Kapitel 22

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Es klopft an meiner Tür und Aiden tretet ein, ohne auf meine Erlaubnis zu warten. "Schick", kommentiert er. Er trägt ein schwarzes Hemd mit dunklen Hosen. "Bist du fertig", fragt er mich. Als ich nicke nimmt er mich wie ein kleines Kind an der Hand und zieht mich hinter sich her. Wir kommen die Treppe runter. "Schaut mal unsere hübsche Schwester an!", ruft Jack und zieht mich in eine starke Umarmung. Ich lächle leicht. "So ich bin auch hier wir können gehen.", meint Noah, der gerade die Treppe runter kommt. Na dann, gehen wir doch feiern, dass meine Mom mich lieb hat.

... nicht!

Wir fahren ungefähr eine viertel Stunde bis Ethan vor einem nobel aussehendem Restaurant haltet. Kaum sind wir ausgestiegen kommt auch schon eine Serviertochter angelaufen und fragt Aiden, auf welchen Namen reserviert wurde. Aiden antwortet ihr und sie weist uns an an einen Tisch mit neun Plätzen. "Mirja, komm.", schmunzelt Michael. Ich habe mich wahrscheinlich zu lange in diesem Restaurant umgesehen, denn alle sitzen nun schon. Peinlich berührt setze ich mich auf den letzten freien Stuhl. Vis-à-vis von Mom. Das kann ja heiter werden.

Die Bedienung kommt und wir bestellen. Unter dem stechenden Blick von Mom traue ich mich nicht, die grosse Portion Pasta zu bestellen, sondern entscheide mich stattessen für einen kleinen Salatteller. Von meinen Brüdern erhalte ich verwirrte Blicke, die ich jedoch ignoriere. Nick schaut mich besorgt an. "Hast du keinen Hunger, Mirja?",fragt er. Ich schüttle den Kopf und versuche das Thema zu wechseln. Aber mir fällt kein Thema ein! Ich bin einfach immer noch nicht integriert in diese Familie, obwohl sich die meisten sehr Mühe geben. "Ich wette mit euch, ich werde die grösste Portion erhalten!", meint Michael plötzlich. "Als ob, meine ist doppelt so gross wie deine.", springt Mason auch gleich auf Michaels Aussage an. War ja klar. Sobald der eine Zwilling etwas sagt, muss der andere beweisen, dass er es besser hat. "Auch wenn deine grösser wäre, so könntest du doch nicht die ganze Essen, du Lauch." "Nimm das zurück!", verlangt Mason sofort. "Leute bitte benehmt euch! Wir sind hier nicht zuhause!", schimpft Ethan augenverdrehend. "Mom, hast du deine Tabletten mitgenommen?", fragt Nick Mom. "Die sind immer in meiner Handtasche, du musst mich nicht kontrollieren, mein Sohn.", antwortet Mom schroff. "Du weisst, dass du nur zuhause wohnen darfst, weil ich dich so beaufsichtigen kann. Wenn ich nicht Arzt wäre, wärst du schon lange in einem Heim. Also muss ich dich kontrollieren.", erklärt Nick fachmännisch. Ich schaue Nick fragend an. Dieser winkt jedoch nur ab. Entweder mögen sie es nicht übersetzen oder sie haben Geheimnisse vor mir. Wahrscheinlich beides. Denn ich weiss ja, dass sie noch viele Dinge vor mir verheimlichen. Zum Beispiel die genaue Krankheit von Mom. Was mit meinem Vater ist, weiss ich auch nicht, nur dass er uns damals verlassen hat. Ausserdem weiss ich ziemlich nichts über meine Brüder. Aber das ist wahrscheinlich auch ein bisschen meine Schuld. Ich sollte mehr mit ihnen machen, so würde ich sicherlich mehr über sie herausfinden. Moment nein, das geht ja nicht! Aly meinte ja, sie schämen sich für mich. Ob es ihnen wohl peinlich ist, hier in der Öffentlichkeit mit mir zu sitzen?

"Mirja, wo bist du mit deinen Gedanken?", ich schrecke auf. Fragend schaue ich Aiden an, der mich eiskalt auslacht. "Ehm ich ehm," stottere ich. "Ja du, was?", fragt Aiden mich schmunzelnd. Unruhig rutsche ich auf meinem Stuhl. "Ich habe gedacht, dass ehm naja, dass", was soll ich den jetzt sagen, wenn ich ihnen sage, dass ich mich gefragt habe, ob sie sich wohl fest mit mir schämen, wird das nicht gut ausgehen. "Sag es einfach.", drängt mich Aiden. Ethan stösst ihm den Ellbogen in die Rippen. "Was, darf ich nicht mal wissen, was meine Schwester denkt?". Mittlerweile haben auch die anderen ihre Gespräche unterbrochen und sehen zu uns. "ich habe überlegt, dass ich gar nicht viel über euch weiss.", antworte ich schliesslich. Sonst wird es nur noch peinlicher. "Findest du das schlimm, immerhin weiss ich auch fast nichts über dich.", meint Aiden. "Schlimm nicht, nur ungewohnt.", gebe ich zu. "Kann ich verstehen.", stellt sich Michael auf meine Seite. "Was willst du denn wissen?", fragt Michael. Jetzt wird es immer spezieller. Alle hören mir zu, wie ich meinem eigenen Bruder fragen zu seinem Leben stelle. Das kann ich doch nicht. Jack scheint zu merken, wie unangenehm es mir ist. "Wir können machen, dass jeder ein 'Mirja-Tag' macht, an dem wir alle mit ihr Zeit verbringen  und uns so gegenseitig besser kennenlernen. Ist das eine Idee?", fragt Jack an alle gewandt. Ich nicke ihm dankend lächelnd zu. Er hat mich gerade aus einer ziemlich peinlicher Situation gerettet. "Gut ich übernehme morgen.", klärt Nick sich sogleich bereit. Mom sieht nicht begeistert aus, aber was solls?

Nachdem Essen verschwinde ich schnell auf der Toilette. Schliesslich muss ich mein Essen loswerden, sonst hat Aly keine Freude! Ich will sie nicht noch wütender machen, wer weiss zu was sie alles fähig ist! Sobald ich die Toilettentür geschlossen habe, beuge ich mich über die Toilettenschüssel. Soll ich es wirklich tun?

Meine neue FamilieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt