Kapitel 45

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Mein Atem ging schnell. Rasend. Mein Herz war kurz davor auszusetzen. Meine Angst war unbeschreiblich groß.

,,Ich habe dir gesagt, dass du mir gehorchen sollst. Du hast es nicht getan. Das hier ist also deine Schuld." Während sie dies sagte, zeigte sie keine Schuld. Keine Unsicherheit. Nur Kälte.

,,Hast du noch irgendetwas zu sagen." Ich überlegte. Wie konnte ich hier raus kommen? Wie?
Doch bevor ich auch nur eine Sekunde weiterüberlegen konnte, wurde ich gegen die Wand, die hinter mir war, gedrückt. Eine dicke Hand an meinem Hals.

,,Gib mir Luft."

,,Noch mehr?" Ich hatte nicht viel Luft zum Atmen, da ich mittlerweile immer stärker erwürgt wurde. Doch reichte das nicht. Nein. Denn während ich erwürgt wurde, wurde mir eine Waffe gegen den Kopf gehalten. Eine Pistole.

,,Also... noch irgendwelche letzten Worte?" Sie lächelte. Lächelte über ihren Triumph. Und lächelte über die Tatsache, dass sie für den Tod ihrer Tochter verantwortlich sein würde. Dass sie mich nicht erwürgte, war klar. Immerhin wollte sie sich die Hände ja nicht schmutzig machen. Dafür war jemand anderes zuständig.

,,Wo sind wir hier?"

,,Das ist deine letzte Frage? Komisch, aber gut. Wir sind in einem Geheimversteck auf einer Insel."

Eine Insel! Das war meine Rettung.

,,Ich verstehe dich nicht. Du siehst so aus, als ob du gerade garnicht sterben willst. Nur warum? Ich meine, die ganzen letzten Jahre wolltest du es doch." Warum wollte ich gerade nicht sterben? Ich wusste es. Ich wollte mein Leben leben. Richtig.

,,Das... geht... dich nichts... an." Mir wurde immer schwindliger. Ich bekam einfach immer weniger Luft. Bestimmt war ich schon blau angelaufen. Doch durfte ich jetzt weder sterben, noch ohnmächtig werden. Ich hatte nämlich einen Plan. Einen guten. Möglicherweise würde er mich hier rausholen.

,,Na dann. Tschüss Alyin."

,,Warte!"

,,Was willst du denn noch?"

,,Luft." Ich brauchte Luft, um meinen Plan zu verwirklichen.

,,Lass sie los." Der Mann, welcher mich zuvor festgehalten hatte, ließ mich los. Sofort strömte Luft in meine Lunge. Zu viel. Viel zu viel Luft.

,,Du hast eine Minute." Eine Minute sollte reichen. Ich nahm noch einen letzten tiefen Atemzug und konzentrierte mich. Ich spürte das Wasser des Meeres. Fühlte es. Ich ließ es hierher kommen. Nicht viel. Dafür war ich noch zu schwach. Eine kleine Menge genügte.

,,30 Sekunden. Also ich würde langsam anfangen zu reden. "

Ich wollte garnicht reden. Es musste nichts gesagt werden. Jetzt zählten Taten.

Das Wasser durchdrang die Wände. Es war ganz nah.

,,10 Sekunden. "

Ich sah es. Das Wasser hatte diesen Raum durchdrungen. Es schwebte in der Luft.

,,Warte mal! Was machst du da?!" Sie hatte die ganze Zeit nicht zu mir geschaut. Hatte garnicht gesehen, dass meine Hände wild umherwebelten.
Sie drehte sich blitzschnell um und rannte auf das Wasser zu.

,,Hör auf!"

Ich lenkte die Naturschönheit geradewegs auf sie zu. Wollte etwas ausprobieren, was ich noch nie gelernt hatte.

Ich wollte sie in Eis einhüllen. Das Wasser vereisen. Ob ich das schaffen würde, war unklar.

,,Aylin! Was soll das?!" Meine Mutter schrie. Der Mann rannte auf mich zu. Versuchte mich aufzuhalten. Es war ein Befehl der Königin.

Ich rannte nicht. Blieb stehen. War zu konzentriert.

Das Wasser umhüllte meine Mutter. Wurde immer härter. Kälter.

,,Aylin!" Das war das letzte was meine Mutter gesagt hatte, bevor das Eis sie schweigen ließ.

Vielleicht würde sie das überleben, vielleicht auch nicht.

,,Was haben Sie mit der Königin gemacht?!" Der Mann schrie. Schrie vor Verzweiflung.

,,Ich habe sie zum Schweigen gebracht. So wie sie es bei mir getan hat."

,,Krank. Sie sind krank im Kopf."

Vielleicht war ich das, vielleicht auch nicht.

,,Vielleicht."

,,Sie werden sterben. Draußen stehen tausende von Kriegern. Sie werden sterben. Ich persönlich werde dafür sorgen."

Vielleicht würde ich sterben, oder eben nicht.

,,Für die Königin!" Er kam mir immer näher. Ich rannte nicht weg, denn endlich wusste ich es: ich brauchte keine Angst haben. Vor niemandem!

Ich tat ihm dasselbe wie meiner Mutter an. Ließ ihn meine Kräfte entdecken. Meine Pläne für mein weiteres Leben, welche ich vorhin geplant hatte, waren mit einem Mal verschwunden.

********************

,,Aylin, du bist überfordert. Du weißt nicht mehr was du tust. Lass mich dir helfen." Ich war nicht überfordert. Mir ging's gut. Sehr gut.

,,Nein. Mir geht's gut."

,,Nein, denn die Aylin, die ich kenne, würde niemandem jemals etwas antun."

,,Sie kennen mich aber nicht. Kannten mich noch nie."

,,Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass du so etwas nicht tun würdest."

,,Das denken sie."

,,Aylin, warum bist du plötzlich so? Was hat dich plötzlich so verändert?"

,,Ein Gespräch."

,,Mit wem?"

,,Lisa. Sie hat mir deutlich gemacht, dass ich stark bin. Stärker als jeder einzelne auf dieser Welt und alle zusammen. Sie hat mir deutlich gemacht, dass ihr alle diesen Schmerz verdient habt." Und dafür dankte ich ihr. Vom ganzen Herzen.

,,Das stimmt aber nicht."

,,Doch, das tut es."

Und dann fror ich Frau Coopbeer ein.

Hatte kein Mitgefühl.
Kein Schuldgefühl.
Dachte nur an Rache.
Rache an jeden.

Prinzessin der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt