Kapitel 29 - Überraschung

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Achtung, auch dieses Kapitel enthält einen Lemon. Wer sowas nicht lesen möchte, sollte Reys Sicht überspringen. Viel Spaß!

Revan

Die vereinzelten Laternen tauchten die schneebedeckten Straßen in ein glitzerndes Licht. Das Dorf wirkte wie ausgestorben, absolut niemand war draußen unterwegs. Bis auf die Soldaten, die in gleichmäßigen Schritten und mit angezogener Waffe die Häuser überprüften. Die Schüsse, welche ich vorhin gehört hatte, gepaart mit den schmerzerfüllten Schreien, ließen keinerlei Raum zum spekulieren. Wer sich nicht an die Ausgangssperre hielt, musste mit harten Bestrafungen rechnen. Das Pergament fest umklammert, guckte ich mich immer wieder nach allen Seiten um. Ob sie wohl schon auf dem Weg war? Oder hatten die Soldaten sie direkt nach den ersten paar Metern aufgegriffen? Erneut hörte ich wie sich ein paar von ihnen näherten und duckte mich hinter einem großen, alten Fass.
Ich hatte mich direkt nach der abschließenden Besprechung aus dem Staub gemacht, natürlich nicht ohne mich mit Ben vorher abzustimmen. Zum Glück war dieser so mit seinem eigenen Vorhaben beschäftigt, dass er meine Aussage, noch länger auf Csilla zu bleiben, einfach so zur Kenntnis genommen hatte. Die anderen Ritter hatten meine Abwesenheit wohl ebenfalls stillschweigend akzeptiert und mir blieb nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass sie Hux im Zaun hielten. Normalerweise warf ich bei Bens Abwesenheit immer persönlich ein Auge auf den General, aber im Moment gab es wichtigeres.
Als ich hinter mir Schritte hörte, fuhr ich ruckartig herum.
"Psst nicht so laut!" Sie legte einen Finger auf ihre Lippen, um ihre Worte zu unterstreichen und ich atmete erleichtert aus. Mir war bis dahin gar nicht klar gewesen, wie sehr mir etwas an ihrem Wohlergehen lag.
"Du hast mich ganz schön lange warten lassen." Sie hockte sich neben mich. Aufgrund der Kapuze, welche ihr halbes Gesicht verdeckte, konnte ich ihr Lächeln nur erahnen.
"Ich konnte ja nicht wissen, dass du überhaupt wartest. Zieh den drüber!" Sie reichte mir das große, schwarze Ungetüm aus ihren Armen, was sich als Mantel herausstellte. Schnell zog ich mir das Kleidungsstück drüber, hatte allerdings Probleme die Kapuze über meinen Kopf zu bekommen.
"Warte, ich helfe dir." Ihre Finger streiften flüchtig meine Haut, als sie behutsam den Knopf an der Seite meines Helmes betätigte. Das vertraute Zischen ertönte und bei dem Versuch die Maske abzunehmen, berührten unsere Hände sich für einen kurzen Moment. Sofort zuckte sie zurück und ich fragte mich, ob sie wohl auch dieses Kribbeln eben gespürt hatte.
"Das ist doch verrückt, was wir hier machen. Ich kenne noch nicht mal deinen Namen." murmelte sich vor sich hin, als ich den Helm abnahm.
"Revan" antwortete ich und zog mir die Kapuze des Mantels über den Kopf.
"Und wie heißt du?"
"Du weißt doch wie ich heiße."
"Ich möchte es von dir hören. Nicht von deinem Bruder, deinem Vater oder irgendjemand anderem." sagte ich und hob zögerlich meine Hand, getrieben von meiner Neugierde. Würde sie sie wegschlagen? Meine Finger berührten den weichen, rotfarbenen Stoff ihres Mantels, als sie sprach:
"Mein Name ist Zisila."
"Freut mich dich kennen zulernen, Zisila." Stück für Stück schob ich die Kapuze weiter nach oben, bis ich schließlich ihren roten Augen begegnete. Sie waren so ganz anders, als die etlichen Augenpaare, welche mich in dieser Eiswüste schon zur genüge gemustert hatten. Sie waren geprägt von Emotionalität. Anders als die meisten Chiss zeigte Zisila ihre Gefühle.
"Was soll das werden?" fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen und legte ihre Hände an den wärmenden Pelz.
"Naja, ich dachte mir, wenn du mich siehst, sollte ich auch dich sehen dürfen." antwortete ich und zog sie mit mir hoch, als ich aus dem Augenwinkel einen Mann um die Ecke biegen sah.
"Du brauchst meine Hand nicht zu halten!" zischte sie und versuchte sich von mir zu lösen, als eine Kugel neben uns in der Wand einschlug. Es hatten nur ein paar Meter gefehlt.
"Sah csah!" Das lange Gewehr blitzte im Schein der Laterne auf, als er sich uns näherte. In einer blitzschnellen Bewegung zog ich meinen Blaster aus der Innentasche meiner Rüstung, drehte mich um und feuerte ab. Mit weit aufgerissenen Augen brach der Chis in seinem eigenen Blut zusammen. Zisila entwich ein erstickter Schrei.
"Bist du vollkommen übergeschnappt? Was sollte das mh mhh" Ich legte meine Handfläche auf ihren Mund, um zu verhindern, dass noch mehr von denen auf uns aufmerksam wurden. Erst nach ein paar Minuten der Vergewisserung, dass niemand von diesem Vorfall etwas mitbekommen hatte, ließ ich sie wieder los.
"Was fällt dir eigentlich ein!" regte sie sich weiter auf und kniete sich runter zu dem zuckenden Soldaten. Leider verblutete er nur langsam und musste einen viel qualvolleren Tod erleiden, als ich ihm eigentlich angedacht hatte. Auch nach Jahren zerriss es mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich jemanden umbrachte. Aber ich hatte keine Wahl gehabt! Hätte ich nicht abgefeuert, hätte es der Chis getan.
"Was? Wolltest du lieber selbst eine Kugel ab bekommen?"
"Er hätte uns nicht erschossen, sobald er mich erkannt hätte!" erwiderte sie lautstark und schloss die Augen des Mannes, als sein Körper aufhörte sich zu bewegen.
"Und das weißt du woher? Hör zu, wir müssen schleunigst von hier verschwinden!" drängte ich sie und griff abermals nach ihrer Hand, als sie sich wieder aufrichtete. Je länger wir hier blieben, desto größer war die Gefahr entdeckt zu werden. Kurz verweilten ihre Augen noch auf dem toten Soldaten, bevor sie ihre Hand aus meiner riss.
"Ich kann selber gehen!" sagte sie und stapfte voraus ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Seufzend schloss ich zu ihr auf, der Blaster lag weiterhin fest in meiner Hand. Man konnte nie wissen.

His Light in the DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt