Kapitel 56

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Ich atme tief durch. «Komm schon, das ist deine Chance.», meint Benjamin auffordernd.

«Du darfst alles sagen, wir werden versuchen es umzusetzen oder eine gemeinsame Lösung zu finden.», meint Jack auffordernd. «Muss dir nicht peinlich sein», flüstert mir Mason von der anderen Seite zu.

Okay, also nochmal tief Luft holen und dann sage ich: «Ich habe einige Wünsche. Aber ich kann sie euch nicht sagen.», es ist mir wirklich zu peinlich. Ethan gibt Mason ein Zeichen, dass er rutschen soll. Sein jüngerer Bruder kommt seiner Aufforderung nach und macht ihm Platz. Jetzt bin ich zwischen Noah und Ethan eingequetscht.

«Hör zu. Wir alle wünschen, dass es dir hier gut gehen darf. Du bist unsere Schwester, wir lieben dich okay. Es tut uns allen leid, dass wir dir in letzter Zeit die Liebe nicht so zeigen konnten. Bitte hilf uns, damit wir dir dein Leben hier erleichtern können. Sag uns, was du dir wünschst. Wir kennen dich zu wenig, um zu wissen, was du wirklich brauchst. Sag uns, wie du dich fühlst.»

Unsicher schaue ich zuerst ihn und dann den Rest meiner Brüder an. «Komm schon, du kannst das», macht mir Benjamin von hinten Mut.

«Es ist aber nicht eure Schuld, okay, wahrscheinlich bin ich zu sensibel...Aber ich würde mir wünschen, dass ihr mich... dass ihr mir vielleicht ein bisschen mehr zeigt, dass ihr mich... akzeptiert?» Ich sehe, wie Aiden, der mir gegenüber sitzt, sein Kopf senkt. «Wir haben versagt.», murmelt Noah. «Du fühlst dich nicht mal akzeptiert hier und wir können es dir nicht mal verübeln.»

«Louisa, wir möchten, dass du dich geliebt und nicht nur akzeptiert fühlst. Könntest du sagen, was wir ändern könnten?», fragt Ethan sanft.

Unsicher kaue ich auf meiner Lippe rum. Es ist mir sehr unangenehm das Ganze. Ich bleibe eine Weile still. «Sie möchten es hören, Louisa, du kannst es ihnen sagen.», meldet Benjamin sich wieder leise. Ich bleibe weiter still. «Vielleicht ist es einfacher, wenn du uns sagst, wann du dich nicht akzeptiert gefühlt hast. Hast du ein Beispiel?», fragt Michael leise. Oh ja und ob ich Beispiele habe. Mehr als ich an einer Hand abzählen kann. «Seit ihr sicher, dass ich Beispiele sagen soll, ich will niemand beschuldigen.», «Es ist okay, Lisa», meint Ethan neben mir. «Okay, aber fühlt euch nicht schlecht, dass ich zu sensibel bin, bitte. Ihr seid wirklich nicht schuld dran.», murmle ich leise und als niemand was dazu sagt, fahre ich leise fort: «Zum Beispiel, als ich beschuldigt wurde ein Sandwich gegessen zu haben. Man liess mich nicht mal ausreden, ich wurde immer vorher unterbrochen. Oder, es ist mir ein bisschen unangenehm, aber», ich merke, wie meine Wangen rot wurden. Ich drückte meine Nägel in die Handflächen «ich bin sehr nah am Wasser gebaut und mir kommen sehr schnell manchmal die Tränen. Ich versuche wirklich alles, dass sie nicht kommen, aber manchmal sind sie einfach da und ich kann sie einfach nicht mehr aufhalten... Ich kämpfe manchmal sehr damit und dann sind manchmal einige Kommentare für mich nicht sehr... eh hilfreich?», es ist wirklich unangenehm. Ich kaue nervös auf meiner Lippe rum. Es ist mir zu unangenehm, um weiter zu sprechen. Es macht aber auch nichts. «Danke viel Mal.», meint Noah. Jack wirft mir ein aufmunterndes Lächeln zu.

«Weitere Wünsche?», fragt mich Nick sanft. Zögerlich nicke ich. «Ich wünschte mir mehr Freundlichkeit in diesem Haus. Allgemein und... keine Gewalt mehr.» «Stimme ich dir total zu.», meint Nick sofort mit einem nicken, während er Noah und Aiden einen scharfen Blick zuwirft. «Was noch?», fragt. «ich möchte zur Schule gehen.»

«Ich werde es überdenken.», sagt Nick.

«Danke, ich bin fertig.», schliesse ich und lege meinen Zettel wieder zurück in meine Tasche.

Ethan streicht mir leicht über den Oberarm und lächelt mich an.

«Sonst noch was von jemandem?», fragt Nick. Als sich niemand meldet fügt er an: «Wir treffen uns um halb sieben fürs Nachtessen. Ich werde schauen, das was da ist.»

Erleichtert, dass dieses Gespräch vorbei ist stehe ich auf und gehe in mein Zimmer. Dort lege ich mich aufs Bett und analysiere die letzte Stunde.

Plötzlich klopft es. Als die Tür nicht sofort aufgeht, runzle ich verwirrt die Stirn, bis ich fröhlich erkenne, dass mir jemand zugehört hat und meine neue Regel akzeptiert.

«Ja», rufe ich. Bald darauf tritt Benjamin ein. «Hast du Lust den Plan zu erstellen?», fragt er. Zögerlich nicke ich. Will er das denn wirklich?

«Wunderbar, komm mit.», meint er lächelnd.

Ich folge ihm in die Garage. Wobei es eher einen Bastelraum ist. Während ich mich staunend umsehe, hat er bereits ein Blattpapier, Pinsel und diverse weitere Utensilien auf dem grossen Tisch in der Mitte verstreut.

Ungefähr nach einer Stunde, sieht es schon nach etwas aus. Es fehlt einfach noch irgendwas. Benjamin hat mir Geschichten von den Jungs von früher erzählt. Sie kennen sich seit früher Kindheit. Ich musss sagen, es hört sich schon lustig an, was sie früher zusammen für Mist gebaut haben. «Manchmal hätte ich sie früher gern erlebt oder gekannt.», meine ich nachdenklich. «Oh, ich hab eine Idee! Wir können es ihnen peinlich machen, komm mit.» Er zieht mich mit ins Haus. Und steuert direkt aufs Zimmer meiner Mutter zu. Abrupt bleibe ich stehen. Da gehe ich auf keinen Fall rein. Seit dem wir das Zimmer ausgeräumt haben, habe ich keinen Schritt mehr reingesetzt. Auch geputzt habe ich es nie...

«Es ist nichts mehr drin.», flüstere ich leise, als er die Tür öffnen will. Ich habe Angst, was mich erwartet, wenn ich reinblicken kann. Er scheint meine Angst zu spüren. «Ist okay, wir gehen nicht rein.», meint er nach kurzem Überlegen und entfernt sich wieder von der Tür.

«Aid, wo sind die Fotoalben?», fragt Benjamin seinen Kollegen. «Da, warum?», fragt Aiden und zeigt auf einen Schrank. «Einfach, danke», meint Benjamin und zwinkert mir zu. Okayyy... «Wofür brauchen wir die Alben?», frage ich neugierig. «Wirst du gleich sehen», meint er und geht auf den Schrank zu, nimmt ein Album raus und macht mit seinem Handy ein paar Bilder von einigen alten Fotos.

Dann schliesst er das Buch und legt es zurück in den Schrank. «Komm», meint er und geht wieder zurück Richtung Garage. Komme zwar nicht draus aber egal.

Der Arbeitsplan ist fertig. Ab sofort ist geregelt, wer wann was im Haushalt erledigen muss. Ein leichtes lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. Eine leichte Veränderung wird bereits sichtbar in meinem Leben. 

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