Kapitel 14

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Hier war ich also. Schon wieder. Dieses Mal jedoch auf den Gleisen.
Ich war nicht festgebunden.
Ich lag hier einfach.
Aus freiem Wille.

Ich hatte diese Strecke bei meinem Rundgang gestern entdeckt.
Ich fand sie schön.
Sie war noch naturbelassen.
Sie war aber trotzdem noch befahren.
Sonst würde das hier ja nichts bringen.

Hier in der Nähe gab es keine Haltestelle.
Keine Passagiere.
Niemand, der hier vorbeilaufen würde.
Niemand, der mich stören könnte.

Ich dachte nochmal an das Gespräch vorhin mit Frau Coopbeer. Nachdem sie mich noch mal gefragt hatte, ob alles ok sei, da ich nicht auf ihre Frage geantwortet hatte, verlief das Gespräch so, wie sie es sich vorgestellt hatte, da ich ihr gesagt hatte, dass ich mich wohlfühlte und alles toll fand.
Die ganze Zeit in der Hoffnung, dass sie bald verschwinden würde, damit ich endlich frei sein könnte.

Ich war, nachdem sie gegangen war, direkt raus gestürmt. Hier her.
Ich wusste von Anfang an, wo ich mein Leben beenden wollen würde, denn es musste an einem Ort sein, wo kein Wasser war, keine Menschen waren, und da kam mir dieser Platz direkt in den Sinn.

Er war perfekt.

Ich lag hier jedenfalls schon seit einigen Minuten und soweit ich wusste, sollte der Zug in ein paar Minuten kommen.

Ich lächelte, denn ich freute mich auf den Tod.
Ich hatte nie Angst vor ihm.
Denn warum sollte man Angst vor etwas haben, dass einen glücklich machte? Warum?
Genau. Es gab dazu keinen guten Grund.
Aber das war auch nicht wichtig, ich war in diesen paar Minuten einfach nur glücklich.
Etwas, was ich schon lange nicht mehr war.
Das letzte Mal vor 10 Jahren und doch war es damals nicht so intensiv wie jetzt.
Denn jetzt war es besonders.
Es wäre das letzte Mal, dass ich glücklich sein könnte.
Es wäre das letzte Mal, dass ich traurig sein könnte.
Es wäre das letzte Mal, dass ich etwas fühlen könnte.

Dennoch fand ich es gut.
Ich fand es toll.
Ich fand meinen Weg zum Glück gut.
Ich hatte in anderen Augen vielleicht nicht den besten Weg gewählt, doch in meinen Augen war es der beste.
Es gab keinen anderen Weg zum Glück.

Nicht für mich.

Und dann, als ich schon den Zug sah, er war nur noch wenige Meter von  mir entfernt, dann wurde ich plötzlich hochgehoben und von den Gleisen weggetragen. Ich hatte mich gewehrt, hatte geschrien und um mich geschlagen, doch nichts davon hatte etwas gebracht.

Wie in Zeitlupe bemerkte ich, wie ich eine Träne verlor.
Warum?
Warum durfte ich nicht glücklich sein?
Warum gönnte man mir nicht das Glück?

Jeder hatte eine eigene Art, wie er glücklich sein konnte und meine Art war nun mal diese, warum war meine Art laut den anderen falsch?

Ich hatte nur diese eine Möglichkeit, endlich glücklich zu sein, doch diese wurde mir nicht gegönnt.
Ich durfte nicht glücklich sein...
Als ich dann endlich runtergelassen wurde, blickte ich in das Gesicht desjenigen, der mein Leben noch schlimmer gemacht hatte.
Ich konnte es nicht fassen.

Wieso? Wieso sie?

Und dann, dann sah ich den Zug, er war nicht weit von mir entfernt. Also rannte ich, ich rannte um mein Glück.
Ich rannte zum Zug. In der Hoffnung, doch noch glücklich zu werden.

Prinzessin der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt