sixteen

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Langsam lief ich Richtung Bett und setzte mich vorsichtig hin. Minho öffnete den Kleiderschrank und kramte eine Jogginghose und ein T-shirt heraus, welche beide etwas zu groß zu sein schienen, im großen und ganzen jedoch passen müssten. Kläglich befreite auch ich mich von meinen Schuhen. ,,Danke.", sagte ich als er mir die Anziehsachen gab und ich zog mir auch meine Jacke aus. Eine Welle von Müdigkeit überkam mich und obwohl es erst früher Abend war, wollte ich nichts mehr als schlafen. Ich schwitzte, und ich schob es drauf, dass die Schmerzen nicht nachließen. Der braunhaarige schloss den Schrank wieder, als er auch sich etwas heraus gelegt hatte. Rasch zog er sein Oberteil aus und ich konnte nicht verhindern, dass mein Blick zumindest für einen kurzen Moment über ihn huschte. Dabei blieb ich an einer recht großen Narbe hängen, welche unten rechts auf seinem Oberkörper zu erkennen war. Ich konnte nicht ausmachen, ob es eine gewollte Narbe, von zum Beispiel einer Operation war, oder ob sie durch Brutalität entstanden war. Ich tippte jedoch eher auf letzteres, denn sonderlich ordentlich, geschweige denn gerade verlief sie nicht. ,,Wie kommt es eigentlich, dass alle so viel Respekt vor dir haben, dass sie gehen wenn du es ihnen sagst?", fragte ich schließlich und er merkte, dass ich die Frage angesichts der Narbe stellte. ,,Wieder eine lange Geschichte.", entgegnete er und zog sich das neue Oberteil über. ,,Aber ich sollte sie dir erzählen.", fügte er nach einem Moment Stille hinzu. ,,Zieh du dich in Ruhe um.", begann er erneut, ,,ich muss noch kurz telefonieren." Zustimmend nickte ich, recht froh bei dem Gedanken daran mich nicht vor ihm umziehen zu müssen. Das Bewegen fiel mir gerade so oder so schwer und angesichts seines Aussehens, konnte ich guten Gewissens zustimmen, dass ich mir alleine die anderen Anziehsachen anzog. Außerdem musste auch ich meinem Vater noch bescheid geben, dass ich heute nicht mehr auftauchen würde. 

So verschwand er in einen anderen Raum der Wohnung, von welchem ich vermutete, es sei das Wohnzimmer, und schloss die Tür hinter sich. Langsam zog ich mir das Oberteil über den Kopf und schlüpfte in das schlabberige schwarze Tshirt, welches er mir gegeben hatte. Ein Moment von Stille folgte, in welchem ich unabsichtlich das Gespräch, welches Minho zu führen schien belauschte. ,,Nein, es ist nicht okay!", hörte ich ihn aufgebracht sagen, woraufhin er seine Lautstärke senkte, ,,Changbin, ich will gar nicht wissen was passiert wäre, wäre ich nicht gekommen." Ein Moment herrschte Stille, sie redeten über das vergangene. ,,Er hatte Glück, dass ich heute eher Feierabend hatte." Langsam zog ich mir nun auch die Jogginghose an. ,,Ich muss ihm zumindest etwas erzählen, daran hinderst du mich nicht." Ich blieb still sitzen und kramte mein Handy heraus. Eine Nachricht für meinen Vater würde auch genügen. Ich konnte ihm sagen ich sei bei Seungmin, obwohl er Minho auch schon kennengelernt hatte, hatte ich dabei ein besseres Gefühl. Er würde weniger Fragen stellen. ,,Nein, du hättest ihn gar nicht erst da mit rein ziehen dürfen!", ertönte seine Stimme erneut und ich fühlte mich schlecht dabei, ihn zu belauschen. Doch ehrlich gesagt konnte ich gar nicht anders, so eindeutig wie die Worte durch die dünnen Wände huschten. Vorsichtig setzte ich mich etwas weiter auf das Bett und lehnte mich an der Wand an, an welcher das Bett stand. Ein seufzen entwich mir, als ich merkte, wie die Position meine Schmerzen linderte. Die Tür ging auf und Minho, welcher sich von dem Gespräch mit Changbin nichts anmerken ließ betrat erneut Zimmer. Kurz betrachtete er mich, wie ich in seinen Anziehsachen darauf wartete, dass er das Gespräch beginnen würde, und ich konnte seinen Blick nicht deuten, sodass ich den Kopf leicht zur Seite neigte. So schien er sich aus seinen Gedanken los zu reißen und setzte sich zu mir auf das Bett. 

,,Nachdem Changbin sich uns angeschlossen hatte, lief alles wie gewohnt weiter. Ich war schon Ewigkeiten zuvor ein Mitglied gewesen.", begann er und schwenkte seinen Blick zu mir, ,,ich war gut mit denen Befreundet, die das Sagen hatten, doch darum ging es mir nie. Man Respektierte meine Entscheidungen genauso wie die der anderen, doch sie wussten, dass ich jedem von ihnen etwas hätte antun können, wenn ich gewollt hätte." Leicht zustimmend nickte ich. Es war nicht so, als müsste man Angst vor ihm haben, dass hatte ich nicht. Jedoch könnte man Angst haben, angesichts dessen was er an Kraft zu haben schien. Mit ihm anlegen würde ich mich ebenso wenig, wie die Jungen heute auf dem Spielplatz. ,,Langsam fing alles an aus dem Ruder zu laufen." Ein seufzen seinerseits füllte den Raum und es war, als würde etwas schweres auf seinen Schultern lasten. ,,Der Abend auf welchen du hinaus willst, endete für mich im Krankenhaus." Ein Schauer lief mir über den Rücken, doch Minho schien recht unbegeistert von seiner Erzählung zu sein. Ich wollte mir gar nicht ausmalen wie es war, mit Erinnerungen dieser Art zu leben. ,,Es gab, wie die Abende zuvor auch, Streit. Doch diesmal war es ein größerer und die Hälfte der Gruppe, welche nun nicht mehr zu uns gehört, begann mit etlichen Drohungen. Mit diesen wollten sie uns überreden auf ihre Seite zu kommen, noch eher erpressen.", sagte er präzise und wendete seinen Blick von mir ab, ,,einige konnten mit dem, was sie gegen sie in der Hand hatten nicht leben, andere weigerten sich, sich ihnen weiterhin unter zu ordnen." Interessiert lebte ich das ganze mit durch.

-Zeitsprung - Minho poV-

Es begann bereits zu dämmern, als der Streit so richtig eskalierte. Jongdae empfand es für sinnvoll sich vor Changbin aufzustellen, fast schon wie ein Raubtier. Seine Augen funkelten und sein ganzer Stolz verborg seine Angst, welche unumgänglich in ihm lauerte. Er würde einen solchen Streit nicht provozieren, wenn er nicht solche Angst hätte, dass seine Position in Gefahr wäre. Dabei konnte ich den großen, dunkelhaarigen nicht verstehen, Changbin hatte nie etwas getan, was seine Macht uns gegenüber in Frage stellen würde. Ich stand gegenüber von Jongdae, mehr auf der Seite der wenigen, welche sich entschieden für das richtige einzustehen und das obwohl alle die, welche ich meine Freunde genannt hatte nun herablassend auf mich nieder blickten. In ihren Augen lag Wut, so unfassbare Wut, dass ich das schlimmste befürchtete. Es war so, als würden sie mich verraten, allesamt. Dabei war ich derjenige, der die Seite wechselte, aus gutem Grund. Damals hatte ich sie gebraucht, sie waren meine Familie. Nun hatte ich weder noch meine leibliche Familie, noch die, welche mich aufnahm und das wussten sie. Dennoch würde ich nicht nachgeben, denn das was sie nun wollten ging zu weit. Zu oft schon habe ich im Schatten jener gehandelt, welche sich die Finger nicht schmutzig machen wollten, doch damit war nun Schluss, endgültig. 

taken by surprise - M I N S U N GWo Geschichten leben. Entdecke jetzt