6 ~ Mipha

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"Link, komm schnell her, dein Vater ist da! Und er hat jemanden mitgebracht!"
So schnell ich konnte rannte ich hinaus und sah Papa mit Aryll und Mama dort stehen. Sofort liefen mir die Tränen über die Wangen und weinend lief ich auf alle zu.
"Ich hab euch so vermisst!", rief ich und lief auf sie zu, doch als ich bei ihnen ankam, wurden sie alle zu Phantomen und sackten in den Erdboden ein. Der Boden unter meinen Füßen begann zu verschwinden und ich fiel in ein tiefes schwarzes Loch hinab.
"Link! Hilfe!", hörte ich meine Schwester nur noch rufen. Verzweifelt streckte ich beide Hände nach ihr aus, als ich auf den Grund des Lochs fiel.

Hart knallte ich auf den Boden auf und...
war hellwach.

Es war alles nur ein Traum gewesen und ich war aus meinem Bett gefallen. Papa war seit drei Tagen nicht zurück und die Leute im Stall haben schon die Hoffnung aufgegeben. Seitdem sie mir erzählten, dass sie vermuteten, dass auch er im Wald sein Leben ließ, habe ich kein Wort mehr gesprochen; mit niemandem. Stattdessen zog ich mich zurück und versuchte mich abzulenken.

Verschlafen stand ich auf und ging hinaus. Elena war noch immer angebunden. Ich atmete traurig aus und ging dann auf sie zu. Ich würde den Stall nun wohl irgendwann verlassen müssen. Mich hielt hier sowieso nichts mehr fest, ich war von nun an quasi auf mich alleine gestellt... Traurig atmete ich aus und schaute zu Boden.

Bevor ich losreiten konnte, kam ein Mitarbeiter des Stalles auf mich zu.
"Hey, Kleiner! Warte mal kurz..."
Ich schaute ihn erwartungsvoll an, in der Hoffnung, er habe doch noch gute Neuigkeiten von Papa.
"Hier, ein Brief für dich. Er ist von der Prinzessin der Zoras, Mipha."

Ich nahm ihm den Brief enttäuscht aus der Hand und las ihn:

- - - - -
Hallo Link!

Ich habe mitbekommen was passiert ist.
Deine Schwester ist weg und auch dein Vater scheint nicht zurückzukommen.
Bitte besuche mich doch im Dorf der Zoras, dann können wir zusammen schauen, was wir jetzt machen.

Komm heil bei mir an!

Deine Mipha
- - - - -

Ich schaute in den Himmel und eine Träne lief mir die Wange hinunter.
"Mipha...", murmelte ich, in Gedanken noch immer bei meiner Familie.
Ich sattelte Elena und machte mich dann auf den Weg zum Dorf der Zoras. Mich hielt an diesem Stall hier eh nichts mehr. Auf wen sollte ich auch warten, wenn keiner mehr zu mir zurückkehren würde?

Mit allen meinen Habseligkeiten brach ich also auf. Von hier bis zum Dorf der Zoras ist es nicht so weit und wenn ich im Galopp reite, dann sollte ich das Dorf noch heute erreichen können; hoffte ich.

Den Weg konnte ich ohne Probleme bestreiten, das einzige, was mich plagte, waren meine Gedanken... Letztendlich war ich an allem schuld, oder?

Als ich dann an der Ingogo-Brücke ankam, konnte ich Elena dort an einen Mann abgeben, der auf sie aufpasste, bis ich vom Dorf zurückkehren würde.
Ich war sehr froh, dass es dieses Stall-Prinzip gab, denn sonst wäre ich aufgeschmissen gewesen. Ich hätte vom Stall des Waldes bis hier zu Fuß gehen müssen und das wäre sehr weit gewesen... Dazu kommt, dass ich noch sehr jung bin, eigentlich lässt keiner momentan seine Kinder alleine raus; doch genau das war der Knackpunkt... Da ist keiner mehr, der für mich verantwortlich ist.

Zu Fuß machte ich mich jetzt also auf den Weg zum Dorf der Zoras. Auf halbem Weg kam mir Mipha schon entgegen und ich konnte nicht anders, als zu ihr zu laufen und ihr weinend in die Arme zu fallen.
"Mipha, es ist so viel passiert...", schluchzte ich leise und drückte mich an sie.
"Shhh, alles wird gut", sagte sie nur zu mir und versuchte mich zu beruhigen.
Sie streichelte vorsichtig immer wieder über meinen Rücken, ganz regelmäßig, während wir in einer Umarmung verharrten. Irgendwie beruhigte mich ihre Nähe ein wenig.

Dann irgendwann nahm sie mich an die Hand und ging mit mir den Rest bis zum Dorf hoch. Sie ließ mich alles erzählen und schildern und als wir ankamen, hatte ich alles erzählt; wie es zu der Situation kam und warum Papa dann auch hinterhergegangen war.

"Link, alles wird wieder gut, glaub mir. Du kommst jetzt erstmal mit. Sidon wartet schon ganz gespannt auf deine Ankunft und er hat einen mächtigen Hunger, weil ich ihm gesagt hatte, dass wir noch auf dich warten."
Sofort war meine Stimmung ein wenig gehoben, wenn auch nicht ganz, und ich freute mich wahnsinnig auf das Essen, denn Mipha konnte großartig kochen.
"Was hast du denn gekocht Mipha?", fragte ich nach.
Sie lachte und erzählte mir dann, dass sie ein Geflügelcurry gemacht hatte.

Ich freute mich schon richtig darauf und als wir dann im Dorf ankamen, lief Sidon direkt auf mich zu.
"Hallo Link! Mipha hat gesagt, dass es erst Essen gibt, wenn du da bist! Und jetzt bist du ja!", er wandte sich Mipha zu.
"Mipha! Essen! Endlich!"

Ich kicherte und folgte den beiden dann. Wir gingen erst das Essen holen und dann setzten wir uns im Dorf auf eine Bank.
Das Geflügelcurry schmeckte großartig und ich fragte Mipha vorsichtig nach den Zutaten.
"Ich habe eigentlich nur ein bisschen Geflügel angebraten und dann den bereits gekochten Reis untergehoben. Und natürlich mit dem Goronengewürz ordentlich gewürzt", antwortete sie.
Ich nahm einen weiteren großen Löffel und ließ es mir schmecken.

Doch meine Gedanken waren noch immer auf meine Schwester und meinen Vater fixiert. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich schuld war. Nur weil es mich gab, ist das alles passiert. Zu aller erst war Mama in den Wald gegangen; meinetwegen. Dann bin ich mit Aryll hineingegangen, weil ich es zugelassen habe; weil ich ihr den Wunsch erfüllen wollte... Und dann Papa; er wollte einen Fehler ausbügeln, welchen ich gemacht hatte.

Immer war es meine Schuld gewesen; immer war es meinetwegen passiert.

Es wurde langsam dunkel und ich entschied mich dazu, Mipha zu fragen, ob wir vielleicht zum Sela-Wasserfall gehen könnten; der Wasserfall war immer ziemlich schön anzusehen gewesen und vielleicht würde mich ein wenig Abwechslung auf andere Gedanken bringen.
Sie sagte zu und wir gingen mit Sidon zusammen dort hin.

"Hier ist es voll schön...", sagte ich, während ich auf den Wasserfall achtete.
"Ja, oder? Man könnte sich die ganze Nacht hier hinsetzten und einfach den Himmel beobachten...", entgegnete Mipha verträumt.
"Oder...!"
Sidon sprang in den Teich und machte uns beide nass.
"Oder man planscht hier ausgiebig!"
Er begann zu lachen. Ich ließ mir die Chance nicht nehmen und lief hinter Sidon hinterher, um auch ihn nass zu machen.

"Ich hab dich!", rief ich und packte Sidon am Arm.
Dieser begann laut zu lachen und entwand sich meinem Griff. Gerade als ich wieder nach ihm greifen wollte, hob Mipha mich hoch.
Ich begann zu kichern und Mipha lächelte mich an.

Wir spielten noch eine Weile weiter miteinander,  doch irgendwann war ich so müde, dass ich mich an den Rand setzte. Meine Kleidung war komplett nass und ich war froh, dass in meinem Rucksack, der im Dorf stand, noch Wechselklamotten hatte.

Mipha hatte gesehen, dass ich mich an den Rand gesetzt hatte und kam eilig auf mich zu.
"Alles gut? Bist du müde oder ist dir kalt? Möchtest du zurück?"
Ich nickte nur. Ich war müde, mir war kalt und ich wollte zurück. Dazu kam, dass mich diese Planscherei auch nur temporär ablenken konnte; mit zunehmender Müdigkeit kamen die Gedanken an Mama, Papa und Aryll zurück und ich merkte, wie mir die Tränen wieder in die Augen stiegen.

Mipha nahm mich an die eine und Sidon an die andere Hand und brachte uns beide wieder ins Dorf zurück. Dort angekommen zog ich mich um und wartete dann, dass Mipha zurückkam.
Sie wollte Sidon ins Bett bringen und dann zu mir zurückkommen.

Es dauerte lange, bis sie wiederkam. Ich war fast eingeschlafen, da kam sie ins Gasthaus hinein.
"Link? Noch wach?"
Ich streckte mich kurz und setzte mich dann auf. Mipha kam zu mir ans Bett und setzte sich zu mir. Ich kuschelte mich ein wenig an sie und sie begann etwas zu erzählen:
"Ich habe mit deinem Onkel Kontakt aufgenommen, er wird dich morgen hier abholen und du wirst bei ihm wohnen. Ich bin mir sicher, dass er gut auf dich aufpassen wird."

Ich schaute sie an und nickte nur. Mein Onkel war der letzte, der mich noch aufnehmen konnte; der letzte meiner verbliebenen Verwandten. Ein wenig fühlte ich mich schon wie ein Klotz am Bein von Anderen...
Aber wenigstens war dort jemand, der mich aufnehmen würde, sodass ich nicht als dreizehnjähriger alleine umherirren müsste.

Ich gähnte noch einmal ausgiebig und schlief dann in Miphas Arm ein.

Breath before the Wild | Legend of Zelda FF | DEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt