Finns P.O.V
Auf das schrille Piepen folgte ein eisernes Rattern. Ein rotes Lämpchen blinkte auf. Ein Wachmann führte mich an einen ovalen Tisch mit zwei Stühlen. Nur wenige Besucher waren außer mir hier. Das lag wahrscheinlich an der Tageszeit. Schließlich sollte auch ich nicht hier sein, sondern in der Schule. Aber ich brauchte Gewissheit und die konnte mir nur Rico geben! Carter vermutlich auch, doch er saß in einem anderen Staat ein. Also konnte ich nur mit Rico reden. Ein zweites Piepen ertönte und eine Handvoll beiger Overalls betraten den Raum. Auch Rico. Spöttisch grinste er mich an. Seine hässliche Visage hatte ich ehrlich nicht vermisst! Ich hatte wirklich gehofft diesen Kerl nie wieder sehen zu müssen. Da hatte ich mich bei der Gerichtsverhandlung zu früh gefreut, aber hier ging es nicht nur um mich, denn meine Familie wurde bedroht und ich musste die, die ich liebte, beschützen. Dafür ertrug ich Ricos Gegenwart! „Finn Harries! Lange ist's her. Was verschafft mir, denn die außerordentliche Ehre deines Besuchs?" Dieser Typ kotzte mich an. Dieses Grinsen! Diese Arroganz! Es war einfach nur ekelhaft. „Rico, Alter, jetzt halt die Klappe und hör zu!", fuhr ich an. Wie gesagt, ich ertrug ihn nur mit viel Mühe und Selbstbeherrschung. Rico war ein schwererträglicher Bastard! Doch Augen zu und durch. Ich brauchte Antworten und meine Familie Sicherheit. „Finn, doch nicht so unfreundlich! Wir haben uns seit Monaten nicht mehr gesehen, mein alter Freund." Verächtlich schnaubte ich. „Freunde? Wie lustig du doch bist, Rico. Aber wegen deines Humors bin ich nicht hier." Ich legte die Briefe, die zuvor erhalten hatte, vor Ricos Nase. „Was ist das?" Dieses linke Lächeln ließ Wut in mir aufbrodeln. Aber ich musste ruhig bleiben, ansonsten würde ich keine Informationen bekommen und ich brauchte dringend welche. „Das sind Drohbriefe! Die habe ich in den letzten drei Tage bekommen und solche Briefe tragen doch eindeutig deine und Carters Handschrift. Warum habt ihr uns diese dämlichen Briefe geschrieben? Reicht euch das Gefängnis nicht?" Abwehrend hob Rico die Hände und schüttelte den Kopf. „Jetzt halt mal die Luft an! Wir waren das nicht. Wir haben mit den Briefen nichts zu tun! Das geht definitiv nicht auf unsere Kappe. Da musst wohl noch mehr Feinde haben, Finny." Ohne eine Wort zu sagen, gab ich einer der Wachen ein Zeichen und stand auf. Hinter meinem Rücken protestierte Rico, weil er abgeführt wurde, während ich den Besucherraum verließ. Jetzt musste ich nur noch meine Sachen holen und mich schon wieder auf diese dreistündigen Fahrt begeben.
Erschöpft riss ich mir meine Lederjacke von den Schultern. Sechs Stunden Autofahrt, Anspannung und das Wiedersehen mit Rico hatte an meinen Nerven gezerrt. Ich konnte kaum erwarten diesen Tag zu Ende gehen zu lassen! Mir reichte es mit heute. Aber Ruhe war mir so schnell nicht gegönnt! Bei uns zuhause war es still. Vermutlich hatte Nate Grace schon ins Bett gebracht. Nates Anwesenheit war eine Erleichterung für mich, denn ich war nun nicht mehr alleinverantwortlich bei uns zuhause. Kaum knarzte die erste Treppenstufe unter meinem rechten Fuß, standen meine Eltern wie aus dem Boden gestapft neben mir. "Finn Edward Harries! Du kommst auf der Stelle her.", polterte mein Vater sofort los. Kein Wort des Grußes! Wie sollte es auch anders sein unter dem Dach der Familie Harries. Vor Schreck stolperte ich und krachte brutal mit der Schulter gegen die Wand. Ein ziehender Schmerz durchströmte meinen rechten Arm. Na toll! Jetzt hatte ich mich auch noch verletzt. Dieser Tag wurde immer besser! "Was macht ihr denn hier? Müsst ihr nicht noch arbeiten?", fragte ich nach und rieb mir schmerzerfüllt den Arm. "Lenk nicht ab, junger Mann! Darum geht es hier nicht." Ich blickte zwischen meinen Eltern hin und her. Meine Stirn legte ich dabei in Falten. Wenn ich wüsste, was hier abginge, würde es diese Situation für mich versehentlich erträglicher machen! "Wir haben noch nicht einmal angefangen über irgendetwas zu sprechen! Ich weiß noch nicht mal, um was es geht. Kann mich bitte jemand aufklären?" Das Gesicht meines Vaters wirkte noch verkniffener. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust. Verunsichert lugte Mom hinter ihm hervor. Natürlich sagte sie nichts! Sie stand immer hinter ihrem Mann. An manchen Tagen nahm ich es ihr übel, doch ich liebte meine Mutter und ich glaubte, dass ich auch immer hinter Rose stehen würde. Deswegen verzieh ich ihr mehr, als ich vermutlich sollte. Bei meinem Vater sah die Sache etwas anders aus. Mom entschuldigte sich bei mir und bügelte ihre Fehler aus. Mein Vater dachte nicht einmal im Traum daran, sich jemals zu entschuldigen. "Gut! Dann erklär ich dir, was los ist. Du hast heute die Schule geschwänzt! Wir wollten dich heute abholen und zufällig haben wir gehört, wie deine Freunde darüber gesprochen haben, dass sie hoffen das die Autofahrt für dich nicht zu anstrengend ist. Es wäre ja ein weiter Weg wo auch immer hin!" Fassungslos berührte Dad seine Stirn. "Wie kommst du auf die Idee die Schule zu schwänzen?! Du kannst dir bei deinen Noten keine Fehlstunden leisten, mein Freund. Deine Zensuren zeigen noch lange nicht die gewünschte Leistung! Wo wir beim nächsten Punkt wären." "Aber Dad, ich schneide wesentlich besser ab als vorher. Ich lerne jedes Wochenende mit Luca und Rose!" "Unterbrich mich nicht! Deine Leistung reicht nicht. Du kannst viel mehr! Also hör auf zu feiern und dich mit deinen Freunden zu vergnügen! Du solltest lernen Verantwortung zu übernehmen, Finn!" "Lernen Verantwortung zu übernehmen?! Ich kann Verantwortung übernehmen und das habe ich auch getan. Ich habe den Haushalt geschmissen, mich um Grace gekümmert, alles abgeklärt mit den Ärzten, als Nate im Koma gelegen hat, während ihr arbeiten ward. Ich habe klaglos hingenommen, wenn ihr mir wieder die Schuld an allem gegeben habt! Ich habe in der Schule gefehlt, auch wenn wichtige Tests und Klausuren geschrieben wurden, damit ich bei Grace bleiben konnte, wenn sie krank waren. Ich habe Verantwortung übernommen und wenn ihr da wart, habe ich abgeschaltet und bin einmal in Monaten mit meinen Freunden feiern gegangen! Ich war in dem letzten halben Jahr nicht mal auf drei Hausparties, in keinem einzigen Club. Ich weiß nicht, was ich noch machen soll, um euch zufrieden zu stellen! Offenbar bin ich nicht gut genug! Kümmert euch, um euren Mustersohn und eure tolle Tochter. Ich verschwinde zu Luca!" Wutentbrannt stürmte zur Haustür. "Nicht in diesem Ton!", brüllte mein Vater mir hinter her. Daraufhin knallte die Tür ins Schloss.
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California's Badboy
ChickLitUnsere lieben Freunde Lina, Luca, Finn, Rose, Lydia, Kenny und Taylor haben im letzten Schuljahr schon einiges erlebt und jetzt gehen sie auf ihr allerletztes Schuljahr zu! Wenn da schon nicht aufregend genug ist, dann bekommt die Truppe noch zu wa...