich beobachtete, wie die Silhouette meiner Lehrerin immer kleiner wurde und irgendwann auf magische Weise verschwand. Noch eine Minute oder zwei stand ich regungslos da und starrte auf den Fleck, an dem sie verschwunden war. Doch dann raffte ich mich dazu auf wieder zu den Anderen zu gehen und lief die paar Meter zurück. Als ich die Küche wieder betrat, erwarteten mich lediglich Leon und Samira mit einem erwartungsvollen Blick. Fragend blickte ich mich nach den Weasleys um.
,,Mrs Weasley und Ginny sind gemeinsam in ihr Zimmer gegangen, um dein Feldbett aufzustellen. Ron ist in seinem Zimmer und macht das selbige für mich", unterrichtete mich mein bester Freund. Dankbar nickte ich ihm zu und hob das kleine schwarze Säckchen hoch, damit er es sehen konnte.
,,Professor McGonagall hat es mir gegeben, in Albus' Auftrag. Ich habe keine Ahnung, um was es sich dabei handelt. Es sind auf jeden Fall Phiolen und ein Stück Pergament", sagte ich, bevor er eine Frage stellen konnte. Neugierig, jedoch auch argwöhnisch betrachtete er das Säckchen in meiner Hand. Ich sah ihm an, dass es ihm auf der Zunge brannte in Erfahrung zu bringen, was der mysteriöse Inhalt war, doch hielt er sich mit dieser Neugier zurück. Er wusste, dass es momentan noch nicht der richtige Augenblick war. Deshalb ließ ich es vorsichtig in eine meiner Manteltaschen gleiten und das keine Sekunde zu früh, denn augenblicklich ertönten schnelle Schritte auf der Holztreppe, die sich uns näherten. Es war Mrs Weasley, die um die Ecke kam und uns freundlich ansah.
,,Ah du bist wieder da, Thalia. Schön, schön. Ich habe Ron und Ginny gesagt, dass sie euer Nachtlager schon einmal aufbauen sollen. Leon wird dir sicherlich schon Bescheid gegeben haben, dass du bei Ginny schlafen wirst. Ihr könnt ja wieder zu ihnen nach oben gehen. Ich werde derweil schon mal alles fürs Abendessen vorbereiten", begann sie in einem beachtlichen Tempo und einer Tonlage, die keinen Widerspruch zu ließ.
,,Brauchen Sie denn keine Hilfe in der Küche?", fragte ich sie etwas verwirrt. Erstaunt sah sie zu mir, ehe sie sich mit einer wegwerfenden Handbewegung einem Schrank zuwandte und ihn öffnete.
,,Danke, für dein Angebot. Aber ich werde das schon alleine schaffen. Geht ihr ruhig hoch. Ich rufe euch schon, wenn ich eure Unterstützung brauche."
Mit einem kurzen Schulterzucken zu Leon wandte ich mich mit einem 'In Ordnung' auf den Lippen um. Zu dritt machten wir uns wieder auf den Weg zu Ginnys Zimmer, deren Zimmertür dieses Mal offen stand. Sie saß wieder auf ihrem Bett und blickte von einem Quidditchmagazin auf, als ich im Türrahmen erschien. Sie hatte bereits mein Feldbett fertig hergerichtet zwischen ihrem Bett und dem Schreibtisch aufgestellt und eine Decke sowie ein Kissen darauf abgelegt.
,,Wo ist denn Ron?", fragte Leon sie verdutzt, als er den rothaarigen Jungen nicht in ihrem Zimmer sah.
,,Ach der wird oben immer noch mit der Bettdecke zu kämpfen haben. Als ich gerade noch oben war, hatte er sich den Bettbezug um seinen Bauch geschlungen und sich nicht mehr lösen wollen", antwortete Ginny ruhig, als wäre es das normalste auf der Welt.
,,Bin ich froh, dass es so etwas nicht bei uns gibt", murmelte er gerade laut genug, dass auch Ginny es hören konnte. Sie sagte nichts dazu, jedoch brauchte  sie dies auch nicht, da ihr Grinsen Bände sprach. Mit einem Male hörte ich, wie im oberen Stockwerk eine Tür zufiel und ein paar Sekunden später ein leise vor sich hin murmelnder Ron bei uns im Türrahmen erschien.
,,Halten wir neuerdings die Versammlungen im Treppenhaus ab?", fragte er uns verwundert, eher wir uns in Bewegung setzten und uns wieder zu Ginny gesellten. Die restliche Zeit über besprachen wir nichts von Belang. Mal drifteten wir zu Quidditch ab und dann mal wieder zu dem kurzem Besuch von Professor McGonagall. Das schwarze Säckchen erwähnte ich jedoch nicht. Warum konnte ich mir selber nicht einmal beantworten. Mittlerweile war die Sonne ein ganzes Stück tiefer gesunken und es würde nicht mehr lange Dauern, bis es zum Sonnenuntergang kommen würde. Leon und ich lauschten gerade wieder einer hitzigen Diskussion zwischen Ginny und Ron, die sich wegen ihrer jeweiligen Lieblingsmannschaften stritten, als Mrs Weasleys im Haus zu hören war.
,,Kinder, es gibt in ein paar Minuten Essen. Deckt ihr bitte schon einmal den Tisch?"
Es war eher eine Aufforderung, als eine Frage, seitens  der Mutter von Ron und Ginny. Doch ohne auch nur ein Wort dazu zu verlieren standen wir gemeinsam mit Samira im Schlepptau auf. Nacheinander stiegen wir wieder die Treppe nach unten und traten in die Küche zu Mrs Weasley, in der es schon herrlich nach dem Abendessen duftete.
,,Ach da seid ihr ja schon", meinte Molly Weasley, als sie zwischen Töpfen und dem Ofen hin und her wuselte, während auf einer Arbeitsfläche ein Schneebesen Schlagsahne in einer Schüssel schlug. Kurz wandte sie sich zu uns um und deutete auf den kleinen Stapel an Tellern, Besteck und Gläsern, ehe sie sich wieder ihrer Küche zuwandte. Zögernd folgte ich Ginny und half ihr, die Teller auszuteilen, während Leon das Besteck verteilte und Ron auf jeden Platz ein Glas abstellte.
,,Ginny, Schatz, würdest du mal nachsehen, ob dein Vater schon auf dem Weg nach Hause ist, oder ob wir noch warten müssen? Gucke auch gleich einmal nach, wie es bei Fred und George aussieht."
,,Mache ich, Mum", antwortete Ginny ihr. Als sie meinen verwirrten Blick bemerkte, musste sie leicht grinsen.
,,Stimmt ja, du kennst unsere Uhr noch nicht. Komm mal mit", wies sie mich an und gemeinsam mit Samira folgte ich ihr in das angrenzende Wohnzimmer zu einer großen Standuhr aus dunklem Holz. Doch anders als gedacht, waren dort keine zwei Zeiger und ein normales Ziffernblatt für die Uhrzeit. Auf dem golden schimmernden Metall waren kreisförmig Ortsangaben vermerkt. Schule, auf Arbeit, unterwegs und einige andere Dinge waren vermerkt und neun Zeiger mit Namen und Gesichtern wiesen auf sie.
,,Diese Uhr zeigt einem an, wo die anderen Mitglieder unserer Familie sich ungefähr aufhalten. Guck", sagte sie und deutete auf Zuhause," Mum, Ron und ich sind bei Zuhause vermerkt. Bill, Charlie und Percy sind jeweils verteilt bei auf Reisen und auf Arbeit. Das sind meine anderen Brüder. Und hier", rief sie und deutete auf drei andere Zeiger," sind Dad und die Zwillinge. Sie sind bereits auf dem Weg zu uns. Du musst wissen, Fred und George kommen immer am Wochenende wieder hier her und reisen Sonntag für ihr Geschäft wieder zurück nach London."
Fasziniert nickte ich und betrachtete die Uhr und ihre jeweiligen Zeiger. Immer wieder war ich überwältigt von der irdischen Magie, selbst nachdem ich bereits ein Jahr in der Zaubererwelt verbracht hatte.

Engel der Finsternis (II.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt