Kapitel 41

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Die verbleibenden Tage verbrachte ich mit Grübeln. Alexander war optimistisch und voller Vorfreude, während ich mich mit meinen Ängsten und dem Gefühl der Unsicherheit herumschlug. Wir sprachen oft über die beiden Wohnungen, und ich versuchte, mir vorzustellen, wie mein Leben in Wien aussehen könnte, aber die Gedanken an die Kündigung meines Jobs und das Verlassen meiner Wohnung drängten sich immer wieder in den Vordergrund.

Eines Abends, als wir zusammen auf dem Balkon saßen und die letzten Sonnenstrahlen des Tages genossen, brach ich das Schweigen. „Alexander, was ist, wenn ich es nicht schaffe? Was ist, wenn ich im neuen Job nicht zurechtkomme oder mich einfach nicht wohlfühle?“

Er wandte sich mir zu, und ich konnte das Verständnis in seinen Augen sehen. „Es ist vollkommen normal, solche Ängste zu haben. Aber du musst auch an die Möglichkeiten denken. Ein neuer Job bedeutet neue Erfahrungen und Herausforderungen. Es wird dich wachsen lassen.“

„Aber ich habe Angst, dass ich alles vermissen werde“, gestand ich. „Die Menschen, die ich hier kenne… die Vertrautheit. Ich habe doch vor kurzem erst neu angefangen.“

„Das verstehe ich. Aber du kannst immer noch in Kontakt bleiben. Außerdem wird dir die Veränderung vielleicht helfen, neue Perspektiven zu gewinnen“, sagte er sanft. „Stell dir vor, wie aufregend es sein könnte, neue Menschen kennenzulernen und neue Orte zu entdecken.“

Seine Worte hinterließen einen Eindruck bei mir, aber ich wusste, dass ich eine Entscheidung treffen musste. „Wenn ich bereit bin, umzuziehen, muss ich dann wirklich alles hinter mir lassen?“

„Nicht alles“, antwortete er und lächelte. „Die Erinnerungen und die Menschen, die dir wichtig sind, werden immer Teil von dir sein. Aber vielleicht kannst du auch neue Erinnerungen schaffen, die genauso wertvoll sind.“

Ich ließ seine Worte auf mich wirken. Der Gedanke, dass es an der Zeit war, einen Schritt zu wagen, begann, sich allmählich in meinem Kopf festzusetzen. Vielleicht war es nicht nur ein Umzug, sondern eine Chance, zu heilen und zu wachsen - nach allem, was passiert war.

Gleich am nächsten Morgen brachen wir nach Wien auf und besuchten die erste Wohnung im Prater. Sie war hell und einladend, und ich konnte mir vorstellen, wie ich dort in der Sonne saß und las. Alexander schaute mich hoffnungsvoll an, und ich spürte eine kleine Flamme der Aufregung in mir auflodern.

„Was denkst du?“, fragte er, während wir durch die Räume gingen.

„Es ist schön“, antwortete ich zögerlich. „Aber ich weiß nicht, ob ich mir das leisten kann oder möchte. Ich brauche ja auch einen neuen Arbeitsplatz, wenn ich hierher komme.“

„Das musst du nicht jetzt entscheiden. Lass uns die zweite Wohnung im 7. Bezirk ansehen, und dann kannst du weiter darüber nachdenken“, sagte er.

Als wir auch die zweite Wohnung besichtigten, wurde mir klar, dass ich tatsächlich mit dem Gedanken spielen könnte, diese neuen Wege zu beschreiten. Sie war lebhaft und voller Charakter, genau wie ich es mir gewünscht hatte. Und groß genug für mich und mein Baby - auch für Alexander, falls er wie er gesagt hatte die erste Zeit bei mir bleiben wollte. Wir blieben noch zwei Tage in Wien, sodass ich die Stadt erkunden konnte. Es war eine Auszeit von all den Strapazen der letzten Monate und keiner hier kannte mich, das war irgendwie beruhigend.

Nachdem wir wieder zurück in Köln waren, verflog dieses Gefühl der Unbeschwertheit wieder. Ich machte mir mit Alexander nur noch Gedanken über den Umzug und je schneller ich hier weg konnte, desto besser war es. Ich begann, über meine Kündigung nachzudenken. Es war ein schwerer Schritt, aber ich wusste, dass es notwendig war, um voranzukommen. Zumal ich die nächsten Monate ja sowieso nicht arbeiten konnte. Das würde die Suche nach einem neuen Job in Wien ohnehin erschweren. Vielleicht konnte ich eine Einigung mit dem Krankenhaus finden - anstatt im OP zu stehen, würden sie mir vielleicht erlauben, die Standards zu überarbeiten oder andere Dinge machen lassen, die im Home-Office möglich waren. Der Gedanke, in Wien zu leben, fühlte sich plötzlich weniger beängstigend und mehr wie ein Abenteuer an. Es war ganz so, als würde sich schon alles fügen - irgendwie.

Schließlich saß ich an einem Nachmittag am Küchentisch und nahm das Telefon in die Hand. Es war Zeit für ein neues Kapitel, und ich war bereit, den ersten Schritt zu wagen.

Mit zitternden Händen wählte ich die Nummer des Krankenhauses. Mein Herz schlug laut in meiner Brust, während ich auf das Freizeichen wartete. Als sich die Stimme am anderen Ende meldete, setzte ich kurz aus. „Hallo, hier ist Doktor Elena Novak. Ich bräuchte ein Gespräch mit der Personalabteilung, möglichst zeitnah bitte.“

Die Worte fielen mir schwer, aber als ich sie aussprach, fühlte ich einen seltsamen Schub von Erleichterung. Die Person am anderen Ende war freundlich und bot mir an, dass ich gleich Morgen vorbeikommen könnte. Es war ein emotionaler Moment, aber gleichzeitig spürte ich, wie ich einen großen Ballast ablegte. Sie brauchten meine Kündigung ohnehin schriftlich. Die konnte ich bis morgen aufsetzen und wenn wir keine andere Lösung fanden, musste ich sie wohl oder übel einreichen.

Nachdem ich aufgelegt hatte, lehnte ich mich zurück und schloss die Augen. Es war vorbei. Fast vorbei. Ich hatte den ersten Schritt gemacht. Alexander kam kurz darauf nach Hause und sah mich an, als wüsste er sofort, was passiert war. „Und?“

„Ich habe gekündigt. Also... ich hab morgen ein Gespräch im Krankenhaus und ich denke, es wird darauf hinausgehen.“, sagte ich leise, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Das ist großartig, Elena! Ich wusste, dass du es kannst!“ Er umarmte mich fest, und ich fühlte mich für einen Moment stark und entschlossen. Und sicher. Diese Gefühle hatte ich so sehr vermisst.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 19 ⏰

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