Kapitel 25

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Ich begab mich dann wie ausgemacht ins Bad und das Erste, was ich tat war, mir mit kaltem Wasser das Gesicht zu waschen. Das half mir dabei, wenigstens wieder ein wenig klarer im Kopf zu werden. Insgeheim wusste ich, dass es ein Fehler war, Stephan wieder näher an mich heran zu lassen. Jedoch würde es schmerzhafter sein, komplett auf ihn verzichten zu müssen und irgendwie würde ich damit klar kommen, dass er eben nur ein guter Freund für mich sein durfte. Obwohl da eindeutig eine gewisse Spannung zwischen ihm und mir vorhanden war, ich würde meinen Gefühlen schon irgendwie widerstehen können. Ich musste. Schließlich gab es eine andere Frau in seinem Leben und ich wollte Stephan und Melanie keinesfalls im Weg stehen, auch wenn mir schon klar war, dass es für Melanie genauso rüber kommen würde.
Ich vertraute auf Stephan, dass er es regeln würde. Letztendlich wurde doch immer alles gut, oder? Und Stephan würde ein wundervoller Vater für dieses Kind werden, das wusste ich einfach. Und als ich daran dachte, musste ich unwillkürlich lächeln. Jedoch erstarb dieses Lächeln sogleich wieder, als mir bewusst wurde, dass ich mein eigenes Kind ohne einen solch liebevollen Vater aufziehen würde. Denn der Vater meines Kindes war ein Verbrecher und ich war mir nicht sicher, ob ich mich tatsächlich je wieder richtig auf einen Mann einlassen konnte. Da gab es noch Alexander, aber mir wurde nun klar, dass es einfach nicht fair war ihm Hoffnung zu machen, wo keine war. Der Mann, der mich offenbar wollte, den konnte ich nicht lieben und der Mann, den ich liebte, den konnte ich nicht haben. Irgendwie war es schon immer so gewesen, dass ich mich immer auf die falschen Männer eingelassen oder mich in die falschen Männer verliebt hatte. Es war wie ein Teufelskreis, aus dem es beinahe unmöglich war, auszubrechen.
Und während ich darüber nach dachte, wurde mir auf einmal ziemlich schlecht und ich schaffte es gerade noch mich über die Toilette zu beugen, bevor ich mich übergeben musste. Zur Sicherheit blieb ich dann auch erstmal auf dem Boden sitzen und versuchte krampfhaft die Tränen zurück zu halten, die sich in meinen Augen gesammelt hatten.
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Stephan befand sich zur gleichen Zeit auf dem Weg hinunter in die Cafeteria. Wie besprochen holte er dort Kuchen und für sich einen Kaffee, sowie einen Tee für Elena. Schon auf dem Weg nach unten hatte sein Telefon die ganze Zeit geklingelt und nun, als er wieder zurück auf Station zu Elena wollte, war es dasselbe.
Er musste gar nicht mehr aufs Display schauen, um zu wissen, dass es Melanie war. Jedoch ignorierte er all ihre Anrufe absichtlich aus einem guten Grund. Ihm war bewusst, dass Melanie ganz genau wusste, wo er war und das zu Hause ein Streit bereits vorprogrammiert war. Allerdings würde er ihr dann genau zu verstehen geben, dass er Elena nicht hängen lassen würde und dass sich Melanie besser damit abfinden sollte, denn ansonsten konnte er Konsequenzen für sie nicht ausschließen. Er hatte lange genug mit sich spielen lassen und nun würde auch er Bedingungen aufstellen, die für ihn wichtig waren, um diese Beziehung aufrecht zu erhalten. Obwohl Stephan nicht einmal wusste, ob man das was zwischen ihm und Melanie tatsächlich als Beziehung bezeichnen konnte oder durfte.
Der Polizist beschloss sein Handy, gleich nachdem er wieder bei Elena im Zimmer angekommen war, auf stumm zu schalten. Das hätte er eigentlich schon längst tun sollen, denn der Telefonterror würde definitiv nicht aufhören und Stephan war schon jetzt ziemlich genervt davon.
Schließlich kam er wieder auf der Station an und gleich darauf betrat er auch Elenas Zimmer. Das Bett war noch verlassen, also musste sie noch im Bad sein. Stephan ging zum Tisch und stellte dort das Tablett aus der Cafeteria ab. Nachdem er das getan hatte, meldete sich sein Handy erneut und Stephan holte es aus seiner Hosentasche hervor, um Melanie weg zu drücken. Auch wollte er es gleich auf stumm schalten, jedoch hörte er dann ein eigenartiges Geräusch, das eindeutig aus dem Badezimmer kam. Es war eine Art würgen, was Stephan natürlich sofort beunruhigte.
"Elena?", rief er sofort und eilte zum Badezimmer, um dort an die Tür zu klopfen. "Elena, ist alles okay?", fragte Stephan besorgt und wartete ungeduldig auf eine Antwort.
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Ich wusste nicht, wie lange ich schließlich schon vor der Toilette auf dem Boden gesessen hatte, bis ich Stephans Stimme von draußen vernahm und es an der Tür klopfte. Ich war gerade dabei gewesen, mich erneut zu übergeben und da nicht mehr viel Mageninhalt übrig war, den ich hätte erbrechen können, kam dementsprechend nur noch Galle und es tat dementsprechend weh. Mein Bauch krampfte sich, wie in so einem Fall üblich, schmerzhaft zusammen und es wurde mit jedem Würgen schlimmer.
"Elena?", hörte ich Stephan sagen. "Elena, ist alles okay?", fragte er, jedoch konnte ich ihm nicht sofort eine Antwort geben. "Komm rein.", erwiderte ich schließlich, als ich in der Lage dazu war. Glücklicherweise hatte ich die Tür nicht abgeschlossen, sodass Stephan nun herein kommen konnte. "Was ist los?", verlangte er sofort zu wissen und kam zu mir, um sich neben mich hin zu knien. "Soll ich jemanden von der Pflege holen?", schob er gleich die nächste Frage hinterher und ich schüttelte nur leicht den Kopf. "Geht schon wieder.", meinte ich. "Mir war nur ein wenig schlecht, das ist alles."
Und tatsächlich war es nun auch so schlagartig vorbei, wie es gekommen war und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass diese schnelle Genesung etwas mit Stephans Anwesenheit zu tun haben musste. "Sicher?", fragte er besorgt und ich vermied es, ihn anzusehen. Es war mir einfach äußerst unangenehm, dass er mich so sehen musste. Andererseits hatte er schon so viel mitbekommen, dass es albern war, dass ich mich dafür schämte. "Sicher.", bestätigte ich und Stephan reichte mir schließlich ein Stück Toilettenpapier, mit dem ich mir den Mund abwischen konnte.
"Danke.", sagte ich und Stephan lächelte. "Dafür nicht.", meinte er. "Meinst du, es ist vorbei? Möchtest du versuchen, aufzustehen?", erkundigte er sich und ich nickte leicht. Ich schaffte es wenigstens kurz aufzustehen, um den Deckel der Toilette zu schließen und um zu spülen. Danach verließ mich meine Kraft allerdings schon wieder und ich ließ mich auf dem Klodeckel nieder. Stephan ging vor mir in die Hocke und musterte mich besorgt. "Geht es wirklich?", fragte er und umschloss meine Hände mit seinen. Erschöpft wie ich war lehnte ich mich ein Stück nach vorne und berührte seine Stirn schließlich mit meiner. Das gab mir in diesem Moment gerade den nötigen Halt und ich konnte nicht anders, als kurz auf zu schluchzen. Daraufhin drückte Stephan meine Hände ein wenig fester, allerdings fühlte es sich noch immer sehr zärtlich an.
"Ich bin ein Wrack!", flüsterte ich und ein paar Tränen bahnten sich nun den Weg über meine Wangen. "Ein hoffnungslos verlorenes, elendiges Wrack!", schluchzte ich. "Das bist du nicht!", widersprach Stephan mir sofort und dachte gar nicht daran, sich auch nur ein Stück weit von mir zu entfernen. Ich versuchte weiterhin zu vermeiden, ihm direkt in die Augen zu sehen, doch das war in dieser Position gerade schier unmöglich. "Wir kriegen dich wieder hin, das verspreche ich dir!", meinte Stephan nun und es folgten ein paar Augenblicke des Schweigens. Wir verharrten einfach nur so, wie wir gerade da saßen und blickten uns tief in die Augen. Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde ich ruhiger. Stephans Nähe half mir einfach immer wieder dabei, mich zu beruhigen und ich war ihm inzwischen wirklich dankbar, dass er da war.
Gleichzeitig wurde mir aber auch bewusst, wie nah wir uns gerade wirklich waren und dass ich ein gewisses Verlangen verspürte, dass seine Lippen meine wenigstens für einen letzten Kuss berührten. Ich wollte dieses Gefühl einfach nochmal erleben, auch wenn mir klar war, dass es nicht passieren durfte. Jedoch merkte ich gleichzeitig, dass auch Stephan das gerade nicht kalt ließ und er im Gedanken abwägte, ob wir die wenigen Millimeter Distanz zwischen uns, die einen Kuss noch verhinderten, tatsächlich hinter uns bringen sollten.
Allerdings wurde uns diese Entscheidung abgenommen, denn plötzlich klingelte Stephans Handy und wir beide schreckten auf. Er seufzte und ließ merklich widerwillig von mir ab, um sein Handy hervor zu holen. Den Anrufer drücke er weg und ich musste nicht einmal nachfragen, um zu wissen, dass Melanie versuchte, ihn zu erreichen.
"Wenn du weg musst, dann...", setzte ich an, doch Stephan ließ mich nicht ausreden. "Muss ich nicht.", sagte er sofort und stellte das Handy auf leise, ehe er es wieder weg steckte. "Wirklich nicht?", wollte ich wissen. "Wirklich nicht, ich bleibe noch.", stellte Stephan klar und das ließ keinen Widerspruch zu.
Nachdem es mir letztendlich wieder besser ging, begleitete Stephan mich zurück zum Bett. Kuchen essen hatte sich für mich erstmal erledigt, aber Stephan hatte mir einen Tee mitgebracht, den ich trank und wir unterhielten uns wirklich gut. Die belastenden Themen ließen wir dabei absichtlich außen vor, weshalb wir über viele belanglose Dinge redeten. Das kam mir jedoch gar nicht so vor und am liebsten hätte ich mich noch viele weitere Stunden mit Stephan unterhalten, einen gehörigen Strich durch die Rechnung machte mir dabei aber die Besuchszeit, die irgendwann endete und wodurch Stephan leider schließlich gezwungen wurde, zu gehen.
Er versprach mir allerdings, gleich am nächsten Tag wieder zu kommen und darauf freute ich mich schon jetzt. Obwohl ich ahnte, das ihm zu Hause wohl ein Donnerwetter bevor stand, denn Melanie würde es sich bestimmt nicht nehmen lassen einen Aufstand zu proben. Und Stephan hatte den Eindruck gemacht, als würde auch er genau wissen, was ihm Daheim bevor stand. Beunruhigt hatte er deshalb aber keineswegs gewirkt, sondern eher entschlossen. Und während ich hoffte, dass der Tag für ihn nicht ganz so schlimm enden würde, schlief ich einfach ein.

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