Kapitel 34

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Wieder einmal saß ich nun auf meinem Bett im Krankenhaus und wartete. Inzwischen hatte ich all meine Sachen gepackt und auch meine Papiere hatte ich schon erhalten. Ich konnte also gehen, sofern Stephan mich abholen kam. Er war schon einige Zeit zu spät und ich war gerade im Begriff, ihn anzurufen, als eine Nachricht von ihm auf meinem Handy einging. 'Liebe Elena, ich kann Dich heute leider nicht abholen kommen. Melanie geht es schlecht. Manuel kommt stattdessen. Ich mache es wieder gut, versprochen.'

Nachdem ich die Nachricht gelesen hatte, seufzte ich auf. "Schon wieder.", murmelte ich und warf das Handy achtlos in meine Tasche, die noch neben mir auf dem Bett stand. "Ist alles in Ordnung?", fragte mich plötzlich meine Zimmernachbarin und ich schreckte auf. "Ja.", gab ich knapp zurück. "Alles bestens, danke. Mein Taxi kommt nur etwas später."

Und als ich gerade ausgesprochen hatte, klopfte es schon an der Tür. "Herein.", sagte ich gerade laut genug, sodass Manuel es offenbar gehört hatte. Denn nun steckte er den Kopf ins Zimmer herein. "Hallo.", sagte er und trat ein. "Hey.", antwortete ich und stand auf. "Ah, das Taxi ist da!", meinte die Dame, die erst vor circa einer Stunde zu mir ins Zimmer gelegt worden war. "Richtig.", erwiderte ich und war schon im Begriff, meine große Reisetasche vom Boden aufzuheben, als sich zu meiner Überraschung Manuel darum kümmerte.

"Ich mach das schon.", meinte er und nahm sowohl die Reisetasche, als auch mein restliches Gepäck. "Danke.", brachte ich hervor und war wirklich dankbar, die Sachen nicht selbst tragen zu müssen. So gut ging es mir tatsächlich noch nicht und ich musste unbedingt aufpassen, mich nicht zu übernehmen.

"Sie haben aber einen netten Ehemann!", kam es begeistert von der Frau und es brauchte kurz, bis ich verstand, was sie meinte. "Nicht wahr?", gab ich nur zurück, da ich wirklich keine Lust darauf hatte, erneut erklären zu müssen, dass ich in naher Zukunft alleinerziehend sein würde. Ohne Partner. Eine ähnliche Situation hatte ich immerhin mit Stephan schon erlebt, als ich das erste Mal hier drin gelandet war.

Manuel sah mich verblüfft an, sagte aber nichts. "Ich wünsche Ihnen alles Gute.", meinte ich an meine Zimmergenossin gewandt und zog mir noch meine Jacke über. Dann verließen Manuel und ich das Zimmer. Ich verabschiedete mich noch vom Pflegepersonal und anschließend liefen wir zum Aufzug. "Sorry für gerade, aber ich hatte echt keine Lust, mich da jetzt raus zu reden.", sagte ich nun zu Manuel, der zu meiner Überraschung verständnisvoll nickte. "Schon gut.", erwiderte er und lächelte.

"Stephan lässt dir liebe Grüße ausrichten. Er hätte dich gerne selbst abgeholt, aber..." Ich fiel ihm ins Wort. "Ich weiß schon. Er hat mir eine Nachricht geschrieben und es mir erklärt. Es ist lieb, dass du einspringst." Und das meinte ich auch so, denn offenbar war Manuel wirklich kein Unmensch. "Sehr gerne."

Den Rest des Weges zum Parkplatz brachten wir schweigend hinter uns. "Ich verstaue mal das Gepäck, steig du schon mal ein." Ich nickte nur und tat das, was Manuel gesagt hatte, nachdem wir am Auto angekommen waren. Ich nahm vorne Platz und nachdem Manuel das Gepäck in den Kofferraum verfrachtet hatte, stieg er ebenfalls ein. Ich nannte ihm dann meine Adresse und er fuhr los. Während der Fahrt redeten wir auch nicht viel und wenn, dann nur über belanglose Dinge. Ich wollte einfach nur noch nach Hause und schlafen. In meinem Bett. Mit uneingeschränkter Privatsphäre, die es im Krankenhaus so nicht gab.

"Da vorne kannst du mich rauslassen.", meinte ich schließlich, als Manuel in die Straße einbog, in der sich meine Wohnung befand. "Ich fahre dich bis vor die Tür und bringe noch dein Gepäck hoch. Das musste ich Stephan versprechen, ansonsten macht er mir die Hölle heiß.", antwortete Manuel bestimmt und hielt tatsächlich erst vor dem Haus an, in dem ich wohnte. Ich öffnete die Tür und stieg aus, Manuel tat es mir gleich. "Du musst nicht mit hoch kommen, wirklich. Du hast bestimmt besseres zu tun.", versuchte ich nochmals, Manuel davon zu überzeugen, gleich weiter zu fahren. Irgendwie fühlte ich mich nicht ganz wohl dabei, ihn in meine Wohnung zu lassen. Andererseits war er Stephans Bruder, von ihm ging also keinerlei Gefahr aus, die mein unangenehmes Bauchgefühl hätte erklären können. Jedenfalls glaubte ich das.

"Es macht mir wirklich nichts aus, Elena. Ich möchte, dass du wohlbehalten ankommst und ich guten Gewissens wieder fahren kann." Manuel öffnete den Kofferraum und holte das Gepäck heraus. "Du nimmst nur das hier." Mit diesen Worten drückte er mir meine Handtasche in die Hand, während er noch einen Korb herausholte. Ich erkannte, dass es wieder der von Sabine war. "Eure Mutter kann es nicht lassen, oder?", fragte ich amüsiert. "Nein, das kann sie nicht.", bestätigte Manuel grinsend und schloss dann den Kofferraum, ehe er das Auto abschloss.

Wir betraten dann das Haus und stiegen die Treppen zu meiner Wohnung hinauf. Ich spürte schon währenddessen, dass ich noch nicht ganz so fit war, wie ich es gerne gewesen wäre. Meine Kondition war nicht die Beste und ich war erleichtert, als wir endlich oben angekommen waren. Ich schloss die Tür auf und trat ein. "Stell das Zeug einfach irgendwo hin, ich packe das später noch aus. Glaube ich.", meinte ich an Manuel gewandt, der das Gepäck im Flur abstellte und dann die Wohnungstür schloss. Wir waren allein.

Am liebsten hätte ich ihn nun weggeschickt, wollte jedoch nicht unhöflich oder undankbar wirken. "Möchtest du vielleicht noch etwas trinken, bevor du fährst?", fragte ich und hoffte irgendwie, Manuel würde die Einladung ausschlagen. Jedoch nahm er sie an. "Gerne.", erwiderte er. "Aber lass mich das doch machen, du bist bestimmt müde. Ruh dich aus, ich hole uns etwas."

Ich nahm das als erneute nette Geste an. "Das ist nett, Danke. Die Küche ist da vorne." Manuel nickte und ging voraus. Als er am Kinderzimmer vorbei kam, blieb er jedoch stehen. "Oh, das sieht ja schön aus.", meinte er anerkennend. "Danke, das finde ich auch.", gab ich zurück. "Deinem Baby wird es mit Sicherheit auch gefallen.", sagte Manuel daraufhin und lief weiter. "Das hoffe ich.", murmelte ich und strich mir über den Bauch. Dann begab ich mich ins Wohnzimmer, während Manuel in die Küche ging.

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Es hatte Manuel viel Überredungskunst gekostet, bis Elena es zugelassen hatte, dass er sie in ihre Wohnung begleiten durfte. Letztendlich hatte er es nun geschafft und stand tatsächlich in ihrer Küche. Es war die perfekte Gelegenheit, seinen Plan durchzuziehen. Oder wohl eher den Plan von Melanie. "Was möchtest du trinken?", rief Manuel, da Elena bereits weiter ins Wohnzimmer gegangen war. Er stand vor dem Kühlschrank, in dem eine Auswahl an Getränken stand. "Wasser, bitte. Aber nimm du bitte das, was du möchtest.", kam von der jungen Frau als Antwort und Manuel bildete sich ein, Erschöpfung in ihrer Stimme zu vernehmen. Am liebsten wäre Manuel nun einfach gegangen. Er hatte gemerkt, dass Elena nun lieber allein gewesen wäre, aber er hatte sich regelrecht aufgedrängt.

Manuel nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und begann, nach Gläsern zu suchen. Als er sie schließlich fand, nahm er zwei heraus und stellte sie vor sich ab. Er füllte beide Gefäße mit Wasser und stellte die Flasche zurück in den Kühlschrank.

Nun stand er vor dem Küchentresen. Lange zögerte er, ehe er in seine Jackentasche griff. Dort befand sich noch immer das eingewickelte Fläschchen mit der giftigen Flüssigkeit, welches er herausholte. Erneut wickelte Manuel das Tuch ab und starrte das Gefäß erneut an. 'Jetzt oder nie!', dachte er und schraubte den Deckel langsam ab. sofort kam ihm ein beißender Geruch entgegen, von dem Manuel übel wurde. Oder aber ihm wurde schlecht, als ihm erneut klar wurde, was das Zeug anrichten konnte.

Manuel platzierte die Pipette über dem Glas und war im Begriff, das giftige Öl tröpfchenweise hineinzugeben, als es plötzlich unerwartet an der Tür klingelte. Das erschreckte den Mann so sehr, dass er nicht aufpasste und das Glas mit einer unkoordinierten Handbewegung vom Tresen fegte. Mit einem lauten Knall ging es auf den Fliesen vor seinen Füßen zu Bruch. Und als ob das noch nicht reichen würde, hatte Manuel auch das Fläschchen umgekippt, das er neben dem Glas auf dem Tresen abgestellt hatte.  

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