17.Gefährlicher Plan

74 8 0
                                    

Der gestrige Tag verging nach dem Verschwinden Lupins und dem Lesen des Tagespropheten eher schleppend und die Stimmung war im Allgemeinen gedrückt. Besonders Harry hatte sich emotional ein wenig von uns abgekapselt und war am Ende noch missmutiger, als Kreacher nicht auftauchte.
Somit herrschte im Blackschen Anwesen eine beunruhigende Stille, die sich auch nicht bei dem Abendessen legte. Niemand wagte es wirklich, zu reden, und schon gar nicht mit dem schwarzhaarigen Jungen. Wir alle wussten, dass der Artikel nur eine Fassade vor der Öffentlichkeit war, die der neue Minister für Zauberei Pius Thicknesse errichtet hatte. Nur beschäftigte mich ein Punkt seiner Erklärung, bezüglich der angeblichen Befragung zu Albus' Tod. Jeder, der nicht auf der dunklen Seite stand, wusste, oder ahnte es zumindest, dass dieser Pius zu den Anhängern Voldermorts gehörte oder von ihnen kontrolliert wurde.
In der Nacht von Dumbledores Ermordung hatte mich die Hexe Bellatrix Lestrange gesehen und sie war garantiert nicht so dumm, um jede erdenkliche Spur zu Harry sich entgehen zu lassen. So wie ich sie zumindest einschätzte, würde sich die Todesserin diese Chance auf Ruhm vor Voldemort nicht entgehen lassen. Wieso wurde also auch ich nicht gesucht? Wenn die Todesser das Ministerium und damit den Tagespropheten unter Kontrolle hatten, wäre es für sie doch ein Leichtes nach mir zu fahnden. Doch diese Bedenken hatte ich bisher für mich behalten, denn weder wollte ich die anderen weiter beunruhigen, noch wusste ich, ob ich mit meiner Vermutung diesbezüglich und den Umbrae richtig lag.

Somit verbrachten wir allesamt die nächsten zwei Tage damit, uns hauptsächlich im Haus zu bewegen und abwechselnd die zwei Zauberer vor dem Anwesen zu beobachten. Doch unternahmen diese nie etwas Auffälliges oder Nennenswertes, was uns hätte in Alarmbereitschaft versetzen können. Sie standen nahezu regungslos unter der alten Eiche und starrten die Backsteinmauer an.
Auch bei uns tat sich nicht viel, denn während Leon seine Flammenfähigkeit übte und Hermine versuchte Ron das Klavier Spielen beizubringen, las ich zum wiederholten Male das Buch über Hellmir, was ich mir damals in der Bibliothek ausgeliehen, immer wieder verlängert hatte und durch die vergangenen Vorkommnisse nicht zurückgeben konnte. Samira machte es sich derweil immer auf meinem Schoß gemütlich und beobachtete den goldenen Schnatz, den Harry beinahe jede Minute um sich herumschwirren ließ, mit großen Augen.
Auch jetzt saßen wir wieder in dieser Konstellation da und schwiegen uns an. Nur die sanften Töne der Klaviertasten durch Hermine und die teilweise falschen Töne von Ron folgend, erfüllten den Raum. Alles war ruhig, bis auf einmal meine Beschützerin ruckartig ihren Kopf hob, in demselben Moment als ein lauter Knall aus der Küche ertönte. Erschrocken zuckte ein jeder von uns zusammen, bis wir realisierten, was dieser Tumult bedeutete. Augenblicklich sprangen wir alle mit gezückten Zauberstäben auf und rannten in den anderen Raum des Erdgeschosses. Schon im Flur konnte man eine laut fluchende Stimme hören und, wie einige Sachen umgeworfen wurden.
„Runter von mir! Weg ihr beiden!"
Mit gerunzelter Stirn betrat ich nach dem goldenen Trio gemeinsam mit Leon und Samira die düstere Küche. Als ich jedoch das Szenario wahrnahm, was sich uns dort bot, legte ich ein wenig verwirrt und auch belustigt den Kopf schräg. Am anderen Ende des Raumes stolperte ein kleiner Mann in einem dunkelvioletten Streifenanzug und goldenen Ketten um den Hals die wenigen Stufen von der Speisekammer herunter. Jedoch nicht allein, denn um seinem Hals klammerte sich ein wild entschlossener Kreacher und am linken Bein des verdächtigen Zauberers hing ein weiterer Elf.
„Dobby!", rief Harry überrascht, jedoch auch erfreut aus.
„Harry Potter! Dobby ist so froh Sie wieder zusehen", rief der kleine Elf erfreut aus, wobei er das Bein von Mundungus Fletscher weiterhin umklammerte. Leicht belustigt von dem ganzen Szenario, wie Kreacher versuchte sich an der Nase des Mannes festzuhalten und wie sie allesamt die Stufen herunter taumelten, konnte ich mir ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Doch ehe ich weiter denken konnte, stolperten die drei und fielen auf einen Haufen. Schnell richteten sich die beiden Elfen auf und blickten erwartungsvoll zu Harry.
„Kreacher hat wie befohlen den hinterhältigen Dieb ausfindig gemacht und hier in das Haus seiner Familie gebracht", meinte der alte Hauself mit knorriger Stimme und neigte leicht den Kopf. Während seiner kurzen Schilderung hatte sich der Zauberer wieder vom Boden aufgerappelt und wischte sich kurz über den Anzug.
„Expelliarmus!", ertönte es von Hermine schnell und im hohen Bogen flog der Zauberstab des Zauberers in ihre geöffnete Hand.
„Hey, was soll das denn? Hetzt mir hier diese unausstehlichen Elfen auf den Hals", beschwerte sich Mundungus an niemand Bestimmtes gerichtet. Doch zuckte er bei seiner Schimpftirade zusammen, als Kreacher die Bemerkung über ihn und Dobby mit einem Knurren kommentierte. Dieser besagte kleinere Elf hatte sich mit Hilfe eines Küchenstuhls auf den Tisch gehievt und blickte mit seinen großen Augen zu Harry.
„Dobby hat nur versucht zu helfen. Dobby hat Kreacher in der Winkelgasse gesehen, was Dobby ziemlich merkwürdig fand. Und dann hat Dobby gehört, wie Kreacher den Namen Harry Potter erwähnte. Und dann-", begann der kleine Elf mit aufgeregter Stimme und nestelte dabei an seinen Fingern. Unterdessen war ihm auch der andere Elf auf den Tisch gefolgte und versuchte ihn bei Seite zu drängen, um höchstwahrscheinlich mit dem schwarzhaarigen Jungen zu reden. Doch ließ sich Dobby davon nicht abhalten und wehrte jeden Versuch ab.
„Und dann hat Dobby gesehen, wie Kreacher mit diesen Dieb geredet hat und-"
„Was heißt hier Dieb, du kleiner...", unterbrach ihn augenblicklich Mundungus Fletscher mit einer empörten Stimme. Jedoch verstummte er gleich wieder, als er wieder Kreachers Knurren hörte.
„Ich bin ein tüchtiger Geschäftsmann, der seltene Kuriositäten vertreibt", erwiderte der Zauberer nach einem kurzen Räuspern und strafft dabei seine Schultern.
„Es weiß doch jeder, dass du nicht weiter als ein Dieb bist, Mundungus", kam es trocken von Ron, welcher einen Schritt näher an den Tisch herangetreten war.
„Nein Herr Weasley, es ist so schön Sie wieder zusehen", begrüßte ihn Dobby ganz aus dem Häuschen und schüttelte ihm, mit seinen kleinen Händen, seine im Vergleich riesige Hand.
„Ebenso. Schicke Schuhe", meinte Ron und deutete auf ein Paar kleine rot-braune Lederschuhe, die der kleine Elf bei den Worten stolz vorzeigte.
„Miss Ra- Dobby meint natürlich Thalia. Auch schön Sie wiederzusehen", begrüßte er mich ebenfalls und schüttelte mir, wenn auch ein wenig aufgeregt, die Hand, was ich mit einem freundlichen Lächeln erwiderte.
Währenddessen war der Verdächtige einige Schritte weitergegangen, wobei er einen Stapel alter Zeitungen mit umgerissen hatte und somit wieder aller Aufmerksamkeit hatte.
„Schaut mich nicht so an. Ich bin in Panik geraten. Was kann ich denn dafür, wenn Mad-Eye ... einfach so vom Besen kippt", versuchte er sich zu erklären und stolperte dabei in die Ecke auf einen alten zerfransten Schemel. Anscheinend dachte der Zauberer, dass er wegen seines Verschwindens von uns hierher geholt worden war. Ungerührt von seinen Worten traten wir alle einige Schritte näher an ihn heran, so dass wir schlussendlich einen kleinen Halbkreis um den Hocker gebildet hatten.
„Sag die Wahrheit!", begann Hermine ungerührt und richtete ihren Zauberstab drohend auf Mundungus Fletscher.
„Als du in einer Nacht hier in das Anwesen eingebrochen bist, hast du da ein Medaillon mitgehen lassen?", fuhr Harry ernst vor und durchbohrte ihn geradezu mit seinem Blick.
„Wieso, ist es wertvoll?", fragte ihn Mundungus mit gierigen Augen und richtete sich ein wenig auf.
„Hast du es noch?", wandte sich Hermine an ihn, den Zauberstab immer noch erhoben.
„Er hat wahrscheinlich nur Angst, dass er es zu billig verkauft hat", erwiderte Ron spöttisch und verschränkte dabei seine Arme vor der Brust. Von dem Zauberer in dem violetten Nadelstreifenanzug kam lediglich ein belustigtes Glucksen.
„Verkauft, sagt er. Schön wäre es. Ich habe das blöde Ding verschenkt. Wie jeden Tag stand ich in der Winkelgasse und habe meine Ware vertickt, als mit einem Mal so ein Tussi vom Ministerium vor mir stand und meine Verkäuferlizenz sehen wollte. Hätte mich auch beinahe verhaften und wegsperren lassen, wenn ihr dieses Ding nicht so sehr gefallen hätte. Also musste ich es ihr geben", klärte Mundungus die Sache auf und sank bei dem Gedanken an das verpasste Geschäft mit der Kette in sich zusammen.
„Weißt du noch, wer es war?", richtete sich der schwarzhaarige Junge an ihn, ohne auch nur einmal die Miene zu verziehen.
„Nein, ich ...", begann der glatzköpfige Mann, doch als er seinen Kopf auf den umgeworfenen Zeitungsstapel richtete, hörte er für einen Moment auf zu reden. Vorsichtig griff er nach einer bestimmten Zeitung und stand mit dieser auf.
„Hier, das ist die Frau, die ich meine. Mit ihrer bescheuerten pinken Schleife."
Mit einem lauten Knall landete der alte Tagesprophet auf dem Küchentisch und wir alle beugten uns darüber. Anhand von den genervten und auch geschockten Ausdrücken der anderen drei, ahnte ich bereits, dass die nächsten Schritte alles andere als einfach werden würden. Schnell las ich die Überschrift des Artikel und betrachtete im Anschluss das sich bewegende Bild einer merkwürdig lächelnden Frau.
„Dolores Umbridge reicht neue Schulrichtlinien ein – von nun an Schulpflicht im ganzen Land", murmelte ich und blickte zu meiner besten Freundin.
„War das nicht die Lehrerin in Verteidigung gegen die dunklen Künste, die die ganzen Verbote aufgestellt hatte?"
„Genau das ist sie", antwortete sie mir und atmete tief ein.

Nachdem uns Mundungus den Hinweis auf die Ministeriumshexe gegeben hatte, ließen wir ihn wieder ‚laufen'. Jedoch nicht durch die Vordertür, denn das würde die Aufmerksamkeit der Zauberer auf uns lenken. Als alles geklärt war, bat Harry Dobby, nach einer kurzen Unterredung darum, Mundungus wieder an die Stelle der Winkelgasse zu bringen, an dem sie ihn aufgegriffen hatten. Mit einem strahlenden Gesicht ging der kleine Elf mit den Lederschuhen, dieser, für ihn bedeutsamen, Aufgabe nach und verschwand mit dem Zauberer an der Hand inmitten der Küche. Somit blieb unsere Gruppe mit Kreacher zurück, der sich schon abwenden und in sein Nest gehen wollte, als Harry ihm zum Dank das gefälschte Medaillon überließ. Es dauerte geschlagene zehn Minuten den alten Hauselfen wieder zu beruhigen, da er sich über dieses Geschenk wirklich gefreut hatte. Immerhin gehörte es seinem alten Meister, den Kreacher geradezu vergöttert hatte.

Als nach dem ganzen Trubel endlich wieder Ruhe in das Blacksche Anwesen einkehrte, machten wir uns daran im Salon einen Plan auszudenken, um das Medaillon in die Finger zubekommen.
„Kommt gar nicht in Frage, dass du mitmachst Thalia. Das ist viel zu gefährlich! Wie oft soll ich es denn noch sagen?", redete Harry seit einigen Minuten auf mich ein und blickte mir dabei ungläubig in die Augen.
„So oft wie ich sage, dass ich mitkomme. Du kannst doch nicht von mir verlangen, hier im Haus sitzen zu bleiben und die Däumchen zu drehen, während ihr euch in die Höhle des Drachens begebt", erwiderte ich genauso entschlossen und gestikulierte stark mit meinen Händen.
„Ich stimme aber Harry zu, Lia. Wir haben deiner Familie versprochen, dass du keinesfalls in die Schussbahn gerätst. Es ist die sicherste Variante", stimmte Leon dem grünäugigen Jungen zu, was er ihm mit einem Kopfnicken dankte.
„Ihr habt aber auch eine Sache dabei vergessen zu bedenken. Bisher war immer jemand an meiner Seite, wie Albus und die Weasleys. Ihr unterschätzt euch selbst, ohne das böse zu meinen. Aber wenn wir drei, mit Samira, auf uns allein gestellt sind, ist es für uns alle das größere Risiko. In unserer Gruppe hier können wir uns gegenseitig besser helfen und unterstützen. Ja, wir sind dadurch leichter zu entdecken als nur zu dritt jeweils. Aber darf ich dich an die Tatsache erinnern, dass ich mich kaum in dieser Welt auskenne und du im Vergleich dazu erst recht nicht?", erhob ich wieder mein Wort und blickte sowohl zu Harry als auch zu meinem besten Freund mit einem kritischen Blick. Während dieser Auseinandersetzung hatten uns meine Beschützerin, als auch Ron und Hermine stumm beobachtet und sich vorsichtig Blicke zugeworfen.
„Wenn ich etwas dazu sagen dürfte?", meldete sich meine beste Freundin zu Wort und räusperte sich kurz. Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr sie fort.
„Ich verstehe eure Ansichten, Jungs. Aber ich muss Thalia Recht geben. Es wäre sicherer, wenn sie bei uns bleibt. Uns wird schon etwas einfallen, dass sie unbemerkt mit uns reisen können. Denn wenn die Todesser oder die Umbrae, wenn sie hier sein sollten, hier in dieses Haus gelangen, könntet ihr beide nirgendwo hin, Leon. Zum disapparieren braucht man ein klares Ziel, an das man denken kann und schon einmal da war. Und bis auf Hogwart, Hogsmead und dem Fuchsbau war sie nirgendwo weiter. Ihr wärt in diesem Fall in einer noch größeren Gefahr", stellte Hermine ihre Ansicht da und schenkte mir ein zustimmendes Lächeln. Dankbar erwiderte ich es und nickte ihr zu.
„Was sagst du dazu, Ron?", wandte sich Harry an seinen besten Freund und straffte dabei seine Schultern. Unsicher blickte der Rotschopf in die Runde, ehe er zögernd antwortete.
„Du weißt, dass ich dir immer helfen würde, Harry. Und, dass wir bereits vieles geschafft haben. Aber ich schließe mich Hermine an. Ihre Argumente sind aussagekräftiger und plausibler. Ich bin dafür, dass Thalia mit uns kommt. So können wir ihr und sie uns helfen."
Innerlich war ich am Jubeln, denn damit hieß es drei zu zwei für uns und damit für mich, dass meine Beschützer und ich das Trio begleiten würden.
„Hoffentlich ist das die richtige Entscheidung", hörte ich Leon neben mir murmeln und ließ sich ein wenig entmutigt in die Polster des Sofas sinken.

Nachdem wir diese Debatte ausgeräumt und an einem Plan gepfeilt hatten, war mehrere Wochen später soweit. Mithilfe von Kreachers Elfenmagie ließen wir uns in eine Gasse Londons bringen, die laut Hermine nicht weit von einem Zugang zum Ministerium lag. Es hatte seine Zeit gebraucht, den benötigten Vielsafttrank für die anderen herzustellen, weshalb wir nun, ein Tag nach Beginn des neuen Schuljahres in Hogwarts dort standen und warteten. Aus verschiedenen Artikeln hatten wir erfahren, dass Severus Snape in der Schule der neue Direktor war und einige Todesser wie ein Zwillingspaar die Posten einiger entlassener beziehungsweise verschwundener Lehrer bezogen hatten. Das Trio würde sich mithilfe des Zaubertrankes einschleusen, während sich meine Beschützer und ich uns unter Harrys Tarnumhang versteckten und bei einem von ihnen bleiben würden.
Als der Elf mit einem hörbaren Geräusch verschwand, bezogen Ron und Harry ihre Posten und hielten Ausschau nach Hexen und Zauberern für unseren Plan, während ich Hermine half die letzten Sachen vorzubereiten.
„Leute, die Vorstellung kann beginnen", kam es mit einem Mal von Ron und unsere Köpfe schossen nach vorn zu ihm. Schnell richteten wir uns beide auf und zückten jeweils unsere Zauberstäbe.
Hellmir steh uns bei, das Ganze irgendwie zu überstehen.

Engel der Finsternis (II.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt