Kapitel 63

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Nun ist es soweit. Wir stehen alle in der Ausfahrt und winken Nick zu. Zum Glück hat mich Nick einige Stunden vor seiner Abreise informiert. Meine verheulten Augen sehen schon besser aus. Trotzdem mache ich mir Sorgen. Ich weiss nicht, wie es werden wird ohne ihn. Jedoch muss ich jetzt da durch. Noah hat sich gestern entschuldigt. Er hat seinen Arm um mich gelegt und winkt auch seinem grossen Bruder.

Morgen kommt Nick schon wieder nach Hause. Die Zeit ohne ihn war nicht mal so schlimm. Ich war meistens alleine zuhause und hab mich in meinem Zimmer verkrochen. Aber alleine ging es mir auch nicht besser. Wir haben selten alle zusammen gegessen. Das war einfacher für mich. Ab und zu war niemand da und dann konnte ich die Mahlzeit komplett auslassen. Beim Duschen habe ich auch nie für meinen Rasieren gefragt. Es ist mir viel zu peinlich. Und danach würde es noch eine Kontrolle geben, unvorstellbar. Es klopft an meiner Tür. Ich löse meinen starren Blick von der Wand und rufe leise «Ja». Ethan kommt rein. «Hast du immer noch Lust, heute an den Footballmatch von Aiden zu kommen?», fragt er mich und kratzt sich dabei am Kopf. Oh das hab ich ja ganz vergessen, das ist heute. Ich nicke. «Gut, zieh dich an, wir holen uns etwas zu Essen unterwegs.» ohoh, essen... Trotzdem nicke ich.

Zehn Minuten später sitzen wir beide in Ethans Auto. Ich bin aufgeregt, schliesslich war ich noch nie an einem Footballmatch. Aus dem Lautsprecher tönt leise Hintergrundmusik. Nicht so mein Geschmack, aber ich bin sehr dankbar für die Musik, sonst wäre eine komische Stille im Auto.

Unauffällig spiele ich mit meinem Haarband um mein Handgelenk um mich mit dem leichten Schmerz von meiner Nervosität abzulenken. Ethan muss gespürt haben, dass es mir nicht ganz wohl ist. «Früher habe ich auch Football gespielt.», beginnt er ein Gespräch. «Echt?», frage ich, unendlich dankbar, dass er angefangen hat zu sprechen. «Ja, ich war sogar ziemlich gut. Alle haben mich geliebt.», meint er.

Mir entweicht ein kleines Lächeln. Er ist schon ganz anders als ich. Alle lieben ihn, von sowas könnte ich nicht mal träumen. Niemand liebt mich richtig. Komisch, dass wir verwandt sind, wenn wir doch so unterschiedlich sind. Aber ich mags ihm gönnen. Er ist schliesslich auch eine super Person.

«Warum hast du aufgehört?», frage ich ihn. Ich merke, wie er sich anspannt. Warum lerne ich nie? Ich sollte keine Fragen stellen. «Du musst es mir nicht sagen, Entschuldigung, es war eine doofe Frage.», versuche ich mich zu entschuldigen. «Nein, alles gut. Du konntest es nicht wissen... Es war nicht meine beste Zeit. Wir spielten gegen unsere Gegner. Die Bulldogs. Und einer regte mich dermassen auf, dass ich ihm in seine hässliche Fresse schlug. Es artete aus und ich wurde aus dem Team gekickt. Obwohl er es verdient hatte!» «Tut mir leid.», sagte ich. Ethan ist eine Weile still und parkt dann vor Burger King. Oh.

«Komm», meint er. «Was möchtest du?», fragt er während wir uns hinten in der Schlange anstellen. Ich weiss nicht. Ich weiss wirklich nicht, ob ich so etwas Fettiges essen kann. Noch dazu nicht zuhause. Was wenn Leute mich anschauen und denken, kein Wunder, dass sie so fett ist? Ich kaue auf meiner Lippe herum. Als ich nach einigen Sekunden immer noch keine Antwort gegeben habe, bestellt schliesslich Ethan einfach.

«Komm wir setzen uns.» Er lenkt mich zu einem Tisch. Wir setzen uns und kurze Zeit später konnte Ethan auch schon unser Essen abholen. Immer noch total nervös, spiele ich wieder mit meinem Haarband. Er stellt einen Hamburger und Pommes vor mich hin. Das kann ich unmöglich alles essen.

«Guten Appetit.», sagt er und beisst sogleich herzhaft in seinen Burger. Ich schliesse kurz meine Augen und atme tief durch. Tu es, tu es für ihn. Als ich meine Augen wieder öffne, erröte ich sogleich. Ethan hat mich die ganze Zeit beobachtet. Beschämt nehme ich schnell den Hamburger und beisse ein wenig ab.

Meine neue FamilieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt