Kapitel 16

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Es waren nun schon drei Tage seit dem Vorfall mit Ariana passiert und seitdem war ich nur im Unterricht und danach war ich direkt auf mein Zimmer verschwunden.

Ich konnte Ariana nicht ins Gesicht sehen.
Sie versuchte oft ein Gespräch mit mir zu führen, doch ich wich ihr immer wieder aus.
Ich war noch zu enttäuscht und sauer.
Enttäuscht, weil ich ihr nicht zugetraut hatte, dass sie mir wirklich nicht angesehen hatte, wie schlecht es mir ging, wie glücklich ich war, als ich auf den Gleisen lag.
Enttäuscht, weil sie nicht gesehen hatte, dass der Tod das beste für mich war.
Sauer, weil sie mein Glück verhindert hatte. Meinen Frieden.

Meine Erlösung.

Doch andererseits hörte ich ständig eine leise Stimme, die mich umzustimmen versuchte. Die mir sagen wollte, dass Ariana mich gar nicht kannte.
Wie sollte sie sowas also bemerken?
Doch auch wenn sie mich nicht kannte, brauchte man mich doch kaum kennen, um das zu erkennen, oder?
Oder hoffte ich einfach nur zu viel?

Was es auch war. Ich war zerstört.
Und trotz allem sauer auf Ariana.

Sie hatte mir immerhin die Möglichkeit, mit meinem Leben, der Vergangenheit, abzuschließen genommen.

Denn sowas konnte ich nie. Ich konnte nie mit der Vergangenheit abschließen.
Zum einen, weil Teresa nie einen Therapeuten bezahlen wollte, sie wollte mich leiden sehen.
Sie wollte sehen, wie ich auch äußerlich zerbrach.
Wie meine Fassade brach und ich noch mehr ein Wrack wurde.

Und zum anderen, weil ich dem Therapeuten niemals etwas über meine Vergangenheit erzählt hätte.
Ich wollte und könnte es nicht.
Ich wollte und könnte ihn einfach nicht mit meinen Problemen belasten.
Ich wollte kein Mitleid.
Ich wollte nicht, dass mir geholfen wird, denn das hatte ich nicht verdient.
Hatte es nicht verdient, dass mir der Schmerz genommen wurde.
Ich war doch an allem Schuld.
Und jetzt fiel mir auf, dass ich den Tod nicht verdient hatte. 
Ich hatte meine Erlösung nicht verdient.
Ich sollte in dem Elend leben.
Wie gesagt, ich fand es nicht schlimm, ich hatte es immerhin schon längst eingesehen. Hatte schon längst eingesehen, dass der Schmerz meine Strafe war.

***************

,,So kann das doch nicht weiter gehen Aylin."
Es hatte doch bis jetzt auch ganz gut geklappt, warum also nicht weiter. Ich zuckte mit den Schultern.

,,Aylin, warum wolltest du dich umbringen? Warum wolltest du, dass dich die Züge überrollten? Warum? Warum Aylin?"
Ich zuckte mit den Schultern.
Ich wollte es ihr nicht erzählen. Außerdem hatte ich gar keine Kraft dazu, ich war zu schwach.

Ich hatte die letzten Nächte kaum geschlafen, da ich oft Albträume hatte.
Es waren Träume, in denen mein 6. Geburtstag wiederholt wurde. 
Das Verschwinden meiner Eltern wiederholt wurde.

Der Selbsthass war immer schlimmer geworden. Die Sehnsucht nach meinen Eltern war schlimmer geworden.
Der Drang, wissen zu wollen, ob sie lebten oder nicht, war schlimmer geworden.
Doch am schlimmsten war der Schmerz geworden. Er zerfraß mich. Dies sah man mir auch an. Ich hatte tiefe Augenringe, meine Haare waren noch matter als sonst.
Ich sah aus wie eine lebendige Leiche.

,,Aylin, du kannst mit mir reden. Du kannst mir vertrauen. Wirklich."
Am Ende lächelte sie mich leicht an. Ich schaute sie starr an und schüttelte dann den Kopf.
Nein, niemals würde ich ihr vertrauen. Ich konnte niemandem vertrauen, es ging nicht, wenn ich mir noch nichtmal selbst vertraute.
Und das tat ich nun mal nicht. Ich vertraute mir selbst nicht. Wieso also sollte ich dann jemand anderem, fremden Vertrauen?

,,Aylin, du musst. So kann das doch nicht weitergehen."
Wie gesagt, ich hatte keine Probleme mit der derzeitigen Situation.
Nicht mehr.
Sie anscheinend schon.
Ich verstand sowieso nicht, wieso sie sich so um mich sorgte.
Ich wollte es gar nicht wissen.

Wahrscheinlich einfach, weil ich mich umbringen wollte und wenn das jemand herausfinden würde, dann würde es ja ihrem Ruf schaden und jetzt wollte sie diejenige sein, die mich aus dem Loch herausholte.
Nein, das würde ich nicht zulassen.
Ich wollte nicht, dass man mich für seinen guten Ruf nutzte.
Ich wollte nicht, dass nachdem sie das bekommen hatte, was sie wollte, sie mich fallen lassen würde, so wie Blätter vom Baum fielen und am Ende verrotteten.

Ich wollte nicht ausgenutzt werden.
Ich wollte erst gar nicht im Mittelpunkt stehen.

,,Wie wäre es, wenn ich dir ein Geheimnis erzähle, du darfst auch aussuchen welches und du mir im Gegenzug erzählst, warum du dich umbringen wolltest?"
Ich nickte. Natürlich wollte ich ihr nicht alles erzählen.

,,Gut. Also was möchtest du wissen?"
Sie übergab mir Stift und Zettel.
Ich schrieb die Frage auf, welche ich mich schon lange fragte.
Jedoch hatte ich bisher keine Antwort darauf gefunden.

Heyyy
Welche Frage Aylin Frau Coopbeer wohl gestellt hat?
Schreibt eure Vermutung doch einfach mal in die Kommis😊

Byeee :)

Prinzessin der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt