24.Schmerzhafter Traum

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Nachdem wir mehr oder weniger schweigsam unser Abendessen verspeist hatten, ging beinahe ein jeder von uns seinen eigenen Weg. Harry verließ unsere Runde als Erster und setzte sich, wie beinahe fast schon jeden Abend an die Rückseite des Zeltes. Kurz nach ihm erhob sich Ron von seinem Platz und betrat unsere provisorische Unterkunft, wo er so gleich das Radio einschaltete. Kaum verständlich vernahm ich die männliche Stimme des Radiosprechers, den wir schon seit Tagen immer wieder hörten. Unsicher, wie ich auf diese Spannung der beiden Freunde reagieren sollte, blickte ich zu den anderen beiden. Doch auch Hermine konnte nur unbeholfen mit den Schultern zucken, während Leon mir nur in die Augen sah und sich dann ebenfalls erhob. Betrübt sah ich meinem besten Freund nach, wie er von dem Zelt und unserem Lagerfeuer fortging, bis seine Silhouette in der Dunkelheit kaum noch zu erkennen war. Jedenfalls solange, bis einige Flammen und Kugeln aus Feuer aus dieser Richtung in die Luft stiegen.
„Leon scheint immer noch reserviert zu sein", riss mich meine beste Freundin aus meiner Beobachtung. Mit einem kurzen Seitenblick bemerkte ich, dass sie ebenfalls in die Richtung blickte, wo Leon zu dem Zeitpunkt trainierte. Oder seine Anspannung abbaute, so genau konnte ich es nicht beantworten, doch tippte ich eher auf die zweite Variante.
„So wie ich ihn kenne, wird dies auch noch ein bisschen dauern. Für ihn ist der wichtigste Attribut das Vertrauen zu einander. Und in gewisserweise habe ich ihm, in seinen Augen, gestern nicht vertraut, was ihn beschäftigt", erwiderte ich und sah am Ende zu meiner besten Freundin. Dabei beobachtete ich ihre Mimik in dem spärlichen Licht der warmen Flammen.
„Gib ihn einfach Zeit. Viel mehr mache ich mir Sorgen um unsere anderen beiden Jungs. Sie haben sich vorhin kaum angesehen bei dem Essen", meinte Hermine und umschlang dabei ihren Oberkörper. Dieser Abend war etwas kühler als die vorherigen und kündigte damit wohl das Herannahen des Herbstes an.
„Hermine ich habe vor dem Abendessen ein Gespräch von den beiden mitbekommen. Der Tonfall der beiden war nicht unbedingt positiv."
Von dieser Nachricht deutlich beunruhigt, sah mich meine beste Freundin mit zusammengezogenen Augen an.
„Was willst du damit sagen? Über was haben sie gesprochen, oder besser gesagt gestritten?", hörte ich sie mich mit leicht zitternder Stimme fragen.
„Alles habe ich nicht mitbekommen, aber es ging darum, dass wir mit dem Auffinden und Zerstören der Horkruxe in Rons Augen nicht schnell genug voran kommen. Mine... ich habe Angst, dass uns diese Streitigkeiten momentan auseinanderreißen und wir somit Albus Auftrag nicht erfüllen können", gestand ich ihr und umschloss dabei, als Rückhalt mein Medaillon. Zum Ende hin öffnete ich meinen Anhänger und fuhr mit einer sanften Bewegung über das magische Foto. Stumm betrachtete dies sowohl Hermine, als auch Samira zu meinen Füßen, die uns schon die ganze Zeit über aufmerksam beobachtet hatte.
„Das hört sich nicht gut an, auch wenn ich gern etwas anderes sagen würde. Wir müssen dies irgendwie versuchen zu verhindern, auch wenn ich nicht weiß wie."
Nachdenklich legte ich meinen Kopf in den Nacken und sah zu dem teilweise bewölkten Sternenhimmel. Dabei bemerkte ich, wie meine Atemluft leicht kondensierte in der kühlen Abendluft. Diese ganze Situation war zum Verzweifeln. Es reichte anscheinend nicht aus, dass wir die scheinbar unlösbare Aufgabe von Albus fortführten. Nun mussten wir auch noch verhindern, dass unsere Gruppe auseinanderbrach.
Der restliche Abend verlief, wie nicht anders zu erwarten, recht trübsinnig und einseitig. Ron kam nicht mehr aus dem Zelt heraus und Harry zog sich zurück auf seinen Schlafplatz anstatt sich zu uns zu gesellen. Von Leon hörten wir eine ganze Weile nichts, bis auf das Abplatzen von Rinde, wenn er einen Feuerball an einen Stamm warf. Da wir mit Hermine anfingen zu frieren, nach einiger Zeit unterhalb des Nachthimmels, beschlossen auch wir uns in unsere Betten zu legen. Lediglich eine kleine Öllampe ließen wir vor dem Eingang stehen, damit Leon zurückfinden konnte. Auch wenn er es theoretisch nicht benötigte, wollte ich, dass er wusste, dass wir an ihn gedacht haben. Denn auch nach über ein einhalb Stunden trainierte er seine Feuermagie so unermüdlich, als würde er Energie aus ebendieser gewinnen. Kurz bevor ich jedoch unser Nachtlager betrat, blickte ich in die Richtung, aus der die Flammen stoben. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte ich im Schein einer Feuerkugel sein konzentriert wirkendes Profil erkennen. Wenn mein Beschützer diese Mimik aufgesetzt hatte, konnte um ihn herum alles mögliche passieren und er würde es nicht mitbekommen.
„Gute Nacht, Leon", flüsterte ich, mit dem Wissen, dass er es nicht hören konnte. Vorsichtig zog ich den Stoff des Zeltes zur Seite und betrat das angenehm warme Innere. Mit einem kurzen Schlenker mit meinem Zauberstab erschien an dessen Spitze eine bläulich helle Kugel und erleuchtete mit dem kühlen Licht meine Umgebung. Auf leisen Sohlen schlich ich, gefolgt von Samira, in unser Schlafabteil, und kam schließlich an meinem Feldbett an. Neben Leons Platz war meiner der Einzige, der noch leer war. Das Trio schlief bereits, selbst Hermine, auch wenn sie nur kurz vor mir das Zelt betreten hatte.
Nachdem ich meine Schlafsachen zusammengesucht, mein Licht gelöscht und mich flink umgezogen hatte, legte ich mich gemeinsam mit Samira in mein Bett. Und obwohl ich wusste, dass uns die Bannzauber schützen würden, legte ich meinen Zauberstab in Reichweite unter das Feldbett ab. Zur Vorsicht, oder mehr das Gefühl von mehr Sicherheit für mein Gewissen. Mit diesem Gedanken fielen mir meine schwer gewordenen Lider langsam zu und ließen mich in eine Welt der Träume hinabgleiten, in der alles möglich sein konnte.

Engel der Finsternis (II.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt