Ich hatte beschlossen die Treppe zu nehmen und war inzwischen auf meiner Station angekommen. Gerade als ich das Ärztezimmer erreicht hatte, bemerkte ich das mein Handy vibrierte. Ich holte es hervor und grinste wieder drauf los. Eine Nachricht von einer unbekannten Nummer.
Ich öffnete sie und wusste, dass sie nur von Stephan sein konnte. 'Du fehlst mir jetzt schon.', las ich. 'Ich bin doch erst ein paar Minuten weg.', schrieb ich lächelnd zurück und steckte das Telefon wieder ein.
Mein Tee von vorhin war inzwischen kalt und ich stellte den Wasserkocher an damit ich mir gleich einen neuen machen konnte. In der Zwischenzeit warf ich nochmal einen Blick auf die Pläne, aber ich war wirklich keiner OP zugeteilt worden oder ähnliches.
Gerade als ich das inzwischen heiße Wasser in eine Tasse mit einem Teebeutel gab, ging die Tür auf. "Hallo." Es war Frederik, der ebenfalls als Arzt hier arbeitete. "Sie sind heute hier?", fragte er mich und klang ziemlich verwirrt. "Ja, wo sollte ich sonst sein?", wollte ich wissen. "Zu Hause oder so. Laut Dienstplan haben sie nämlich heute frei.", lautete die Antwort. Gerade als ich etwas erwidern wollte, ging die Tür noch einmal auf. Diesmal war es Debbie, die inzwischen sozusagen zu meiner Mentorin geworden war.
"Was machst du denn hier?", fragte sie genauso überrascht wie Frederik vor ihr. "Ich hab mich wohl verlesen, so wie es aussieht habe ich heute gar keinen Dienst.", antwortete ich. "Nein, hast du nicht.", bestätigte Debbie. Frederik verließ den Raum nun wieder und wir Frauen waren alleine. "Dann trinke ich jetzt gemütlich meinen Tee und genieße danach meinen freien Tag.", meinte ich. "Genau so solltest du das handhaben.", antwortete Debbie. "Aber dafür, dass du umsonst hierher gekommen bist, wirkst du ziemlich gut gelaunt. Jedenfalls wenn man es mit den letzten Wochen vergleicht, da warst du mit dem Kopf ja irgendwie immer noch woanders." Ich wunderte mich, dass das wirklich so aufgefallen war. Aber sie hatte recht, ich hatte laufend an die Ereignisse der letzten Wochen und an Stephan denken müssen. Jetzt gerade ging es mir seit langem wieder bestens.
"Mir geht's super.", gab ich grinsend zu. "Es war gut, dass ich heute trotzdem her gekommen bin. Wirklich, ich glaube das war so was wie Schicksal.", fügte ich hinzu. "Wie darf man das jetzt verstehen?", wollte die Ärztin wissen. "Lange Geschichte. Aber ich werde jetzt mal gehen, wenn ich schon mal einen freien Tag habe. Wir sehen uns dann Morgen." Wir verabschiedeten uns voneinander und ich ging zur Umkleide. Während ich mich um zog, überlegte ich was ich mit dem freien Tag anstellen konnte.
Jedoch musste ich die ganze Zeit an Stephan und unser bevorstehendes Date heute Abend denken, weshalb die Überlegungen gar nicht so einfach waren. Ich war echt gespannt, ob er mir wegen unseres Treffens tatsächlich schreiben würde. Wir waren erst ein paar Minuten voneinander getrennt und er fehlte mir jetzt schon total.
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Währenddessen saß Stephan bereits bei Paul im Streifenwagen. Sein Kollege war bereits losgefahren und hatte die Zentrale informiert, dass sie nun wieder einsatzbereit waren.
"Kannst du mir mal bitte erklären, was da so lange gedauert hat?", fragte Paul Stephan. "Du meintest, es würde nur zehn Minuten dauern. Höchstens!", stellte Paul klar. An Stephans guter Laune änderte die Rüge seines Kollegen rein gar nichts. "Jetzt sei doch nicht sauer.", meinte er amüsiert. "Du konntest so wenigstens einen heißen Kaffee trinken und ein Stück Kuchen essen. In aller Ruhe, das haben wir nicht oft.", fügte Stephan hinzu. "Ich musste die Zentrale bei Laune halten, Stephan!", gab Paul entrüstet zurück. "Du kannst froh sein, dass ich das geschafft hab!"
Stephan verkniff sich das Lachen und sah ein, dass er sich wohl wirklich entschuldigen musste. "Gut, es tut mir leid.", sagte der Beamte. "Danke, dass du die Zentrale hingehalten hast. Es war aber wichtig, dass ich Elena sehe und mit ihr reden kann." Paul konnte seinem Freund wie immer nicht lange böse sein. "Immerhin war's für einen guten Zweck. Und jetzt erzähl, hat es geklappt?", fragte Paul. "Und wie.", erwiderte Stephan und grinste breit. "Mehr erzählst du mir nicht? Nur 'und wie' und mehr hast du nicht zu sagen? Vor allem.. Stephan, wie siehst du eigentlich aus?!"
Paul hatte einen kurzen Seitenblick auf seinen Kollegen geworfen, dessen Haare noch vollkommen zerzaust waren und allgemein wirkte er ziemlich erledigt, aber dennoch glücklich. Stephan grinste noch breiter. "War halt ein sehr intensives Gespräch.", meinte er und Paul dämmerte es. "Ne oder?!", fragte er entsetzt. "Ihr habt doch nicht etwa.. im Krankenhaus.. Nein, das habt ihr nicht ernsthaft getan!“ Stephan konnte über die Reaktion seines Kollegen und Freundes nur lachen. "Ich fass es nicht!", entfuhr es Paul, dem inzwischen klar geworden war das er mit seiner Vermutung richtig lag.
"Ich fahr dich in unserer Mittagspause hierher und diskutiere mit der Zentrale, damit du mit Elena reden kannst und anstatt wirklich mit ihr zu reden legst du die Ärztin gleich mal flach! In einem Krankenhaus! Seid ihr dafür in ein Patientenzimmer ausgewichen oder was?!"
Paul konzentrierte sich trotz allem noch auf die Straße. "Nein, wir waren so schlau und sind in einen Bereitschaftsraum gegangen.", entgegnete Stephan belustigt. "Na immerhin.", gab Paul zurück und musste nun ebenfalls lachen. "Und wie war's? Ich hoffe doch super, weil ansonsten hab ich dich umsonst gedeckt. Wobei.. So wie du grinst, kann es nur gut gewesen sein.", schlussfolgerte Paul. "Es war nicht nur gut.", erwiderte Stephan lächelnd. "Es war.. ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Perfekt!", meinte Stephan. "Einfach perfekt, ja ich glaube das trifft es!"
Paul grinste. "Ich hätte nicht gedacht, dass es darauf hinaus läuft, aber.. es ist einfach passiert und.." Stephan fand keine Worte. "Die Kleine hat dir so was von den Kopf verdreht!", schlussfolgerte Paul. "Und zwar seitdem ihr euch das erste Mal begegnet seid. Kein Wunder, dass das jetzt passiert ist. Ich freu mich für dich, ehrlich.", sagte Paul aufrichtig. Er hatte schließlich mitbekommen, wie schlecht es Stephan die letzten Wochen ergangen war.
Nicht zu wissen wo Elena war und wie es ihr ging war für seinen Kollegen die reinste Folter gewesen. "Danke!", antwortete Stephan. "Und? Seid ihr jetzt das neue Traumpaar von Köln, darf man gratulieren?", fragte Paul weiter. "Das kann ich jetzt noch nicht sagen, aber wir werden uns wieder sehen. Heute Abend!" Paul lächelte, da er merkte wie glücklich Stephan gerade war.
Dennoch hatte Paul so seine Bedenken und die wollte er Stephan nicht verschweigen, auch wenn das seine Freude trüben würde. "Aber du, hör mal.. Was ist mit Melanie?", fragte er Paul vorsichtig. Sofort verschwand das Lächeln aus Stephans Gesicht. "Was soll mit ihr sein?", fragte er unbeeindruckt. "Naja, ihr seid inzwischen ja wieder so was wie ein Paar. Oder etwa nicht?" Stephan schüttelte heftig den Kopf. "Nein, sind wir nicht.", antwortete er bestimmt. "Aber.. du wohnst ja sozusagen wieder bei ihr und sie erwartet ein Kind von dir, das ist doch so was wie eine Beziehung." Stephan gefiel das ganz und gar nicht, aber irgendwann musste er sich damit auseinander setzen.
"Ich habe Melanie nicht betrogen, wenn du darauf hinaus willst!", stellte Stephan klar. "Das wollte ich gar nicht. Ich wollte dich nur an die andere Frau in deinem Leben erinnern und an dein vermeintliches Kind, das bald zur Welt kommt. Was willst du tun?", fragte Paul Stephan. "Um ehrlich zu sein hab ich keine Ahnung.", gab Stephan zu.
"Einerseits bin ich Melanie keine Rechenschaft schuldig, wir sind nicht mehr zusammen. Andererseits könnte das aber wirklich mein Kind sein und ach.. ich hab doch echt keine Ahnung!", sagte Stephan und klang nun verzweifelt. "Du musst das klären.", antwortete Paul. "Vorher musst du dir aber klar darüber werden, wen du liebst. Für mich ist die Sache eindeutig und wenn du mich fragst, ist Elena die bessere Alternative für dich.", meinte Paul. "Sie macht dich glücklich, allein schon wenn du nur an sie denkst.", fügte er hinzu.
"Ich weiß, dass ich da noch einiges klären muss. Aber ja, Elena macht mich glücklich.", bestätigte Stephan. "Sie ist einfach das komplette Gegenteil von Melanie, weißt du?", fügte er hinzu. "Und das ist genau das was du brauchst, eine Anti-Melanie.", antwortete Paul bestimmt. Stephan musste über diese Bezeichnung lachen, wurde aber gleich darauf wieder ernst. Er musste sich nämlich erst komplett von Melanie lösen, bevor er mit Elena neu anfangen konnte. Und vor diesem Gespräch graute es ihm jetzt schon, weil er wusste wie Melanie drauf war und das sie schwanger war machte das Ganze noch schwerer.
Nur hatte Stephan inzwischen nachgedacht und Melanie konnte ihm den Umgang mit dem Kind, falls es denn wirklich seins war, nicht verbieten. Vielleicht war es jetzt wirklich an der Zeit, um einen Schlussstrich zu ziehen. Bei Elena hatte Stephan gerade gefühlt als bei Melanie während der ganzen Beziehung. Er holte sich noch ein paar Ratschläge von Paul.
Dieser riet ihm, Melanie sofort die Wahrheit zu sagen und seine Energie in die Sache mit Elena zu stecken. Das Melanie diesen Plan jedoch durchkreuzen würde, das ahnten die zwei Beamten noch nicht.
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Nachdem ich mich umgezogen hatte, war ich sofort zu meinem alten Wohnsitz gefahren. Ich brauchte noch einige Sachen für die neue Wohnung und außerdem frische Klamotten. Es dauerte ein paar Stunden, bis ein paar Kartons gepackt und im Auto verstaut waren. Allerdings konnte ich mich nicht wirklich konzentrieren, da ich die ganze Zeit auf eine Nachricht von Stephan wartete. Diese kam kurz nach 15 Uhr.
Er schrieb mir, wo wir uns treffen würden und das er sich sehr auf unser Treffen freute. Dasselbe schrieb ich ihm zurück. Danach packte ich noch ein bisschen weiter Kartons, damit ich das Haus hier so schnell wie möglich hinter mir lassen konnte.
Wenig später saß ich im Auto und fuhr zu meiner neuen Wohnung. Ich hatte alles wichtige in ein paar Kartons packen können und Möbel würde ich mir neue kaufen. Das hatte ich vorhin einfach so entschieden, nachdem mich wirklich alles an Kai erinnert hatte.
Nachdem ich angekommen war, lud ich das Auto aus und nachdem alles in der Wohnung war fing ich an in den Kartons nach einem passenden Outfit zu suchen. Jedoch fand ich einfach nichts. Egal was ich an probierte, es sah schrecklich aus. Ohne großen Spiegel konnte ich das zwar kaum beurteilen, aber trotzdem zog ich mich ziemlich oft wieder um. Ich fühlte mich einfach nicht wohl in meinen Klamotten, vor allem nicht in einem meiner Kleider. Jedes Outfit hatte Kai kritisiert. Wirklich jedes.
Jedoch hatte ich nicht mehr wirklich viel Zeit, um großartig zu überlegen. Etwas neues musste her und zwar sofort. Ich erinnerte mich, im Schaufenster einer kleinen Boutique hier in der Nähe letztens ein wunderschönes Kleid entdeckt zu haben. Ich fuhr gleich hin. Das Kleid war noch da und sogar in meiner Größe vorhanden. Ich nahm es gleich mit in die Umkleide, um es anzuprobieren. Es war dunkelblau und ging mir bis zu den Knien, also es war keinesfalls zu offenherzig. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel und dabei fiel mir etwas auf.
Ich stellte mich seitlich hin und man konnte deutlich ein kleines Bäuchlein erkennen, es sah so aus als hätte ich ein wenig zu viel gegessen. Unwillkürlich begann ich zu lächeln und strich mit einer Hand liebevoll darüber. Er würde noch größer werden und irgendwann würde ich das kleine Wesen in mir spüren können, diesem Moment fieberte ich schon jetzt entgegen.
Nun zog ich mich wieder um, bezahlte das Kleid an der Kasse und fuhr zurück zu meiner Wohnung. Dort duschte ich mich gleich und machte mich anderweitig fertig, denn die verbleibende Zeit war begrenzt.
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Zur gleichen Zeit befand Stephan sind in Melanies Wohnung, wo er derzeit ebenfalls wieder lebte und baute Schränke auf. Da Melanie sich bis jetzt noch nicht um ein Kinderzimmer gekümmert hatte, hatte er das in die Hand genommen und Möbel besorgt. Mit dem Aufbau kämpfte er nun schon seit Dienstschluss und Melanie machte keine Anstalten ihm zu helfen. Er hatte sie gebeten die Schrauben zu sortieren oder ihm wenigstens das Werkzeug zu reichen, aber sie saß lieber im Wohnzimmer und lackierte sich die Fingernägel, nachdem sie ein ausgiebiges Bad genommen hatte. Stephan hatte schon längst mit ihr reden wollen, jedoch hatte sie ihm keine Chance dazu gelassen.
Deshalb baute er die Möbel auf, um nicht auszurasten, denn das Verhalten von Melanie ging ihm gegen den Strich. Stephan vermisste Elena und freute sich auf den gemeinsamen Abend mit ihr. Dafür musste er sich so langsam fertig machen und deshalb ging er duschen. Er war schon total spät dran und musste sich deshalb beeilen. Vor lauter Eine vergaß er seine neuen Klamotten mit ins Bad zu nehmen. Das bemerkte Stephan allerdings erst als er aus der Dusche kam, also wickelte er sich ein Handtuch um die Hüfte und ging ins Schlafzimmer. Dort stand sein Koffer, allerdings schlief er im Wohnzimmer.
Er zog eine seiner guten Jeanshosen an und suchte gerade nach einem ordentlichen Hemd, als Melanie herein kam. Da er mit dem Rücken zu ihr stand und sie nicht bemerkte, konnte Melanie die Kratzer auf seinem Rücken deutlich erkennen. Sie ahnte sofort, woher die kommen mussten. Und das Stephan schon die ganze Zeit an seinem Handy gehangen war, war ebenfalls ungewöhnlich für ihn. Sie hatte seine Nachrichten gelesen, als er unter der Dusche gewesen war. Sie wusste Bescheid und war stinksauer.
"Gehst du nochmal weg?", fragte Melanie ihn jedoch ganz normal. Stephan ahnte nicht, dass Melanie wusste was los war und ließ sich deshalb nichts anmerken. "Ja, ich treffe mich noch mit ein paar Kollegen.", flunkerte Stephan. Er war sowieso schon spät dran und wollte es Melanie heute nicht mehr sagen, um nicht zu spät zur Verabredung mit Elena zu kommen. Melanie lief zu ihm. "Das sieht ja böse aus.", meinte sie und berührte die Kratzer auf Stephans Rücken. Allerdings nicht so zärtlich wie Elena es heute Mittag getan hatte. Bei Melanie tat es weh.
"Woher hast du das?" Stephan schluckte. Jetzt hatte er doch tatsächlich zugelassen, dass Melanie die Kratzer entdeckte. "Von.. einem Einsatz.", antwortete Stephan. "Da ist eine heute richtig durchgedreht und es hat gedauert, bis wir sie dingfest machen konnten." Schnell zog Stephan sich das Hemd über und begann die Knöpfe zu zu machen. "Tatsächlich?", fragte Melanie. Stephan wandte ihr noch immer den Rücken zu, aber ihm fiel trotzdem der wütende Unterton in ihrer Stimme auf.
"Ja, die war richtig irre.", antwortete Stephan unruhig. "Und diese Frau, die da heute so ausgetickt ist und dir das zugefügt hat.. hieß die zufällig Elena Novak?"
Der Beamte zuckte zusammen. "Das ist doch diese junge Ärztin, die wir gestern im Krankenhaus getroffen haben, oder etwa nicht? Du warst heute bei ihr und sie hat dir den Rücken aufgekratzt, während du das kleine Miststück gevögelt hast!" Stephan fuhr herum. "Woher weißt du.." Melanie ließ ihn nicht aussprechen. "Meinst du wirklich, ich bin so blöd?", fragte Melanie und holte Stephans Handy aus ihrer Hosentasche hervor. "So oft wie du da heute drauf geschaut hast.. wirklich, auffälliger kann man es nicht machen! Das steht alles da drin, ich hab alles gelesen!", schrie Melanie.
"Du hast in mein Handy geschnüffelt, sag mal geht's eigentlich noch?!" Stephan versuchte das Telefon in die Hände zu bekommen, aber erfolglos. "Gib es her!", befahl Stephan Melanie und versuchte erneut das Telefon in die Hände zu bekommen. Allerdings warf sie es mit voller Wucht auf den Boden und es zerbrach in seine Einzelteile.
"Bist du bescheuert?!", rief Stephan aufgebracht. "Nein, du bist bescheuert!", entgegnete Melanie wütend. "Du regst dich auf, weil ich mit einem anderen im Bett war, aber selbst bist du nicht besser!" Stephan hatte nie gewollt das es so eskalierte, aber jetzt gab es kein Entkommen mehr.
"Als du es mit deinem Macker getrieben hast, waren wir noch zusammen! Bei mir ist das was anderes, weil ich liebe Elena!" Es platzte einfach so aus ihm heraus. Hatte er tatsächlich gesagt er würde Elena lieben? Ja, genau das hatte er gesagt und er spürte das er es auch so meinte.
"Du liebst sie?!", rief Melanie und lachte spöttisch. "Das Flittchen ist viel zu jung für dich! Wobei.. Du scheinst sie ja richtig ran genommen zu haben, so wie sie dich zugerichtet hat!" Melanie war außer sich vor Wut. "Ich sitze hier, bin schwanger und du fickst die nächstbeste Tussi! Hast es wohl nicht aushalten können, was?!" Melanie fing an nach Stephan zu schlagen.
Er blieb trotzdem ruhig, doch als sie nicht mehr aufhören wollte wandte er eine gelernte Technik an um sie ruhig zu stellen. Allerdings ohne ihr dabei weh zu tun.
"Wir sind kein Paar mehr, Melanie!", stellte Stephan klar. "Und Elena ist weder ein Flittchen, noch sonst irgendwas dergleichen! Im Gegensatz zu dir, habe ich dich nicht betrogen!" Melanie lachte erneut. "Oh doch, das hast du! Und vielleicht habe ich ausversehen eine SMS an die kleine Mitresse geschickt, das tut mir ja so leid!" Die Ironie daran war kaum zu überhören und eine SMS gab es auch nicht. Jedoch glaubte Stephan Melanie dies.
"Du hast was?!", rief Stephan entsetzt und ließ Melanie wieder los. "Ich habe.." Weiter kam Melanie nicht, da sie plötzlich einen starken Schmerzen im Unterbauch verspürte. "Aua!", japste sie. Zunächst glaubte Stephan Melanie kein Wort. "Tu nicht so, das ist nichts womit man Späße macht!", stellte er klar.
Doch Melanie hielt sich ihren Babybauch und konnte sich vor Schmerzen kaum noch aufrecht halten. "Ich würde damit niemals spaßen, Stephan!", jammerte sie und ihre Beine knickten weg. Stephan konnte Melanie gerade noch abfangen und half ihr sich auf den Boden zu legen. "Wo tut es weh?!" Stephan hatte begriffen, dass Melanie nicht simulierte. "Überall!", schluchzte sie und Stephan machte sich ernsthaft Sorgen.
Melanie war ihm doch nicht so gleichgültig, wie er angenommen hatte und das Kind in ihr schon mal gleich gar nicht. Das merkte er jetzt. "Bleib ruhig liegen, ich rufe den Rettungsdienst!", offenbarte Stephan Melanie und rannte gleich darauf ins Wohnzimmer, wo das Telefon auf dem Tisch lag. Eilig wählte er die Nummer und orderte einen Krankenwagen.
Danach eilte er wieder zurück zu Melanie, die mit schmerzerfülltem Gesicht auf dem Boden lag. "Kann ich irgendwas für dich tun?", fragte Stephan und kniete sich neben seine schwangere Ex-Freundin. "Lass mich nicht allein!", antwortete Melanie mit Tränen in den Augen und griff nach Stephans Hand. Das ließ er ohne Protest zu. "Nein, natürlich nicht.", erwiderte Stephan aufrichtig. Er konnte sie ja jetzt nicht einfach alleine lassen. "Es tut mir alles so leid!" Nach Stephans Meinung klagen diese Worte von Melanie sehr aufrichtig. Und jetzt, da das passiert war, fragte er sich wirklich ob er nicht doch einen großen Fehler gemacht hatte. Immerhin hatte er diese Frau einmal sehr geliebt.
Stephan blieb bei Melanie sitzen, die bitterlich weinte. Als der Rettungsdienst eintraf, kümmerten sich die Rettungskräfte um Melanie und Stephan konnte nur dabei zusehen. Sie mussten Melanie mit ins Krankenhaus nehmen und brachten sie in den Krankenwagen. Stephan war hin und her gerissen. Er konnte Elena nicht absagen, da sein Handy zerstört worden war. Und einfach nicht auftauchen würde ziemlich blöd aussehen, Melanie jedoch alleine zu lassen auch.
Schweren Herzens entschied er sich dafür, Melanie ins Krankenhaus zu begleiten. Er wollte wissen was mit ihr und dem Baby war, er fühlte sich verantwortlich.
Das er Elena versetzte und sie damit sehr verletzen würde war ihm bewusst, trotzdem fuhr er mit in die Klinik.
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Inzwischen war ich fast fertig zurecht gemacht. Ich hatte geduscht, das neue Kleid angezogen und war gerade dabei mich zu schminken. Ich wusste gar nicht mehr, wann ich mich das letzte Mal so herausgeputzt hatte. Nur wollte ich für Stephan schön aussehen und zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich wieder vollkommen wohl in meinem Körper. Stephan hatte mir in unserer kurzen gemeinsamen Zeit so viel Liebe geschenkt und so viel neues Selbstbewusstsein, dass ich mich nicht so skeptisch wie gewohnt im Spiegel betrachtete.
Ich trug noch dezent Lippenstift auf und nickte meinem Spiegelbild dann zu. "Perfekt.", sagte ich zu mir selbst und grinste. Ich freute mich so sehr auf diesen Abend mit Stephan. Darauf, mit ihm zu reden, zu lachen und vielleicht auch die ein oder andere Zärtlichkeiten auszutauschen. Ich biss mir auf die Unterlippe, als ich mich an unsere Küsse erinnerte.
Rechtzeitig wurde ich fertig und machte mich dann auf den Weg zum Lokal, wo wir uns treffen wollten. Ich fand es ohne Probleme. Was ich allerdings nicht fand, war ein Parkplatz, weshalb ich ein bisschen abseits parken musste. Das machte mir jedoch nichts aus, da ich sowieso zu früh dran war und das Stückchen ruhig laufen konnte. Vor dem Restaurant angekommen staunte ich nicht schlecht. Es sah bereits von außen ziemlich luxuriös aus und ich freute mich nur noch mehr auf die kommenden Stunden mit Stephan. Ich beschloss draußen zu warten und hielt Ausschau nach ihm.
Die Zeit verging, doch zur verabredeten Uhrzeit war er immer noch nicht da. Ich sah auf mein Handy, aber hatte auch keine Nachricht von ihm. Ich beschloss ihm noch nicht zu schreiben, sondern erst drinnen nach zu sehen. Vielleicht wartete er bereits am Tisch auf mich.
Also ging ich ins Lokal und blickte mich um. Ein Kellner kam sofort auf mich zu. "Guten Abend, die Dame. Kann ich ihnen helfen? Haben sie reserviert?", fragte er mich höflich. "Ich.. ich nicht. Aber meine Begleitung hat soweit ich weiß reserviert.", antwortete ich. "Wie lautet denn der Nachname ihrer Begleitung?", fragte der Mann. "Sindera.", erwiderte ich und der Keller nickte. "Ja, auf diesen Namen wurde ein Tisch für zwei Personen reserviert. Wenn sie mir bitte folgen wollen."
Ich war wenigstens schon mal im richtigen Restaurant, das wusste ich jetzt. Bereitwillig folgte ich dem Kellner zu einem leeren Tisch. Trotz, dass Stephan noch nicht da war, setzte ich mich und bestellte mir etwas zu Trinken. Vielleicht stand er nur im Stau oder verspätete sich anderweitig. Noch glaubte ich nicht daran, dass er gar nicht auftauchen würde. Ansonsten hätte er mir doch abgesagt oder mich gar nicht erst eingeladen. Also wartete ich alleine an einem romantisch gedeckten Tisch, auf dem Kerzen und rote Rosen standen und schaute regelmäßig zur Tür und auf mein Handy. Jedoch bekam ich keinen Anruf, keine Nachricht und auch kam Stephan nicht durch die Tür herein.
Ich wartete eine halbe Stunde, eine Stunde und aus dieser wurden zweieinhalb. Er kam nicht.
"Darf ich ihnen noch etwas bringen?" Es war der Kellner, der nun neben meinem Tisch stand. Ich hatte mir schon ein Getränk nachbestellt und das war inzwischen ebenfalls leer. "Nein, Danke.", antwortete ich. "Aber darf ich sie trotzdem etwas fragen?" Der Mann nickte. "Wenn sich ein Mann mit einer Frau verabredet und nicht auftaucht.. Wie lange ist man dann verpflichtet zu warten? Gibt's da eine Regel?", wollte ich wissen und der Kellner blickte mitleidig drein. "Es könnte sein, dass er sich nur verspätet.", antwortete er. "Zweieinhalb Stunden und das, ohne Bescheid zu sagen? Wirklich?", fragte ich. "Nein.", gestand sich der Kellner nun selbst ein. "Ich weiß ja, wie lange sie hier bereits sitzen und es tut mir wirklich sehr leid. Wollen sie trotzdem etwas essen? Ich könnte ihnen das Tagesgericht empfehlen."
Ich schüttelte den Kopf. "Lieb gemeint, aber ich habe keinen Hunger mehr. Ich warte jetzt noch ein paar Minuten und wenn er dann nicht kommt.. tja, dann weiß ich was ich davon zu halten hab." Der Kellner nickte nur, nahm mein leeres Glas mit und verschwand.
Ich unterdrückte die Tränen und holte mein Handy hervor. 'War ich für dich nur eine schnelle Nummer oder warum tauchst du jetzt nicht auf?' Genau diese Worte schickte ich an Stephan und fühlte mich plötzlich benutzt. An einen Stau oder Überstunden glaubte ich längst nicht mehr. Einige Minuten vergingen und der Kellner tauchte wieder auf, diesmal mit einer Schüssel. Diese stellte er vor mir ab. "Schokoladeneis.", sagte er. "Geht aufs Haus."
Ich lächelte, es war eine nette Geste. Aber gleichzeitig gab er mir damit auch zu verstehen, dass er ebenfalls nicht daran glaubte das mein Begleiter noch kam.