"Es tut mir leid.", bringe ich kleinlaut mit einer rauen Stimme raus. "Was genau, kannst du das bitte präzisieren.", meint Noah genervt. Als ich ihn nur anschaue fügt er hinzu: "Dass du andauernd wie ein Kleinkind rumheulst, dass du ohne Erlaubnis abhaust oder dass du Schuld an Moms Tod bist?"
Geschockt sehe ich ihn an. Er hat recht. Ich habe so viele Gründe, mich zu entschuldigen. Wo soll ich anfangen? "Alles", murmle ich und schaue auf mein Hände, die ich in meinem Schoss nervös knete. "Gut, immerhin hast du es endlich eingesehen, nun, was änderst du?", er ist stinksauer. "Ich... Vielleicht könnte ich mal...", es ist so peinlich.
"Schluss jetzt!", spricht Jack das Machtwort. "Noah, was soll das?! Du kannst sie doch nicht so runtermachen. Sie ist nicht Schuld an Moms Tod. Sie hat viel durchgemacht in letzter Zeit. Sie ist 17. Lass sie in Ruhe. Entschuldige dich bei ihr!", Jack und Noah sind beide aufgestanden und schauen sich wütend an. Stille.
"Entschuldige dich, jetzt!", meint Jack mit Nachdruck. "Ich entschuldige mich nicht für die Wahrheit. Sie ist so egoistisch.", meint Noah ebenfalls wütend. Klatsch. Jack hat Noah geschlagen. Schon wieder Gewalt in diesem Haus. Das kann nicht sein. Das wird mir langsam alles zu viel.
Ich spüre Aiden's Blick auf mir. Er hat sicherlich bemerkt, wie ich stark zusammengezuckt bin. Zu stark. Als ich aus dem Augenwinkel sehe, wie Noah die Hand hebt, um Jack zurückzuschlagen, entweicht mir ein leises "Stop".
Es scheint, als wären Jack und Noah in einer Art eigenen Welt gewesen. Sie haben uns vollkommen ausgeblendet. "Jetzt, wo es um deinen Lieblingsbruder geht, macht es dir was aus, wenn jemand zuschlägt, huh. Dann stehst du für ihn ein. Hat es dir nichts ausgemacht, als ich eine Ohrfeige kassiert habe? Schau hier, genau hier, hat mich seine Hand getroffen." Er steht vor mir und streckt mir seine knallrote Wange entgegen. "Komm her, dann wird deinem Lieblingsjack nichts passieren."
Ich beisse meine Lippen zusammen, um nicht wieder zu weinen. Er ist so gemein. "Noah, raus. Du kannst nicht so mit ihr umgehen, das toleriere ich nicht." , greift Nick ein. "Wir machen morgen weiter, es hat keinen Sinn mehr heute", beschliesst Nick seufzend. Ich lehne mich im Sofa zurück. Darf ich gehen? Niemand hat bis jetzt den Raum verlassen. Unsicher schaue ich mich im Raum um. Alle scheinen ihren Gedanken nachzugehen. Ich versuche mich abzulenken, um nicht an Moms Tod zu denken.
Eigentlich ist der Teppich, der hier im Wohnzimmer richtig hässlich. Mit rosaroten Blumen, einem knallblauem Rand und mittendrin ein grüner Schmetterling. Nicht mal die Farben passen zusammen. Wer den wohl hier hingelegt hat? Das versteh ich nicht. Ansonsten ist das Wohnzimmer nämlich noch einigermassen schön eingerichtet, obwohl, der Lampenschirm ist eigentlich auch... eh... interessant. Meine Augenlieder werden schwerer und es wird immer schwieriger mich auf die Einrichtung des Wohnzimmers zu konzentrieren.
"Geh ins Bett, Mirja", fordert mich Ethan auf. Ich nicke, sage schnell ein "gute Nacht" und verschwinde in den oberen Stock. Kaum liege ich im Bett, fliege ich auch schon ins Land der Träume.
Am nächsten Morgen wache ich verwirrt auf. Ich hab gerade so ein Blödsinn geträumt, aber ich habs vergessen. Ich hasse das Gefühl, wenn man am Morgen aufwacht, der Traum zum Greifen nah ist, aber man doch nicht sagen kann, was genau passiert ist...
Nach einer kurzen Dusche, stehe ich in der Küche und beginne mit der Frühstücksvorbereitung. Als ich neun Teller auf den Tisch lege, trifft mich plötzlich die Realität mit ihrer vollen härte. Es ist wie ein schlag ins Gesicht, ein schlimmerer als den von Aiden. Mom ist tot. Sofort schiessen mir wieder die Tränen in die Augen. Mom ist Tot und kommt nicht mehr. Wir werden nie mehr zusammen frühstücken.
"Guten Morgen", ertönt eine Stimme hinter mir. Ich stecke meinen Kopf in den Kühlschrank und tue so, als würde ich etwas suchen. "morgen", murmle ich und hoffe, er hört meine verweinte Stimme nicht. "Suchst du was?", fragt er weiter. Ich seufze. "Ich glaub, ich habe oben etwas vergessen.", rede ich mich raus und mit dem Blick auf den Boden gerichtet versuche ich schnell zu flüchten. "Komm her.", meint mein Bruder, welchen ich als Michael identifiziere. "Schon gut.", meine ich und ducke mich unter seinem Arm hindurch und renne in mein Zimmer. Jack, welcher gerade aus seinem Zimmer kommt, wirft mir einen verwirrten Blick zu.
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Meine neue Familie
Teen FictionWarnung! In dieser Geschichte sind Ritzen und Magersucht eins der Hauptthemen! Begleitet Mirja auf ihrem Weg in ihre neue Familie. Als ich mit meiner Familie aus den Ferien zurück flog, kam plötzlich ein fremder, junger, gutaussehender Mann auf uns...