An der frischen Luft angekommen wanderte mein Blick nur zögerlich vom Boden wieder hoch. Obwohl ich mich um Unmengen erleichterter fühlen müsste, war dem nicht so. Mein Kopf spielte das Geschehene immer wieder ab, mit der Absicht einen Fehler zu finden. Einen Beweis das es doch noch nicht vorbei war. Draußen sammelten sich die Leute an, welche noch wissen zu wollen schienen, wie es nun weitergehen würde. Es herrschte Gerede links und rechts von mir, ich versuchte die Gespräche auszublenden als mein Blick hinauf wanderte. Leicht schockiert blickte ich zu meinem Freund, als ich vernahm wie sein Gesicht mittlerweile aussah. Auszumachen schien es ihm jedoch recht wenig, denn er war in ein scheinbar glückliches Gespräch mit Changbin vertieft. Überrumpelt von einfach allem blickte ich die beiden bloß an und versuchte mich einzig und allein auf ihre Unterhaltung zu konzentrieren. Sie unterhielten sich interessiert über ihre Vermutungen im Falle von Jongdae und der Polizei. Ich kannte mich recht wenig mit den Gesetzen hier aus, so traurig dies auch klang. Jedoch war ich mir sicher das auch ein jener der daran beteiligt beziehungsweise in diesem Fall sogar Verantwortlich für all die kleinen Straftaten war, zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Das einzige was die Leute bekamen, welche sich noch immer nur langsam voneinander lösten und verschwanden, waren Geldstrafen oder andere nebensächliche Dinge. Es war auszuhalten, da wir diejenigen waren die mit allem ans Licht gekommen waren. Zusätzlich wurde Minho noch Schadensersatz aufgrund der Krankenhaltsaufenthalte versprochen.
Als immer mehr anwesende verschwanden ging meine Aufmerksamkeit zurück zu Changbin und Minho, deren Gespräch gerade ein Ende zu finden schien. ,,Ich glaube das war genug für den heutigen Tag.", sagte Changbin und blickte auch kurz zu mir. Die untergehende Sonne befürwortete seine Aussage und ließ mich mit einem stumpfen Nicken zustimmen. ,,Na gut.", sagte dann auch Minho und lächelte ihm zur Verabschiedung leicht entgegen. ,,Kümmer dich um dein Gesicht.", entgegnete ihm der kleinere noch und drehte sich bereits weg, ,,du willst doch nicht das das ewig so aussieht." Mit einem gewissen Ton von Schadenfreude verließ er uns. ,,So schlimm?", fragte Minho mich und ich musste unfreiwillig schmunzeln, woraufhin ich nickte. Ungläubig wollte er mit seiner rechten Hand fühlen ob ich nicht log, doch ich hielt ihn davon ab. ,,Nicht.", sagte ich nur abrupt und packte vorsichtig seinen Arm bevor seine Hand am Ziel ankam, ,,so machst du es nicht besser." Ein kleines Lächeln flog mir entgegen, woraufhin ich entschlossen Fuß vor Fuß setzte. Ich war erschöpft und wollte so schnell es nur möglich war nach Hause. Zu ihm nach Hause.
An seiner Wohnung angekommen musste ich ihn dazu überreden sich hinzusetzen und mich seine Wange in Ruhe anschauen zu lassen. So setzte er sich grummelig, da er nicht gerne den Verletzten spielte, auf den Rand der Badewanne im Lichtüberfluteten Badezimmer. ,,Ich hatte nicht damit gerechnet das es so schnell vorbei sein würde.", begann ich und hielt ein Tuch unter den kalten Wasserstrahl des Waschbeckens, ,,natürlich habe ich es gehofft. Aber nicht erwartet." Langsam drehte ich mich zu ihm um. ,,Das haben wir alle nicht.", erwiderte Minho und blickte zu mir auf, ,,wer weiß, hätte Jongdae nicht plötzlich so einen Druck gemacht, wäre es vielleicht noch lange so weiter gelaufen." Ungewollt musste ich darüber nachdenken wie es wohl wäre, würde es einfach so weiter gehen wie zuvor. Die Päckchen, die Drohungen, die Angst und die Geheimnisse sowie die Gefahr das einem ständig etwas angetan werden konnte. Auf all das konnte ich liebend gerne verzichten. Meine Augen musterten sein Gesicht und meine Hand begann vorsichtig seinen rechten Mundwinkel abzutupfen. Es war nur super wenig Blut, das aussehen kam wahrscheinlich einfach von der Rötung und leichten Schwellung seiner Gesichtshälfte. ,,Und wie geht es jetzt weiter?", fragte ich ihn leise und tupfte weiter, obwohl ich eigentlich bereits fertig damit war. Ich blickte ihm nicht in die Augen, sondern verfolgte meine Handbewegung. Ich hatte nie darüber nachgedacht was nun anstehen würde. Uns verband die ganze Geschichte, doch nun hatte ich das Gefühl das dieses etwas was uns anfangs sogar unfreiwillig zusammengeführt hatte, plötzlich weg war. Meine Gedanken hingen nur an der Vergangenheit, unfähig dazu in der Lage zu sein sich die Zukunft vorzustellen.
Der Aufmerksame Blick meines Freundes durchbohrte mich beinahe, woraufhin ich mich von ihm weg drehte und das Tuch entsorgte. Mein Blick fiel im Spiegel vor mir auf den seinen. ,,Das können wir entscheiden.", sagte er und blickte mir tief in die Augen, ,,keiner hat mehr Einfluss darauf, außer wir selber." Einen Moment lang erwiderte ich nichts. ,,Bereust du es manchmal?", fragte ich ihn Urplötzlich genau das was in meinen Gedanken hochkam, ,,würdest du Dinge beim zweiten Mal anders machen, wenn du könntest?" Verwirrt aufgrund der Frage blitzten seine Augen auf. ,,Da habe ich mir noch nie Gedanken drüber gemacht.", antwortete er mir ehrlich und schien es in genau diesem Moment zu tun. ,,Wie kommst du zu der Frage?", entgegnete er stattdessen. Unwillkürlich zuckte ich mit den Schultern und drehte mich zu ihm um. ,,Wenn ich nicht so sehr auf deine Hilfe angewiesen gewesen wäre und mich nicht verliebt hätte, hätte die Kugel vielleicht mich getroffen. Dinge wären anders abgelaufen.", sagte ich nur mit leiser werdender Stimme und schaute zu den Marmorfliesen herunter, welche mir mein verschwommenes Spiegelbild zeigten, ,,vielleicht war es falsch sich so schnell zu verlieben. Dann hätte nicht alles immer dich getroffen." Ich war mit meinem Kopf völlig in meinen Gedanken und spielte Szenarios ab, welche hätten zur Realität werden können.
,,Du findest wir haben einen Fehler begangen?", fragte Minho und ich merkte anhand seiner minimal aufgebrachten, eher aufgewühlten Tonlage, dass er verletzt war. ,,Nein.", entgegnete ich schnell und wendete meinen Kopf wieder zu ihm hoch, ,,ich liebe dich mehr als ich mich selbst lieben konnte als die Welt noch in Ordnung war. Ich frage dich bloß ob du einen Fehler begangen hast. Ob ich dir all die Schmerzen Wert war." Und tatsächlich könnte ich es sogar nachvollziehen wenn er dies verneinen würde. Mein Herz schmerzte bei dem Gedanken, doch es waren wirklich viele Schmerzen gewesen, wobei sich die physischen nur auf den Schuss bezogen. Ich war mir aber sicher es waren noch andere, vielleicht psychische daran beteiligt gewesen. Schließlich musste er ständig im Hinterkopf gehabt haben, ob es auch mir noch gut ginge, oder ob mich bereits jemand von Jongdaes Leuten aufgesucht hatte. Sein Blick lag auf mir und er schluckte bei meinen Worten. In Gedanken ging ich das gesagte erneut durch. Ich liebe dich mehr als ich mich selbst lieben konnte als die Welt noch in Ordnung war. Es klang kitschig, doch es kam aus meinem Herzen. Die Worte entsprachen mehr der Wahrheit als ich es mir eigentlich eingestehen wollte und erneut wurde mir bewusst wie sehr ich ihm doch verfallen war.
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Danke fürs lesen!
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taken by surprise - M I N S U N G
Hayran KurguEin zu Beginn normaler Abend brachte ein Gerücht in die Welt, welches Auswirkungen auf das Leben eines Abschlussschülers hatte, welche unerwarteter nicht hätten kommen können. Jisung hatte sich nicht einmal Bruchstücke von dem was alles passierte au...