42 ~ Geschwisterliebe

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Ich versuchte zu verarbeiten, was ich gerade gesehen hatte.
Ich hatte zwar keine Angst gehabt, aber es ging alles so schnell. Trotzdem war ich erleichtert, dass nichts Ernsteres passiert war und Daruk das Opfer gerettet hatte.
Apropos Opfer...

Ich ging vorsichtig auf den Stein zu, auf welchen die Bokblins zugelaufen waren.
"Pass bloß auf Prinzessin!", rief Daruk mir nach. "Die Person könnte verängstigt sein!"
Ich versicherte ihm, dass ich vorsichtig sei und ging vorsichtig näher heran. Was Daruk meinte, war schon richtig, denn die Person könnte mich für ein Monster halten und dann Panik bekommen.

Als ich einen Blick hinter den Felsen werfen konnte war ich sehr erleichtert. Anstelle eines Hylianers fand ich dort einen schwarz-braun-weiß gescheckten Hund vor.
Ich ging um den Fels herum und ging langsam auf den Hund zu.

"Komm her!", rief ich ihn zu mir, doch er schien sehr verängstigt zu sein.
Um ihm ein wenig die Angst zu nehmen, kniete ich mich hin und klopfte auf meinen Oberschenkel, um ihm so ein Zeichen zu geben, dass er zu mir kommen sollte.

Der Hund stand vorsichtig auf und kam auf mich zu. Ich streckte ihm meine Hand hin und ließ ihn daran schnüffeln. Als er erkannte, dass ich nichts Böses im Sinne hatte, sprang er freudig in meinen Arm. Auch wenn ich fast komplett auf dem Boden gelegen hätte, weil er plötzlich in meinen Arm sprang, begann ich ihn zu streicheln.
"Dir wollten die Monster ans Leder? Du armes Kerlchen", stellte ich fest und drückte ihn ganz feste, woraufhin er zu winseln begann.
"Ist ja gut", sagte ich lachend und ließ ihn meine Hand abschlecken.
Dann überprüfte ich kurz, ob er verletzt war, was er zum Glück nicht war.
"Er ist unverletzt!", rief ich und schaute zur Gruppe zurück. Doch... etwas war komisch.

Ich schaute genauer hin und sah, dass Daruk zitternd neben den Wachen stand. Als ich gerade etwas sagen wollte, bellte der Hund.
Daruk ließ seine Waffe plötzlich panisch fallen und hetzte zur Seite. Dann aktivierte er seinen Schutzschild, was mich wunderte. Konnte es etwa sein, dass er Angst hatte? Der große Daruk, Angst vor einem Hund?

Ich streichelte den Hund noch einmal, bevor er dann davonlief. Als der Hund außer Reichweite war, kam auch Daruk wieder näher.
"Mann, das ist mir ganz schön peinlich...", sagte er nervös, während er sich verlegen am Kopf kratzte.
"Als kleiner Kiesel hat mich mal ein Hund angefallen...", begann er zu erklären.
"Einen Mordsschrecken hat der mir damals eingejagt! Seitdem dreh ich durch, wenn ich die Viecher seh."
Ich musste schmunzeln.
"Sogar der mächtige Daruk hat eine Schwachstelle!"
Na so was. Sogar Daruk, der mächtige Daruk, war nicht makellos!

Daruk schwieg eine Weile; keiner von uns schien die Stille wirklich brechen zu wollen, doch Daruk schien etwas  Wichtiges zu beschäftigen.
"Sagt mal, Prinzessin...", setzte er an. "Diese Verheerung Ganon... Das ist doch nicht etwas ein riesiger Hund, oder?"
Verwirrt schaute ich ihn an.
"Ehm...", sagte ich, doch im selben Moment setzte Daruk schon ein breites Grinsen auf und ich begann zu lachen, was er mir gleich tat.

Irgendwann, als wir beide aufgehört hatten zu lachen, kam Daruk nochmal auf das Thema mit dem Titanen zurück.
"Aber wie gesagt, ich bin dabei. Ich steuere für Euch einen Titanen."
"Danke Daruk, ich weiß das sehr zu schätzen", antwortete ich ihm glücklich.

Ich war ihm wirklich richtig dankbar. Vor allem, weil er einfach selbstbewusst war und immer wusste, was er tat; außer es ging um Hunde, aber das war ein anderes Thema.

Plötzlich tippte mir eine meiner Wachen auf die Schulter:
"Entschuldigen Sie Prinzessin, aber Euer Vater erwartet Euch bald wieder Zuhause und Ihr müsst noch zu Prinzessin Mipha und Königin Urbosa."
Ich nickte ihnen zu und schaute dann traurig zu Daruk.
"Ich muss los. Wir sehen uns bestimmt demnächst nochmal."
"Das will ich doch hoffen Prinzessin!", sagte er selbstsicher.

Ich wünschte, ich hätte ein wenig seiner Selbstsicherheit. Doch alles, was mich erfüllte war Angst. Angst, nicht genug zu sein. Angst, meiner Pflicht nicht nachzukommen. Angst, meine Kraft nicht zu erwecken. Angst, alle in Gefahr zu bringen...
Wegen meiner fehlenden Kraft.

♦    ♦    ♦

"Wann sind wir daaa?", fragte Aryll ungeduldig.
"Bald", antwortete ich nur.
Wir waren gerade am Stall am See vorbeigeritten, was bedeutete, dass wir bald da sein würden. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass Aryll einfach so eine Freistellung einrichten konnte, aber mir sollte es recht sein. Ich freute mich auf die Zeit mit ihr zusammen. Auch konnte man hier in Phirone merken, dass es schon wärmer wurde, weshalb ich davon ausging, dass wir bei Angelstedt auch ins Wasser könnten. Es würde einfach so schön werden!

Voller Freude ritt ich mit ihr zusammen weiter. Auf dem restlichen Weg spielten wir gemeinsam 'Ich sehe was, was du nicht siehst' und vertrieben uns so die Langeweile.
Aryll wurde dabei immer kreativer und plötzlich musste ich auch Dinge erraten, welche nicht einmal sie sehen konnte. Auch wenn das den Sinn des Spiels komplett zerstört hatte, so hatten wir Spaß und das war was zählte.

In Angelstedt...

"Wir sind daaa!", schrie Aryll und sprang von Artax' Rücken ab.
Ich lachte und ritt mit Elena in Schritttempo weiter, bis ich eine Stelle fand, an welcher ich sie festbinden konnte.
"Link! Jetzt machen wir Geschwister-Quality-Time! Weißt du wie lange ich mir sowas gewünscht hab? Gefühlt schon immer!"

Aryll hüpfte fröhlich durch die Gegend, während ich lachend die Sachen von Elenas Rücken nahm. Es war so schön sie so glücklich zu sehen. Wir konnten nun für ein paar Tage mal abschalten und nichts tun; ich glaubte, dass das für uns beide auch ziemlich gut war.

Als ich alle Sachen von Elena genommen hatte und Artax ebenfalls festgebunden hatte, machte ich mich mit Aryll auf den Weg zum Gasthaus und nahm dort zwei der Betten. Sofort richtete Aryll sich dort häuslich ein und legte sich in ihr Bett.
"Das ist total bequem!", sagte sie, während sie sich im Bett wälzte.
Ich lachte und ging auf sie zu, um sie zu kitzeln. Ich erwischte sie in einem unerwarteten Moment, woraufhin sie anfing zu lachen und zu quietschen.
"Link hör auf!", brachte sie kichern hervor.
Ich hingegen machte einfach weiter; es war glattweg viel zu lustig.

Irgendwann hörte ich aber auch auf. Aryll holte Luft und kicherte immer noch. Ich hingegen schaute aus dem Fenster.
Es war bereits dunkel geworden. Die Reise war ziemlich lang gewesen... Sie hatte ungefähr zwei Tage in Anspruch genommen. Ich fragte mich, was Zelda wohl gerade tat.
Ich würde vermuten, dass sie nach Goronia gereist war, um dort den Recken zu benennen. Wenn ich alles richtig verstanden hatte, dann würden die Recken aus allen Völkern Hyrules kommen. Gerudo, Zoras, Orni, Goronen und halt Hylianer.
Eine krasse Vorstellung... Aus dem ganzen Land werden fünf Recken ausgewählt, welche dann gemeinsam für das Land kämpfen...

Wenn meine Vermutung sich bestätigt und Zelda bei den Goronen war, dann ist sie bestimmt schon längst weiter gereist. Während ich mit Aryll hierher unterwegs war, da muss sie ja schon unterwegs gewesen sein. Vielleicht war sie jetzt auch schon bei den Zoras? Oder fast da? Oder sie will erst zu den Gerudo? Bei den Orni war sie auf jeden Fall ja schon.
Ich atmete traurig aus. Ich dachte einfach zu viel über sie nach...

Um mich auf andere Gedanken zu bringen, ging ich zu Aryll.
"Hast du Lust raus zu gehen? Der Mond scheint so schön auf das Meer und wir könnten eventuell noch ein wenig an den Strand gehen."
Aryll nickte eifrig und nahm dann sofort meine Hand. Diese hielt sie fest und rannte mit mir nach draußen in Richtung Meer. Dort angekommen setzten wir uns an den Strand und schauten in den Himmel.

Wir redeten ein wenig über die Zeit als wir klein waren. Generell schwelgten wir ziemlich in Erinnerungen.
Während wir da so saßen, legte ich meinen Arm um Aryll und hielt sie fest. Für nichts auf der Welt würde ich sie je wieder hergeben.

Es wurde immer dunkler und irgendwann schlief Aryll an mich gelehnt ein. Zuerst verharrte ich mit ihr so, doch als es immer später wurde, stand ich vorsichtig auf und trug sie ins Gasthaus. Dort legte ich sie vorsichtig in ihr Bett und ging dann selbst schlafen.
Der Tag war anstrengend gewesen und morgen hatten wir wieder etwas Neues vor.

Breath before the Wild | Legend of Zelda FF | DEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt