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Die Tür fiel ins Schloss. Das Metallstück des Gurtes rastete ein und der Motor heulte auf. Ich verlor kein Wort. Zur Begrüßung hatte ich Finn lediglich gewunken. Die Fahrt verlief schweigend, doch mir entgingen Finns Seitenblicke nicht, die er mir bei jeder Gelegenheit zu warf. Sicherlich war meine gedankliche Abwesenheit der ausschlaggebende Grund dafür. Aber ich hatte was Schweres zu verdauen und war in meinem ersten Schock, nicht in der Lage adäquat zu kommunizieren! Eine eigene Modelinie... War das ein ernstgemeintes Angebot von Liara gewesen? Es konnte nicht ernstgemeint sein! Sie würde mir dadurch eine unfassbar wichtige Aufgabe anvertrauen, die unter anderem die Verantwortung für ihr zukünftiges Einkommen trug. Traf ich eine falsche Entscheidung, konnte ich das Image ihrer Firma ruinieren. Traf ich nicht den Geschmack ihrer Kunden, könnte sie aktuelle und potentielle Käufer verlieren. Mit dieser Aufgabe lastete eine Menge Gewicht auf mir und ich war mir nicht darüber im Klaren, ob ich dieses Risiko eingehen wollte. Ich wollte nicht den Grundstein für das Versagen von Mrs Millers Laden legen! Dieses Wissen würde mich umbringen. Das Brummen des Motors erstarb. "Okay! Ich hab die ganze Zeit nichts gesagt, aber ich mach mir Sorgen. Was ist los?", brach es auf Finn heraus. Seine Stimme ließ mich aus meinem Gedankenmeer auftauchen. Es war, als würde ich aufwachen! "Entschuldige! Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst.", erwiderte ich nach wie vor ein wenig gedankenverloren. Meine beunruhigenden Gedanken ließen mich noch nicht vollständig los! "Was ist passiert?", hakte mein Freund erneut nach. "Mrs- Liara hat mir ein unglaubliches Angebot gemacht! Es ist wirklich-" Wie würde Lina sagen? Ah! Ich wusste es. "Heftig.", vervollständigte ich den Satz. "Es kling traumhaft, aber gleichzeitig macht es mir Angst." Finn verschränkte seine Finger mit meinen. "Das klingt, als hätte sie eine große Aufgabe für dich.", bemerkte er. Ich nickte. "Ja und ich weiß nicht, ob ich ihr gewachsen bin oder ob ich lieber ihr Jobangebot ablehnen sollte." In der zwischen Zeit hatten Finn und ich den Wagen verlassen, die Treppen zur Haustür erklommen und ich hatte aufgeschlossen. "Du-" "ROOOOSE!" Laute Rufe unterbrachen Finn. Die Quelle dieser Stimmen folgte auf den Fuß. "Endlich bist du hier!", begrüßte mich Grace. "Wir wollen dich was fragen. Komm mit!" Dylan nahm meine rechte Hand. Grace folgte seinem Beispiel, löste Finns Finger von mir und packte meine linke Hand. Dann wurde ich in Dylans Kinderzimmer gezerrte. "Finn, du darfst auch mitkommen, wenn du willst!", rief seine kleine Schwester ihm beiläufig über die Schulter zu. Das mürrischen Grummeln meines Freundes drang bis zu mir trotz der Distanz. "Schön, dass ich den Entführern meiner Freundin folgen darf!", murrte er und stapfte uns hörbar hinterher. In Dylans Zimmer wurde ich auf dem Bett platziert. Finn saß neben mir, als auch er den Raum erreichte. Still wartete ich ab, was als nächstes passieren würde. Um ehrlich zu sein konnte ich es nicht einschätzen und die Mienen der Kinder ließen keinen Schluss auf ihre Gedanken schließen. Wenn ich ein solches Pokerface hätte, wäre ich gesegnet! Jedoch war ich mir ziemlich sicher, dass man mir jede Emotion, jeden Gedanken, jedes Gefühl an der Nasenspitze ablesen konnte. Aber darum ging es gerade nicht! Es ging um die kleinen Geheimniskrämer vor Finn und mir, die unter das Bett gekrabbelt waren und einen Schuhkarton ans Tageslicht beförderten. Nun war ich noch irritierter als zuvor! Finns Augen verrieten mir, dass es ihm ähnlich gehen musste. Mit der Kiste in den Händen traten sie wieder an uns heran. Dylan stellte den Karton auf meinen Oberschenkeln ab und warf Grace einen Blick zu. Sie schien sofort zu verstehen, was er ihr damit mitteilen wollte, währen Finn und ich weiterhin im Dunkeln tappten. "Prinzessin Rosalie", begann das kleine, blonde Mädchen salbungsvoll zu sprechen. Beeindruckend wie ein so junges Mädchen einen derart beeindruckenden Tonfall anschlagen konnte. Sie war gerade einmal sechs Jahre alt! Zumindest imponierte es mir, wie es in Finn aussah, wusste ich nicht. "schwörst du das Geheimnis der Jäger mit in dein Grab zu nehmen?", fragte Grace mich. Jäger? Das klang ohne Kontext alarmierend. Wollte ich wissen, was sich in dieser Box befand? Wahrscheinlich nicht. "Wenn du mir erklärst, um was für Jäger es sich genau handelt, dann kann ich dir auch eine Antwort geben.", erwiderte ich mit einem zarten Lächeln auf den Lippen, um meinen Worten die Schärfe zu nehmen. "Wir sind Buchjäger!", platzte es aus Dylan heraus. "So heißt Graces und mein Buchclub! Wir wollen, dass du mitmachst." Jetzt war ich beruhigt. Buchjäger waren harmlos und es war, wie ich fand, ein kreativer Name! Ich legte meine rechte Hand auf mein Herz und hob die Linke. "Ich gelobe feierlich das Geheimnis der Jäger mit in mein Grab zu nehmen!", schwor ich. Glücklich kichernd öffnete Grace und Dylan die Box auf meinem Schoss gemeinsam. "Das ist deine Jagdausrüstung! Die haben wir ganz allein gemacht." Schokolade, ein kleiner Plüschdrache, eine Minicampingtaschenlampe, ein Clubausweis, eine Jägerlizenz und ein Buch kamen zum Vorscheinen. Sie hatten den Ausweis und die Lizenz selbst gemalt und gestaltet! "Ich finde sie großartig! Dankeschön. Ich freue mich schon auf unsere erste Jagd." Wieder lachten die Beiden. Es machte mich glücklich ihnen eine Freude zu machen! "Entschuldigt, dass ich mich einmische, aber ich möchte eure Jägerin entführen! Wir haben etwas zu besprechen für unseren eigenen Club." Das Wort 'Club' hatte Dylan und Grace überzeugt mich gehen zu lassen. Ich hatte es in ihren Augen sehen können. "Komm schon, Prinzessin! Wir müssen gehen, bevor sie einen neuen Grund finden, dich hier festzuhalten.", flüsterte Finn in mein Ohr. "Und ich bin neugierig, weil du nicht viel von deinem Treffen mit Liara erzählt hast." Verstohlen grinsend richtete ich mich auf, ließ mich von Finn aus dem Kinderzimmer in mein eigenes Zimmer führen, wo er die Tür hinter sich schloss. Finn ließ sich auf meine Matratze plumpsen. "Jetzt erzähl mal! Und lass bloß nicht aus.", forderte er mich auf und ich fasste das Essen für meinen Freund zusammen.

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Merkt euch den 23.04.2021! Denn das ist der Tag, an dem ich als erster Mensch mehrfach gestorben bin. Wie ich das geschafft habe, wollt ihr wissen? Ich habe meine erste Abiturklausur geschrieben. Fünfeinhalb Stunden sind fünfeinhalb zu viel sage ich euch. Mein Gehirn hat sich heruntergefahren und ich könnte mindestens eine Woche durchschlafen!

California's BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt