"Was hast du?!", fragt Jack ausser sich. "Leute, bitte lasst sie in ihr Zimmer gehen. Seht ihr nicht, wie schlecht es ihr geht?"
Daraufhin werde ich wieder hochgehoben, in mein Zimmer transportiert und ins Bett gelegt. Sofort drehe ich mich zur Wand. "Ruh dich aus und komm runter, wenn du bereit bist. Ich glaube, es ist Zeit für einen Familienrat.", meint Mason, der mich hochgebracht hat.
Als er meine Zimmertür schliesst und ich seine Schritte höre, die sich von meinem Zimmer entfernen, stehe ich geräuschlos auf und gehe ins Bad und hole meine Klinge.
Nachdem ich erschöpft die Sauerei geputzt habe, lege ich mich ins Bett. Sofort schlafe ich ein.
Mein erster Gedanke, nachdem ich aufwache ist der "Familienrat." Ich habe schreckliche Angst davor. Dass sie mir die Schuld an Moms Tod geben werden ist klar. Aber was ist, wenn sie mich hart bestrafen. Ich werde nicht mehr viel ertragen. Jedenfalls nicht heute.
Langsam schleiche ich die Treppe runter. Ich habs überhaupt nicht eilig. Jedoch sollten sie auch nicht denken, dass ich mich davor drücken will.
Als ich unten ankomme, sitzt Aiden auf dem Sofa. Unsicher bleibe ich stehen. Zuerst bemerkt er mich gar nicht, dann schaut er kurz von seinem Handy auf und sein Blick landet sofort auf mir. Augenblicklich versteif ich mich. "Komm her.", meint er sanft. Als ich mich nur sehr zögerlich bewege, fügt er hinzu: "Ich tu dir nichts." kaum merklich nicke ich. Langsam lasse ich mich auf dem anderen Sofa nieder. Als er aufsteht und sich neben mich setzt, rutsche ich in die andere Richtung und versuche so viel Abstand wie möglich zwischen uns zu bringen. "Mirja, hör auf. Schau, es tut mir leid, wirklich. Ich hätte dich niemals schlagen dürfen. Ich versprechs dir, ich werde es nie wieder tun. Kannst du mir verzeihen?", er schaut mich bittend an. Er hat mein Gesicht in seine Hände genommen und streicht mit einem Finger sanft über meine geschwollene Wange. Ich nicke kurz. "Es tut mir so leid.", beteuert er nochmal ruhig und dann zieht er mich in eine Umarmung. Stocksteif sitze ich da. Meine Gefühle überrennen mich. Ich weiss nicht mehr, ob ich nun Angst vor ihm haben muss doer ob ich mich freuen soll, dass er mir seine Gefühle zeigt.
"Ah Mirja, du bist wach.", Mason betritt die Stube. "Ja", bestätige ich leise. "Alle mal herkommen", ruft Mason. Jetzt wird mein Alptraum wahr. Bald werden alle meine Brüder im Wohnzimmer sitzen und mich beschuldigen. Bald werde ich auf der Strasse leben. Bald werde ich kein Zuhause mehr haben und auf mich alleine gestellt sein. Sie werden mich sicher nicht mehr hier haben wollen. Ich habe schliesslich ihre Mutter umgebracht.
Ehe ich mich versehe, sitzen all meine Brüder im Wohnzimmer. Es herrscht eine angespannte Stimmung. Ängstlich kaue ich auf meiner Unterlippe rum.
"Also, was soll das hier, ich will nachher noch weg!", meint Noah schlecht gelaunt. "Sei jetzt still und hör auf, so egoistisch zu sein. Kannst du nicht einmal nicht nur an dich denken." "Ich denk nicht nur an mich , sondern an uns alle und versuche, dass wir unsere Zeit wirksam nutzen können." "Als ob, wo willst du noch hin. Mom ist tot. Scheisse Mann, du kackst mich gerade echt an. Verstehst du nicht, Mom ist heute gestorben. Sie wird nie mehr kommen. Sie ist weg für immer!", mir rollen bei Aidens Worten schon wieder stumme Tränen über die Wange. Michael merkt es und rutscht näher an mich ran. Er legt einen Arm um mich und streicht mit der anderen Hand sanft über meinen Handrücken.
"Ruhe jetzt", zischt er mit einem Seitenblick zu mir. Sofort habe ich die ganze Aufmerksamkeit. Jetzt wird es beginnen. Jetzt werden sie mir sagen, dass ich Schuld bin. Aus Angst vor dem, was geschehen wird, kaue ich wieder auf meiner Unterlippe rum und Tränen sammeln sich in meinen Augen.
"Was ist los?", flüstert Michael leise. Ich antworte ihm nicht und suche den schnellsten Fluchtweg. Wenn sie mich einkreisen, würde ich unter dem Sofatisch durchkriechen und dann aus dem offenen Fenster springen und mich dann im Vorgarten hinter dem grossen Busch verstecken.
Ethan räuspert sich. "Also, was machen wir jetzt?" Schweigen. "Wir müssen einiges erledigen: Die Beerdigung organisieren, mit der Behörde schauen, was von ihrer Seite alles erledigt werden muss und das Zimmer aufräumen."
Schweigen
"Eine Beerdigung gibt einiges zu organisieren.", wirft Mason ein.
"Stimmt.", bestätigt Ethan. Ich schlage vor, dass wir morgen alle zusammen dran setzen. Morgen um neun. Wer zu spät kommt, bekommt die Aufträge, die wir ihm zuteilen.", Mason und Ethan sind die einzigen, die an der Diskussion teilnehmen. Alle anderen starren vor sich hin.
Ich versuche mich hart zusammen zu reissen, aber es verlassen immer wieder Tränen meine Augen. Mom ist weg. Sie wird nie mehr zurückkommen. Als mir ein leiser Schluchzer AUSVERSEHEN entfährt, habe ich wieder die ganze Aufmerksamkeit auf mir. Ich sehe, wie Noah die Augen verdreht.
Gleich darauf wird er von Nick angefahren. Michael atmet tief ein und drückt mich enger an sich. Es bringt alles nichts. Alle Dämme brechen. Mom ist tot. Ich merke nicht mal, wie ich immer wieder laut Schluchze.
Es dauert eine Weile, bis ich meine Umwelt wieder wahrnehme. Nick hat sich vor mich gekniet und hat meine Hände in seine genommen. Michael ist immer noch neben mir und hat seinen Arm um meine Schulter gelegt. "So und jetzt Mirja, atme tief ein. Komm, zusammen mit mir und eins zwei drei, jetzt." Er atmet tief ein. Ich versuche es auch, aber es klappt nicht so gut, wie bei ihm. "Sehr gut und gleich nochmal", motiviert er mich. So geht es eine Weile weiter, bis ich meinen Atem wieder unter Kontrolle habe.
"Es tut mir leid.", bringe ich kleinlaut mit einer rauen Stimme raus. "Was genau, kannst du das bitte präzisieren.", meint Noah genervt. Als ich ihn nur anschaue fügt er hinzu: "Dass du andauernd wie ein Kleinkind rumheulst, dass du ohne Erlaubnis abhaust oder dass du Schuld an Moms Tod bist?"
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Meine neue Familie
Teen FictionWarnung! In dieser Geschichte sind Ritzen und Magersucht eins der Hauptthemen! Begleitet Mirja auf ihrem Weg in ihre neue Familie. Als ich mit meiner Familie aus den Ferien zurück flog, kam plötzlich ein fremder, junger, gutaussehender Mann auf uns...