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Eine Zombieapokalypse wäre angenehmer! Zumindest wären die Zombies langsamer und ich würde vermutlich bei Apokalypse weniger blaue Flecke davon tragen als jetzt. Unfassbar, dass man sich seinen Weg zu einem bescheuerten Kleid erkämpfen mussten! Es war wie ein Schlachtfeld und ich wollte die weiße Fahne hissen. Doch ich hatte die Rechnung ohne Finn und die Verkäufer gemacht! Verzweifelt wandte ich meinen Kopf zu Finn, der mir ein aufmunterndes Lächeln schenkte. Doch es verfehlte seine Wirkung! "Noch ein Ellbogen und ich verspreche dir, du erlebst einen Amoklauf mit!", zischte ich. "Ich falle lieber auf der Stelle tot um, als weiter zu machen." Leise glucksend drückte Finn mir einen Kuss auf die Schläfe. "Wie wäre es mit einer Pause, Prinzessin?" "Die ist überfällig, Finny!", brummte ich und stapfte in die Umkleide, um mich des Abendkleid, das ich noch trug, zu entledigen. Dieses Vorhaben stellte sich als schwieriger heraus, als es sein sollte. Stöhnend versuchte ich mit jeder erdenklichen Verrenkung an den Reißverschluss am Rücken des Kleides zu kommen. Doch egal wie ich mich drehte und wendete, es gelang mir nicht! "Brauchst du Hilfe?", erklang Finns Stimme durch den Stoff des Vorhanges. "Ist es derart offensichtlich?", stellte ich entmutigt die Gegenfrage und zog schwungvoll den Stoff, der uns trennte, beiseite. "Du brauchst nicht lange, um dich umzuziehen! Das war das ausschlaggebende Indiz. Jetzt dreht um!", forderte Finn mich auf. Ich tat, wie mir befohlen. Seine Fingerkuppen streiften meine nackte Haut beim Hinunterziehen des Reißverschlusses. Gänsehaut bildete sich auf meinem Rücken. Es verbreitete sich wie ein Lauffeuer auf meinem Körper. Jedoch war mir nicht kalt. Ganz im Gegenteil! Mir war in meinem Leben noch nie so heiß gewesen wie in diesem einen Moment. Plötzlich spürte ich seine Hände auf meinen Oberarmen. Sein Oberkörper drückte sich gegen meinen Rücken. Seine Lippen streiften mein Ohr. "Es ist offen.", raunte Finn. Ein Schauer überfiel mich. Alle Zellen meines Körpers nahmen nur noch Finn und seine Präsenz war. "Danke... Dankeschön...", stammelte ich völlig perplex in der gleichen Lautstärke. "Gern geschehen!" Ein federleichter Kuss fand seinen Weg auf meine Halsbeuge und ich war wieder allein in der Umkleide.

"Schmeckt es dir?" Mit gefüllten Backen nickte ich und aß einfach weiter. Umso länger ich in Amerika war, desto mehr entdeckte ich meine Liebe zum Essen! Doch heute aß ich ausschließlich aus Frust. Jetzt konnte ich es endlich nachvollziehen! Finn legte seine Finger um meinen Handgelenk. "Geht es dir gut?", wollte er wissen. Ich schluckte schwer und schüttelte den Kopf. "Was ist denn los?" Ein Seufzer begleitete meinen Burger auf den Weg zu dem Tablet vor mir. "Ich fühle mich gestresst und unter Druck gesetzt.", gestand ich. Finns Daumen zog Kreise auf meiner Haut. "Möchtest du darüber reden?" "Ich fühle mich heute einfach nicht gut und diese Mädchen und Frauen, die sich förmlich bekriegt haben, wegen irgendwelchen Kleidern haben es nicht besser gemacht!", erzählte ich Finn. Ich schaute ihm in die Augen. Das Blau war so strahlend, so ruhig, so schön! Die Wirkung übertrug sich auf meine Seele. Mir ging es dadurch nicht hundertprozentig gut, aber es war nun mal so ein Tag! "Wir können auch gehen! Du brauchst kein Kleid. Du musst auch nicht zu dieser beschissenen Gala." Jedoch winkte ich ab. "Ich möchte dich begleiten, mi cielo! Den Kleidkauf bringen wir auch hinter uns. Schließlich muss ich es nicht allein machen!", merkte ich an. Finn lächelte wieder. "Lass uns fertig essen und unsere Pause genießen!" Ich spiegelte den Ausdruck von dem Gesicht meines Freundes auf meinem eigenen. "Klingt gut!"

Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust und schnaubte. "Das ist mein letztes Wort!", stellte ich klar. Finns Körperhaltung ähnelte meiner. Einen Moment lang starrten wir einander stumm in die Augen. "Ich will dir das Kleid schenken.", wiederholte Finn sich. "Ich werde es nicht annehmen! Es ist zu teuer. Außerdem möchte ich es selbst bezahlen!" Dieses Gespräch drehte sich im Kreis und die arme Verkäuferin sah zwischen uns hin und her, offensichtlich überfordert mit dieser Situation. "Aber es nicht die Gala deiner Eltern sondern meiner! Ich hab dich eingeladen. Also lass mich dieses verdammte Kleid bezahlen.", forderte mein Freund ein. "Nein." Genervt seufzte er. Ich wusste es besser. Finn war verzweifelt, aber versteckte sich hinter seiner Genervtheit. Jedoch dachte ich nicht im Traum daran, Finn dieses Kleid für mich zu bezahlen! Er hatte mich schon zu oft zum Essen eingeladen und mir im Oktober kurz vor Graces Geburtstag schon ein Kleid gekauft. Ich wollte nicht, dass er permanent Geld für mich ausgab. Deswegen war ich nicht mit Finn zusammen und es war nicht fair! Wir sollten es ausgleichen. Zumindest war ich dieser Meinung, Finn schien es anders zu sehen. "Es ist lieb von dir, mich des Öfteren einzuladen und mir das Kleid zu schenken. Aber ich kann so viel nicht annehmen! Das ist dir gegenüber nicht fair." Ein zartes Awww erreichte mein Ohr. Das musste die Verkäuferin gewesen sein! Finn seufzte. "Von mir aus! Ein Vorschlag zur Güte.", setzte er an. Durch mein Nicken zeigte ich ihm, dass er fortfahren sollte. "Können wir uns jetzt darauf einigen, dass jeder die Hälfte bezahlt?" "In Ordnung! Aber nur unter größtem Protest.", merkte ich an. Jetzt verzog ein breites Grinsen Finns Mund. "Damit kann ich leben, Prinzessin!" Endlich legten wir das Geld für mein Abendkleid auf den Tresen. Sichtlich erleichtert kassierte die Frau ab, verpackte das Kleid behutsam in einer Einkaufstüte samt Rechnung und wünschte uns noch einen schönen Tag. Ehe einer von uns beiden etwas hätte erwidern können, war die Dame davon gehastet. Wir mussten sie mit unserem kleinen Streit wohl oder übel geschafft haben! Im Nachhinein tat es mir wirklich leid, denn sie hatte geduldig hinter der Kasse ausgeharrt, während Finn und ich darüber diskutiert hatten, wer am Ende die Kosten übernehmen würde. "Brauchst du noch etwas für morgen?", wollte mein Freund wissen und verflocht unsere Finger miteinander. Frech grinsend blickte ich zu ihm hoch. "Nichts, was du bezahlen wirst, mein Lieber!"

California's BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt