6.Tiefe Gedanken

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Sprachlos blickten wir alle zu einer aufgelösten Hermine, die uns nacheinander ansah.
,,Hallo", begrüßte sie uns mit einem halbherzigen Lächeln und nestelte mit ihren Fingern am Griff ihrer kleinen Perlenhandtasche herum. Da ich bemerkte, dass es ihr unangenehm war, stand ich von meinem Platz auf, ging zu ihr und zog sie in eine herzliche Umarmung.
,,Schön dich wieder zu sehen, Hermine", meinte ich zu ihr und spürte, wie sie meine Geste erwiderte. Hinter mir hörte ich, wie sich die restlichen Weasleys und wahrscheinlich auch Leon von ihren Plätzen erhoben und auf zu kamen. Nachdem ich mich von meiner besten Freundin löste, wurde sie von den Anderen ebenfalls freudig begrüßt. Doch brannte wahrscheinlich jedem die Frage auf der Zunge, warum die junge talentierte Hexe plötzlich auf der Schwelle gestanden hat.
,,Hermine, wir sind froh dich gesund und unbeschadet hier zu sehen. Doch ist es eine ziemliche Überraschung für uns alle, wenn du verstehst, was ich damit sagen will", sprach Mr Weasley die Frage aus und musterte sie aus seinen blauen Augen. Kaum merklich zuckten Hermines Lippen und signalisierten mir, dass der Grund kein angenehmer war. Vorsichtig räusperte sie sich und blickte dabei keinen von uns direkt an.
,,Ich weiß, ich hätte Sie vorher fragen oder wenigstens Bescheid geben sollen. Doch ich hatte Angst, dass die Nachricht abgefangen wird, ob nun vom Ministerium oder von jemand anderes", begann sie und blickte mir und Ginny, die neben mir stand, kurz in die Augen, ehe sie fortfuhr.
,,Ich muss meine Familie beschützen, deswegen bin ich hier. Wenn es die nächste Zeit gefährlicher wird, dann will ich nicht, dass meine Eltern mit hineingezogen werden. Man weiß, dass ich eine starke Bindung zu Harry habe, wie andere. Von daher habe ich Vorkehrungen getroffen, damit es weder mich noch die Anderen belastet."
Verstehend nickte der Familienvater und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, welches sie zögernd erwiderte. Nach einem kurzen Nicken zu seiner Frau erhob Mr Weasley wieder das Wort.
,,Du kannst zusammen mit Thalia in Ginnys Zimmer übernachten. Es wäre wahrscheinlich das Beste, wenn du erst einmal eine Nacht darüber schläfst und morgen sehen wir weiter."
Kaum hatte er das gesagt, löste sich unsere Gruppierung auf, ohne dass jemand etwas deswegen geäußert hatte. Während die Jungs mit Mr Weasley im Wohnzimmer wieder ihre Plätze einnahmen und zusätzlich das Radio einschalteten, folgten wir Mädchen und Samira Mrs Weasley zum Treppenhaus. An Ginnys Zimmer angekommen, betraten wir dieses und setzten uns gemeinsam auf das Bett von dem rothaarigem Mädchen. Mrs Weasley war derweil auf dem Weg zum Dachboden, um ein weiteres Feldbett zu besorgen. Nach etwa einer Minute erschien diese wieder im Türrahmen und stellte das magisch verkleinert Nachtlager am Türrahmen ab.
,,Ruh dich erst einmal aus, Liebes. Und morgen sehen wir weiter. Gute Nacht ihr Lieben."
Damit verabschiedete sich die Mutter von Ginny und verschwand wieder nach unten. 
Kaum waren ihre Schritte nicht mehr zu hören, stand Ginny etwas umständlich auf, griff nach dem Bett und schloss die Tür hinter sich.
,,Hermine, wärst du so freundlich?", fragte sie meine beste Freundin und deutete damit auf das Feldbett. Zustimmend nickte Hermine und gesellte sich zu Ginny, während sie ihren Zauberstab zückte.
,,Finite", murmelte sie und sofort vergrößerte sich das Feldbett zu seinem normalen Zustand. Nach diesem Zauber räumten wir drei einen Teil von Ginnys Sachen beiseite, damit genug Platz für das Feldbett blieb. Schlussendlich saß jeder auf seinem eigenen und blickte in die Runde. Hermine wusste, dass sie uns eine Erklärung schuldete und man konnte ihr ansehen, dass, egal was es war, ihr schwer fiel auszusprechen.
,,Ich weiß, dass ich euch einige Antworten schulde. Aber ich hoffe, dass ihr mich versteht und mir noch ein bisschen Zeit gebt. Die letzte Zeit habe ich sehr über diesen Schritt nachgedacht, bis ich ihn dann gegangen bin. Wenn ich soweit bin, erzähle ich euch, was passiert ist", entgegnete uns das brünette Mädchen schließlich nach einer unangenehmen Pause. Kurz blickte ich hinüber zu Ginny, ehe ich das Wort an sie richtete.
,,Das ist kein Problem, Hermine. Wenn es für dich so einfacher ist, dann soll es so sein."
,,Ich stimme Thalia zu. Solange es für dich in Ordnung ist, ist es das auch für uns", stimmte mir Ginny nickend zu und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.
,,Danke ihr beiden", antwortete Hermine ihr und man konnte sehen, wie ihr eine große Last von den Schultern genommen wurde.
Den restlichen Abend verbrachten wir damit über die vergangenen Wochen zu reden, wie Leon und ich gemeinsam mit Samira hier her kamen, was die Geschwister währenddessen unternommen haben und von dem Gespräch mit ihren Eltern. Hermine überraschte es ein wenig am Anfang, doch schlug das schnell wieder in ihre übliche nachdenkliche Rolle um. In dieser sinnierte sie darüber, dass es wahrscheinlich so das Beste ist für meine Sicherheit.
Im Großen und Ganzen war der Abend sehr lustig gewesen, auch ohne die Jungs, die am späten Abend nur kurz ihren Kopf hinein gesteckt hatten, um 'Gute Nacht' zu sagen. Nachdem wir uns anschließend für das Bett fertig gemacht hatten, schliefen wir nacheinander ein unter dem wenigem Licht des abnehmenden Mondes.
Der nächste Tag unterschied sich bis auf Hermines Anwesenheit nicht wirklich von den anderen. Es war angenehm warm draußen, doch verdeckten ab und zu ein paar größere Wolken die Sonne.

Engel der Finsternis (II.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt