73 ~ Verletzt

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Am nächsten Morgen wurde ich um einiges früher wach als Zelda. Schnell warf ich einen Blick auf die Uhr; gerade einmal fünf Uhr in der Früh. Die Prinzessin stand sonst immer gegen sechs auf, das hieß, dass mir eine Stunde blieb, bevor wir allmählich aufbrechen würden.

Kurzerhand zog ich mich an und nahm dann mein Schwert, um vor dem Stall ein wenig zu trainieren. Eigentlich trainierte ich viel zu selten, ich sollte es täglich tun, aber manchmal kommt man einfach nicht dazu. Ich kann von Glück reden, dass ich mit einem natürlichen Talent geboren wurde, sonst würde das hier alles ganz anders aussehen.

Es war noch dunkel draußen, doch langsam schien die Sonne aufzugehen. Ich suchte mir eine Trainingspuppe am Stall und begann zu trainieren. Ich wusste nicht wirklich was ich überhaupt üben sollte, doch schnell entschied ich mich zu einer einfachen Kampfsimulation. Das bedeutete, dass ich so mit der Puppe kämpfte, als würde ich gerade wirklich einem Gegner gegenüberstehen.

Dabei nahm ich die Puppe immer wieder als einen anderen Gegner wahr; einmal war es ein Bokblin, dann ein Moblin. Manchmal Hylianer selbst oder sogar Astor oder die Verheerung Ganon; auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie die Verheerung überhaupt aussah. Mal abgesehen davon, dass ich nicht mal weiß, ob sie einen physichen Körper hat...

Irgendwann ging die Sonne auf und ich hatte keine Lust mehr aufs Training, weshalb ich zurück in den Stall ging. Dort angekommen traf ich auch schon auf Zelda, welche gerade ihre Stiefel zuschnürte.
"Guten Morgen Euer Hoheit", grüßte ich sie, doch von ihr vernahm ich nur ein Murren. Ich wusste nicht was mit ihr los war und warum sie plötzlich so reagierte, doch ich wollte sie auch nicht weiter verärgern, wenn ihr sowieso schon etwas nicht zu passen schien. Ich wüsste zwar gerne was der Anlass für ihr momentanes Verhalten war, doch das könnte warten.

Bevor sie oder ich noch etwas sagen konnte, nahm ich ihr die Taschen ab und verstaute sie in einem der Schränke des Stalls, da wir unsere Pferde nicht mit zum Dorf nehmen konnten. Zelda ging irgendwann aus dem Stall hinaus und hatte einen Becher in der Hand. Als ich genauer hinschaute, konnte ich erkennen, dass es ein Papierbecher des Stalls war. Zelda kippte den Inhalt ins Gebüsch und schmiss den Becher dann in den naheliegenden Mülleimer, als sie sich zu mir umschaute.

"Heute geht es zum Dorf der Orni. Ich muss mit dem Oberhaupt sprechen, du solltest am besten mit Revali sprechen", ratterte sie den Plan für heute hinunter und setzte sich dann in Bewegung. Sofort folgte ich ihr, ohne noch ein Wort zu sagen.

Es war ungewohnt von ihr so harsch behandelt zu werden, vor allem, weil wir zuvor doch eigentlich ziemlich gut miteinander auskamen. Klar, ich wusste immer noch, dass ich sie an ihr Scheitern erinnerte, aber das kann doch nicht so plötzlich hochkommen, oder? Doch ich kann nicht in Zelda hineinschauen und ihre Gedanken lesen; ich bin nicht Zelda, ich bin eben Link. Wer weiß, wie sie das empfindet? Ich kenne nur die eine Seite der Medaille und das ist meine. Was ist, wenn ihre Seite bereits angelaufen war, während meine weiterhin strahlte? Genau das konnte ich eben nicht wissen und deswegen sollte ich nicht urteilen, bevor ich nicht genaueres wusste.

Doch trotzdem verletzte mich ihr Verhalten...

Wir begannen unseren Fußmarsch in Richtung des Dorfes der Orni. Dabei führte unser Weg uns über die drei Inseln im Oronini-See.

Auf der ersten Insel blieb Zelda für einen Moment stehen und nahm den Shiekah-Stein in die Hand. Sie richtete ihn auf das Dorf der Orni, welches man von hier aus bereits sehr gut erkennen konnte und machte ein Foto.

Ich stand währenddessen hinter ihr und wartete darauf, dass sie weitergehen würde. Als ich erkennen konnte, dass sie glücklich auf den Shiekah-Stein schaute, begann ich ebenfalls leicht zu lächeln. Es schien, als würde ihre schlechte Laune langsam verfliegen.

Wir setzen den Weg fort, als wir schlussendlich am Dorf ankamen. Revali erwartete uns bereits, denn er empfing uns am Fuße des riesigen Berges, um welchen das Dorf herum gebaut wurde. Generell konnte man sagen, dass das Dorf besonders gebaut wurde. Dieser Berg, oder besser gesagt Stein, ragte weit in die Luft und hatte zur Seite einen Auswuchs, auf welchem der Titan stand. Die einzelnen Häuser der Bewohner waren an den Stein in der Mitte angebaut und durch Brücken und Treppen verbunden. Das Dorf war wirklich schön und ich konnte verstehen, warum es eine beliebte Touristenattraktion war.

Revali begrüßte Zelda und führte sie dann bis zur Spitze des Dorfes, dorthin wo der Häuptling sich aufhielt. Ich folgte den beiden und schaute mich immer wieder um; ich fand das Dorf wirklich eindrucksvoll.

Als Zelda beim Häuptling angekommen war, machte Revali sich mit mir zusammen auf den Weg zu einem Übungsplatz des Dorfes.

"Wir beide gehen jetzt zum Revali-Platz", sagte er ganz stolz, ohne mich eines Blickes zu würdigen.

Ich schaute ihn entgeistert an; hatte der Vogel da einen eigenen Übungsplatz?! Was hat er seinem Volk getan, wenn er sich so aufführte? Besonders toll irgendwo gestanden?

Ich konnte nicht verstehen, wie man einem einzelnen Orni-Krieger solch eine Ehre erbringen konnte, wenn er sich so verhielt. Bei seinem Verhalten und Auftreten würde ich ihm sogar zutrauen, dass er den Häuptling erpresst hatte, damit er diesen Platz bekam.

Wir betraten den Platz, als Revali ohne etwas zu sagen, einfach davon flog.
Verwirrt schaute ich ihm hinterher, doch entschied mich dazu, dass ich keinen Gedanken an ihn verschwenden würde. Sollte er doch machen, was er wollte.

Doch was mir wieder durch den Kopf ging war, dass er und ich Teampartner sein sollten. Ich verstehe immer noch nicht, warum gerade er, der mich anscheinend abgrundtief hasste und ich, der ihn eben deswegen nicht leiden konnte, ein Team bilden mussten. Es gab doch zwischen den anderen Recken auch keine Teambildung, warum also er und ich? Weil ich keinen Titanen besaß? Doch warum durfte ich denn dann nicht mitentscheiden? Hätte ich mich entscheiden können, dann hätte ich vermutlich Daruk genommen. Nichts gegen Mipha, aber Daruk und ich, wir sind irgendwie von Beginn an auf einer Wellenlänge gewesen. Auch wenn ich Mipha von klein auf kannte, es wäre irgendwie komisch gewesen, wenn wir in ein Team eingeteilt werden würden; ich wollte unsere Freundschaft unter Umständen auch nicht dadurch strapazieren. Eigentlich sind wir beide doch ziemlich glücklich so wie es war, oder?

Aber mal abgesehen davon, was hatte Revali vor?
Eigentlich wollte ich nicht darüber nachdenken, aber es ließ mir keine Ruhe.

Ich schaute mich um und setzte mich dann auf eine kleine Abstufung zum Revali-Platz, als ich plötzlich einen starken Aufwind an mir vorbeiziehen spürte.

Breath before the Wild | Legend of Zelda FF | DEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt