Kapitel 12

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Heute war Mittwoch. Mein erster Schultag. Ich hatte nach dem Gespräch am Montag direkt ein neues Zimmer bekommen.
Es war angemessen für jemanden wie mich.

Frau Coopbeer hatte sich meine Wünsche zu Herzen genommen. Auch wenn ich eigentlich keine hätte haben dürfen.

Die Wände waren schwarz und die zwei Möbel weiß.
Es war eindeutig besser als das alte Zimmer.
Hier drin durfte ich leben. Ohne Teresas Schreie im Kopf.

Ich hatte mich gestern im Schloss umgeschaut und ich glaubte, dass es eindeutig lange dauern würde bis ich mich zurechtfinden würde.
Jetzt mal ganz im Ernst.
Unser Waisenheim war ja schon riesig, doch im Gegensatz zu diesem Schloss hier war das nichts.

Dieses Schloss war mindestens drei Mal so groß wie das Heim.
Wirklich.

,,Alle Erstklässler treffen sich sofort im Innenhof", ertönte eine Durchsage.
Das war wohl mein Stichwort.
Oh man, Menschenmenge.
Aber ich musste.
Ich ging also fertig angekleidet durch die Gänge.

Es gab eine Schuluniform. Ich mochte Schuluniformen schon immer.
Man wurde wahrgenommen.
Niemand achtete darauf, ob du Markensachen trägst oder nicht.
Doch sie schauten trotzdem nicht auf den Charakter.
Es änderte nichts an der Tatsache, dass Vorurteile die Welt beherrschten.
Denn wenn man sich nicht schminkte, wurde über einen gelästert.
Hatte man eine andere Hautfarbe, wurde Abstand zu dir gehalten.
Wurde ein Gerücht von dir verbreitet, wurdest du missbilligend angesehen.
Es war traurig, was aus unserer Welt geworden war.
Wir achteten nur auf das Äußere.
Wenn man mittlerweile nicht mal das bestimmte Aussehen hatte, hatte man gar keine Chance, seinen Charakter zu beweisen.
Traurig.

,,.... Aylin...schön.... gefällt."
Frau Coopbeer unterbrach somit meine Gedanken. Ich hatte nicht wirklich zugehört und deshalb auch nicht wirklich etwas verstanden. Ich sagte nichts, in der Hoffnung, dass sie sich wiederholte. Nach einer Minute, in der wir uns einfach nur ansahen, schien sie zu bemerken, dass ich ihr nicht zugehört hatte.

,,Ich hatte gefragt, ob dir das neue Zimmer gefällt?" Ich nickte.

,,Das ist schön. Na dann, viel Spaß an deinem ersten Schultag", sagte sie freundlich und zwinkerte mir am Ende zu.

Ich hoffte eher, dass ich den Tag überleben würde.
Auch hoffte ich, dass mich keiner ansprechen würde.
Ich wollte kein neues Leben beginnen, ich konnte es nicht. Ich dachte, dass ich es könnte, aber ich hatte Angst.
Angst davor, mich öffnen zu müssen.
Angst vor allem.
Ich war noch nie stark gewesen.
Ich hatte mich immer nur an die jeweilige Situation gewöhnt.
Hatte mich an den Schmerz gewöhnt.
Hatte ihn aber nie vergessen.
Er war nie weniger geworden.
Höchstens mehr.

Prinzessin der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt