Kapitel 3

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P.o.V. Bokuto

Akaashi. Akaashi. Akaashi. Er war so hübsch. Die schwarzen Haare, die blau-grauen Augen. Wie er rot wurde. Sein Blick nachdem Bokuto aufgewacht war. So süß, dachte der Eulenmann, als er durch die Straßen lief, auf der Suche nach etwas zu Essen. Der junge Mann hatte ihn wirklich aus der Fassung gebracht. Dieser kühle, zerbrechlich Körper. Und als er sich verwandelt hatte . . . so schön. Bokuto wollte ihn wiedersehen, um jeden Preis. Er wollte noch einmal diese Hand berühren, noch einmal diese Stimme hören, wenn der Meermann ihn einen Idioten nannte. Morgen. Morgen würde er ihn wiedersehen. Natürlich freute er sich darauf, aber... es dauerte viel zu lange! Er wollte nicht bis morgen warten, er wollte... seit wann dachte er nur so selbstsüchtig? Wenn Akaashi nun einmal keine Zeit hatte, war daran nichts zu ändern. Aber interessieren tat es ihn schon, wohin der  Meermann so plötzlich gemusst hatte. Schule? Aber dann wäre er nicht vorher noch am Strand gewesen. Ein Geburtstag? Ein Fest? Oder... eine Verabredung? Der Meermann war attraktiv, es wäre nicht verwunderlich, wenn er Dates hätte. Dates mit hübschen Meerjungfrauen und Meermännern, die alle so gut zu ihm passten. Bokuto seufzte. Er machte sich doch nur selbst verrückt. Er sollte sich auf etwas anderes konzentrieren. Auf...Pizza! Ja, Pizza war eine gute Ablenkung. Der unbeschreiblich köstliche Duft wehte durch die Straßen. Bokuto folgte den verlockenden Hinweisen bis zu einer kleinen Pizzaria. Ein Glöckchen bimmelte, als er den warmen Raum betrat. Ein Junge, vielleicht eine Aushilfe -denn um zu arbeiten war er eindeutig zu jung- sah ihn verstört an, sowie er nur in Badehose den Laden betrat. Belustigt setzte sich die Eule und bestellte.  Von seinem Platz am Fenster aus konnte er das Meer sehen, welches blau und grau schimmerte. Es erinnerte ihn an das Leuchten in Akaashis Augen, als sie über das Luftvolk geredet hatten. Dabei fiel ihm ein, dass Meerleute eigentlich einen geradezu absurden Hass auf Luftwesen hatten. Das lag daran, dass viele von ihnen ohne Zurückhaltung in den Meeren fischten, auch an Orten, die seit Jahren zum privaten Eigentum der Meerleute oder gar zu ihren Zuchtgebieten zählten. Aber Akaashi hasste ihn nicht, er hatte ihn sogar gerettet. Und da war noch etwas Komisches: angesichts dessen, dass Bokuto vorhin beinahe ertrunken wäre, war er erstaunlich gelassen. Er hätte panisch oder geschockt sein müssen, hätte Angst vor dem Meer bekommen sollen. Doch stattdessen war sein Kopf randvoll gefüllt mit Akaashi. Was Bokuto allerdings Sorge bereitete war, dass wenn er bereits nach dem ersten Treffen mit dem Mann so dachte, wie würde es dann erst sein, wenn sie sich besser kennenlernten? Einerseits freute er sich darauf, aber andererseits... diese starken Emotionen unter Kontrolle zu halten würde ihn noch einiges an Energie kosten.

P.o.V. Akaashi

Das Familientreffen war erwartungsgemäß langweilig. Er dümpelte in einer abgelegenen Ecke herum, während seine Tanten aufgeregt kreischend irgendwelche weit entfernten Cousinen begrüßten. Akaashi hasste Familientreffen. Vermutlich, weil er seine Familie hasste. Sie waren zum Großteil Geschäftsleute, mit eigenen Firmen oder Unternehmen. Die meisten dieser Familientreffen arteten zu heftigen Diskussion aus, welche in wutentbrannten Abgängen endeten. Seine Eltern blieben bis ganz zum Schluss, um auch ja Jeden gegen Jeden ausspielen zu können. Akaashi fand es widerlich. Er hatte seinen Eltern bereits mit fünfzehn gesagt, dass er es abstoßend fand, wie sie mit Anderen umgingen. Seitdem war ihr Verhältnis sehr schlecht geworden. Der einzige Grund für ihn noch länger auf dieser 'Party' zu verbleiben, war der, den Schein zu wahren. Er mochte seine Eltern zwar nicht, aber deshalb musste er sie ja noch nicht zur Zielscheibe machen. Wenn herauskäme, dass er sich nicht gut mit ihnen verstand, würde die ganze Verwandtschaft sich darauf stürzen wie Piranhas. Seufzend fuhr er sich durch die Haare. Akaashi wäre gerade überall lieber als hier. Er wäre jetzt am liebsten... am liebsten... bei... Bokuto. Wieso Bokuto? Was war nur los mit ihm, dass das Erste, das ihm einfiel, Bokuto war? Schon, er war hübsch und lustig. Man konnte sich gut mit ihm unterhalten und er war eine Eule. Aber dennoch... sie kannten sich doch kaum! Ja, er hatte ihn gerettet und Bokuto hatte ihn getragen. Ja, er hatte ihn schon seit gestern im Blick. Und - durch einen Haufen merkwürdiger Zufälle - hatten sie sich beide nackt gesehen. Oh Mann. Sie hatten sich... beide... Akaashi merkte wie er rot anlief. Wieso wurde ihm das erst jetzt so bewusst? "Alles in Ordnung?", fragte eine dieser komischen Cousinen. "Du bist ganz rot im Gesicht. Geht es dir nicht gut?" Er sah sie an. Nun, wirklich gut ging es ihm nicht. Aber er musste freundlich bleiben, immer höflich bleiben. "Sicher, es geht schon." Er versuchte zu lächeln. Die Cousine zuckte mit den Achseln und schwamm davon. Die Zeit zog sich immer länger dahin. Bitte, bitte, konnte es nicht bald vorbei sein? Er dachte daran, wie viele Fragen er Bokuto in dieser vergeudeten Zeit stellen könnte, wie viel Spaß er haben könnte. Er hatte den Eulenmann noch gar nichts persönliches gefragt. Wie alt er war, oder was er hier machte. Wie seine Familie so drauf war, seine Freunde. Ob er single war. Wo er während seines Aufenthaltes wohnte. Schließlich hielt er es nicht mehr aus. Kurzerhand schwamm er zu seinen Eltern, die die Köpfe zusammengesteckt vermutlich an irgendeiner fiesen Taktik feilten. "Ich fühle mich nicht so gut, ich würde gerne nach Hause." Seine Mutter hob den Kopf. Sofort bedachte sie mit einem Blick, der einen Haifisch das fürchten gelehrt hätte, die Umstehenden. Eine Tante in der Nähe hatte bereits die Ohren gespitzt und sah zu ihnen hinüber. "Sicher Schatz, schwimm ruhig schon einmal und ruh dich aus." Akaashi nickte brav und bedankte sich. Bis er das Anwesen seiner Großmutter, bei der die sogenannten Festlichkeiten stattfanden, verlassen hatte, gab er sich Mühe einen besonders kranken Eindruck zu machen. Sobald er außer Sichtweite war, ließ er alle Vorsicht fahren und schwamm so schnell er konnte zu dem kleinen Ferienhaus an der Küste. Dort hatte er laufen gelernt und trainiert, es war auch sein Zufluchtsort, wann immer er genug vom Wasser hatte. Wenn er schnell schwamm waren es gerade einmal zwanzig Minuten von ihm Zuhause aus und seine Großmutter wohnte noch näher. Nach kaum fünf Minuten war er da. Das Haus hatte einen Eingang unter Wasser, so brauchte man sich nicht verwandeln um es zu betreten. Er holte den Schlüssel aus der kleinen, roten Koralle am Eingang (ja, dieses uralte Versteck) und schwamm hinein. Das Wasserbecken im Inneren lief schräg aus, so konnte man selbst entscheiden welche Wassertiefe für die Verwandlung am Optimalsten war.  Akaashi verwandelte sich irgendwo in der Mitte und schwankte dann zum Rand. Sein Zimmer lag direkt an der Eingangshalle und so brauchte er nur bis zur nächsten Wand stolpern. Er klammerte sich an die Türklinke um nicht umzukippen. Akaashi war lange nicht mehr hier gewesen, doch die Anziehsachen in dem großen Schrank passten noch. Also kleidete er sich in ein graues T-Shirt und eine schwarze Badehose. Als er in das kleine Wohnzimmer  schwankte überlegte er kurz, ob er den Rollstuhl nehmen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Es war anstrengend und viele Orte waren nicht Rollstuhlgerecht. Außerdem würde er das Laufen so nie lernen. Und so stützte er sich an den Wänden ab, während er auf die Haustüre zuwankte. Als er so durch das Dorf stolperte, warfen ihm die Leute komische Blicke zu. Er ignorierte das, in seinem Kopf war kein Platz für diese Art von Gedanken. Er wollte Bokuto sehen, mit ihm reden. Ihm war bewusst, wie unwahrscheinlich es war dem Eulenmann einfach über den Weg zu laufen, aber dennoch: Er würde die ganze Stadt absuchen, wenn nötig. Ein stämmiger Kerl lief an Akaashi vorbei und schenkte ihm einen geradezu angewiderten Blick. Gerade als sie auf einer Höhe waren, knickte dem Meermann das Bein weg. Er machte einen wackeligen Schritt um sich zu fangen, stellte sich dabei aber versehentlich auf den Fuß des Riesen. "Hey, hast du keine Augen im Kopf?", schnautzte dieser. "Tut mir leid, ich bin gestolpert.", entschuldigte sich Akaashi. "Gestolpert, was? Ich glaube eher, du hast zu viel getrunken! Du kannst ja noch nicht einmal mehr richtig stehen!" Noch ehe das Meerwesen etwas darauf erwidern konnte, schubste der Mann ihn. Natürlich fiel er sofort hin. Er konnte weder ordentlich stehen noch laufen, geschweige denn einen Stoß aushalten. "Diese verdammten Alkoholiker!", wetterte der Klotz von einem Menschen weiter. "Da ist kaum der Mittag vorbei, schon sind die besoffen." Akaashi versuchte aufzustehen, doch der Große trat ihm den Arm weg. "Jetzt schau was es mit dir macht. Du kannst dich gar nicht mehr wehren!" Wieder trat der Mann ihn, diesmal in den Bauch. Keuchend sackte der Meermann in sich zusammen. Inzwischen hatte sich ein kleiner Kreis aus Schaulustigen gebildet, die mit einer Übelkeit erregenden Mischung aus Entsetzen und Interesse auf das Geschehen blickten. Der Mann packte den Meermann an den Haaren und zog ihm mit Schwung den Kopf hoch. Er schnappte atemlos nach Luft. Wieso tat denn niemand etwas? Es tat so weh... Der Muskelprotz hob die geballte Faust. Lass es bald vorbei sein, betete Akaashi und kniff die Augen zusammen. Dann hörte er einen dumpfen Schlag und ein Stöhnen. Etwas Schweres fiel neben ihm auf den Asphalt. Vorsichtig blickte er auf. Der große Mann, der ihn geschlagen hatte, lag neben ihm auf dem Boden und hielt sich eine blutende Nase. Als der Meermann den Blick etwas höher schweifen ließ, stockte ihm der Atem. Inmitten erstaunter und erschrockener Gaffer stand, die Faust noch immer erhoben und schwer atmend... "Bokuto!"

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