Kapitel 30

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Der Krankenhausalltag war eintönig, jedenfalls dann, wenn man als Patient hier war. Und das war ich im Moment, weshalb meine Highlights die Mahlzeiten und Besuche waren, wobei Ersteres mich jetzt auch nicht wirklich um haute. Es war eben das typische Krankenhausessen und das sagte ich, obwohl das Krankenhaus mein Arbeitgeber war.

Von Zeit zu Zeit sahen mal ein paar Kollegen nach mir und diese Abwechslung tat gut. Ich konnte wohl behaupten, ziemlich beliebt zu sein, denn die Besucher gaben sich regelrecht die Klinke in die Hand und es waren sowohl Ärzte als auch Kollegen vom Pflegepersonal. Es war schön und ich freute mich über jeden, der zu mir kam, aber dennoch blickte ich immer wieder auf die Uhr und fieberte förmlich dem Nachmittag entgegen. Und jedes Mal, wenn es klopfte, hoffte ich, dass es Stephan war.

Doch er kam nicht und auch kam keine neue Nachricht oder ein Anruf von ihm. Ich überlegte, ob ich mich vielleicht melden sollte, ließ es aber nach langer Überlegung doch bleiben. Das wirkte irgendwie ein bisschen verzweifelt und auch wenn ich das tatsächlich war, musste ich mir das ja nicht unbedingt anmerken lassen.

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Stephan befand sich nach einer langen und nervenaufreibenden Schicht nun auf dem Heimweg, beziehungsweise war er auf dem Weg zu seiner Familie. Er wollte Melanie vor dem Besuch bei Elena nicht sehen und deshalb wollte er kurz bei seiner Mutter und seinem Bruder und seiner Nichte vorbei schauen, bevor er weiter ins Krankenhaus fuhr.

Sabine hatte ihn sowieso angerufen und gemeint, sie hätte für Elena etwas gekocht. Sie wusste aus eigener Erfahrung, dass das Krankenhausessen auf Dauer nicht genießbar war und da sie Elena ins Herz geschlossen hatte, wollte sie ihr so wenigstens ein bisschen durch diese doch schwere Zeit helfen. Außerdem wollte Luisa Elena auch wiedersehen und da würde sie wahrscheinlich nicht locker lassen, bis es endlich soweit war. Also hatte Stephan nachgegeben und ihr versprochen, sie beim nächsten Mal mit in die Klinik zu Elena zu nehmen.

Heute war es also schon soweit und Luisa war bereits fertig für den Aufbruch. Sie hatte sich komplett angezogen und bereits alles gepackt, was sie mitnehmen wollte. Dazu gehörten ein Stofftier und ein gemaltes Bild für Elena. Nun saß sie gemeinsam mit Manuel und ihrer Oma in der Küche und wartete, bis Stephan kam.

Und das war schon wenige Minuten später der Fall. Für eine großartige Begrüßung blieb keine Zeit, da sich Stephan kurz im Bad noch frisch machen wollte und er außerdem schon viel zu spät dran war. Als er wieder in die Küche kam, drückte ihm Sabine eine Tüte in die Hand. Als Stephan einen Blick hinein warf, erkannte er lauter Tupperschüsseln.

"Mama, Elena wird bald entlassen. Ich glaube nicht, dass sie das in dieser kurzen Zeit noch alles Essen kann.", meinte Stephan amüsiert. "Es gibt ja auch noch ein Leben nach dem Krankenhaus. Wobei... für Elena eher nicht, weil sie arbeitet ja auch dort. Und als Ärztin hat sie sowieso so viel zu tun, dass sie nach dem Krankenhausaufenthalt bestimmt auch noch davon profitiert. Wobei ich ja hoffe, sie bleibt noch einige Tage zu Hause, bevor sie wieder arbeiten geht."

Stephan sagte darauf nichts, allerdings teilte er die Hoffnung seiner Mutter. Er machte sich wirklich große Sorgen um Elena und um das ungeborene Kind, das in ihr heran wuchs. Und das, obwohl er mit Melanie sein eigenes Kind erwartete. Wobei das seiner Meinung nach kein Hindernis war, um sich um Elena sorgen zu machen. 'Aber es war ein Hindernis, um andere Gefühle verspüren zu dürfen.', dachte Stephan und war sich bewusst, dass diese nach wie vor präsent waren.

"Wir sollten fahren, nicht das Elena noch glaubt wir kommen nicht. Und die Besuchszeit endet auch bald. Bist du soweit?", erkundigte sich Stephan bei seiner Nichte, die sofort von ihrem Stuhl auf hüpfte und zur Tür sprintete. "Wir können los!", teilte sie ihrem Onkel aufgeregt mit und dieser lachte nur. Auch Sabine und Manuel konnten nur schmunzeln.

"Dann bis später.", sagte Stephan noch und wollte gerade die Küche verlassen, als sein Handy klingelte. Er stellte die Tüte ab und hatte kurz die Hoffnung, dass es Elena war, die ihn anrief. Doch er irrte sich, denn es war Melanie, die ihn anrief.

Kurz überlegte er, ob er abheben sollte. Aber wäre in diesem Moment etwas mit seinem Kind gewesen, hätte er sich das nie verziehen, weshalb Stephan das Gespräch an nahm.

Und tatsächlich teilte Melanie ihm mit, dass es ihr nicht so gut ginge und bat ihn, nach Hause zu kommen. Stephan zögerte, willigte dann aber doch ein. Es ging hier schließlich nicht nur um Melanie, sondern auch wie bei Elena um ein ungeborenes Baby. Und im Gegensatz zu Elenas Baby, war das in Melanies Bauch sein Kind. Und obwohl er und Melanie ihre Differenzen hatten, so wollte er wenigstens für das Baby da sein.

"Ich muss nach Hause, Melanie geht es nicht gut.", teilte Stephan nun seiner Familie mit. "Und das kaufst du ihr ab?", fragte Sabine. "Mama!", erwiderte Stephan daraufhin streng. "Ja, entschuldige. Ich glaube ihr aber kein Wort mehr, wenn ich ehrlich bin. Du solltest natürlich trotzdem hin fahren und nach ihr sehen." Sabine erkannte, in welchem Zwiespalt sich ihr Sohn befand. Sie wusste ja, welche der beiden Frauen er liebte und welcher er sich nur verpflichtet fühlte.

Luisa beharrte nun auch darauf, dass sie zu Elena fahren mussten und das ganze endete schließlich in einer Diskussion. Nur Manuel hielt sich raus. Denn was keiner wusste war, dass er Melanie über Stephans Pläne in Kenntnis gesetzt hatte und dass das alles zu dem Vorhaben gehörte, Elena aus Köln zu vertreiben.

"Ich fahre ins Krankenhaus.", bot Manuel seinem Bruder nun an, was Stephan sehr überraschte. "Du willst zu Elena fahren?", fragte der Beamte, da er glaubte, sich verhört zu haben. "Ja.", bestätigte Manuel. "So kannst du nachschauen, was mit Melanie ist und Elena bekommt trotzdem ihren versprochenen Besuch. Vielleicht nicht den, den sie sich erhofft hat, aber über den Besuch von Luisa wird sie sich bestimmt freuen. Ich muss ja nicht zwingend dabei bleiben, ich kann ja einen Kaffee trinken gehen oder so."

Stephan gefiel die Idee gar nicht, da Elena und Manuel in der Vergangenheit nicht besonders gut miteinander ausgekommen waren. Allerdings blieb Stephan gerade nichts anderes übrig, als zuzustimmen.

Er glaubte schließlich an die guten Absichten seines Bruders, wie es jeder getan hätte.

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