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„Luca?" Meine Stimme gehorcht mir nicht ganz. Die Worte formten sich nur zu leisen Lauten, doch er schien mich vernommen zu haben. Ein sanftes Grinsen erleuchtete sein ernstwirkendes Gesicht. „Willkommen zurück unter den Wachen, Rosie! Du hast uns einen Schrecken eingejagt." „Tut mir leid.", murmelte ich. Luz drückte mich kurz, soweit es möglich war, während er mich trug. „Du kannst nichts dafür! Ich will nur, dass du schnell wieder auf den Beinen bist." Sarkastisch lachte ich auf. „Mit auf Beinen triffst du den Nagel auf den Kopf! Ich hab nicht nur meine schicke Kopfverletzung, ich kann auch nicht laufen.", teilte ich ihm bitter mit. Doch Luca schien sich nicht wirklich Sorgen zu machen. „Dein Fuß wird schon wieder! Da bin ich mir sicher. Ich hab einen Herzinfarkt bekommen, als du ohnmächtig angekommen bist. Aber jetzt redest du wieder und ich bin darüber unendlich erleichtert." Das war das Ende unseres Gesprächs, denn kaum hatte Luca mich auf den Boden im Gasthaus gesetzt hatte, kaum Ms Tesla auf uns zu gesprintet. Mit sichtlicher Sorge in den Augen kniete die Lehrerin sich vor mich. Hellbraune Strähnen hingen mir plötzlich im Gesicht. „'Tschuldigung.", murmelte sie. Dann fasste sie ihr Haar schnell im Nacken zusammen und band sie zusammen, vermutlich um sie aus dem Weg zu haben. „Rose, ich würde Sie gerne grob untersuchen. Ist es für Sie in Ordnung? Ich brauche von Ihnen eine eindeutige Erlaubnis, da ich Sie ohne Ihr Einverständnis nicht berühren darf." „Sie können mich untersuchen. Ich habe nichts dagegen!", erwiderte ich. Irgendwie war ich müde. Ich fühlte mich ausgelaugt, jedoch ging die Erstuntersuchung vor. „In Ordnung!" Ms Tesla tippte sich gegen die eigene Nasenspitze. „Schauen Sie mir bitte auf die Nasenspitze." In diesem Moment setzte sich Finn neben mich. Stumm saßen wir nebeneinander und ich ließ die Vorsichtsmaßnahme über mich ergehen. Ich wünschte mir aktuell nichts sehnlicher, als in den Schlaf zu finden, doch mir war natürlich bewusst, dass das nicht vernünftig war angesichts des vorrangegangenen Sturzes. Ich konnte nicht sagen, wie lange die Prozedur dauerte. Hinter Ms Tesla konnte ich sehen, wie Mr Fizz Kenny verarztete. Kenny fing meinen Blick auf und grinste mich an. Erleichtert seufzte ich. Ihm schien es den Umständen entsprechend gut zu gehen! „Mr Miller, Mr Harries, ich würde Sie bitten, Ms Garcia auf die Bank zu setzen und hier zu bleiben." Danach wandte sie sich ihrem Kollegen zu. „Rick, ich ruf die Schüler rein!", teilte sie ihm mit. Ein kurzes Handzeichen seinerseits schien Ms Tesla als Okay zu verstehen. Ich konnte mich nicht länger mit der Kommunikationsart meiner Lehrer beschäftigten, denn Finn und Luca zogen mich auf meinen gesunden Fuß und halfen mir zu den Bänken des Essenssaals. Innerhalb von wenigen Sekunden füllte sich der Saal durch meine hereinströmenden Mitschüler. Ein Pfiff ging durch den Saal. Ich hatte erwartet, dass Mr Fizz gepfiffen hatte, da es üblich für ihn war. Doch er war mit Kenny verschwunden. Stattdessen entdeckte ich Ms Tesla, die auf eine Bank stieg. „Würden Sie mir einen Moment zu hören?" Das Gemurmel verstummte. Die Lehrerin hatte die Aufmerksamkeit, um die sie gebeten hatte. „Vielen Dank!", erwiderte sie daraufhin. „Mr Fizz und ich haben entschieden die Expedition abzubrechen. Der Grund ist das Fehlverhalten einiger Schüler. Wir werden Ihre Eltern über die verfrühte Abreise informieren und ich erwarte, dass alles und jeder morgen um Punkt Acht Uhr abfahrbereit ist. Doch freuen Sie sich nicht zu früh! Als Ersatz für diese Klassenfahrt werden Sie in der Schule die Ziele dieses Ausflugs theoretisch ausarbeiten. Ihre Ausarbeitungen werden zu einem nicht unerheblichen Teil in ihre Endnote einfließen.", warnte die Lehrerin zum Schluss. Ein genervtes Raunen ging durch die Menge. „Sie sind entlassen! Sie haben den Rest des Tages frei, aber halten Sie sich von dem See und dem Wald fern.", waren die letzten Worte der jungen Frau, bevor Ms Tesla von der Sitzbank hinunterstieg mit Mr Fizz' Hilfe, der auf einmal wieder hier war. Ich entdeckte Lydia in der Menge. Energisch winkte ich sie zu mir. Ich humpelte ihr entgegen. „Hey! Ich wollte mich nur bedanken. Ohne dich und Kenny würde ich noch im Wald liegen." Lydia schloss mich in die Arme. „Das ist doch nicht der Rede wert! Du hättest genau das Selbe getan, wenn einer von uns an deiner Stelle gewesen wäre." Doch ich ließ sie nicht sofort los, ich drückte sich nochmal und löste mich von Lydia. „Trotzdem danke!" Sie lächelte. „Gern geschehen!" Lydia drehte sich um, um zu gehen, aber ich hielt sie zurück. „Weißt du, wo Kenny ist? Ich will mich auch bei ihm bedanken." „Ich glaube, Mr Fizz hat ihm zu seinem Zelt gebracht. Er meinte, Kenny solle sich ausruhen." Zum Dank nickte ich und machte mich auf den Weg zu Taylors und Kennys Zelt.

„Kenny? Hier ist Rose. Kann ich reinkommen?" Statt einer Antwort konnte ich beobachten, wie der Reißverschluss nach unten wanderte. Ich nahm das als Einladung und krabbelte mühevoll in das Zelt hinein. „Wie kann ich dir helfen?", wollte er wissen. Ich antwortete ihm nicht. Meine Augen hefteten sich schuldbewusst auf die Kratze in Kennys Gesicht. „Rose?", riss mein Freund mich aus meinen Gedanken. „Entschuldige! Ich wollte mich nur bedanken, dass Lydia und du mir geholfen habt und mich aus dem Wald ausgebracht habt. Bevor du was sagst", fügte ich hinzu, als Kenny den Mund öffnete. „ich weiß, dass es keine große Sache ist und ich das Gleiche für dich und Lydia getan hätte. Aber ich wollte trotzdem danke sagen." Kenny grinste. „Gern geschehen, du Spinnerprinzessin!", gluckste er und zog mich wie Lydia zuvor in eine Umarmung. „Ich kann es nicht fassen! Bedankst sich für eine Selbstverständlichkeit." Ich verdrehte die Augen und boxte ihn freundschaftlich. Kenny grinste nach wie vor. „Ich bring dich zurück zum Zelt! Nicht, dass du mir auf dem Weg dahin umknickst." Grinsend ließ ich mir von Kenny aufhelfen und zu meinem Zelt begleiten.

„Geht's? Soll ich dir helfen? Ich kann-" „Lina, du musst zwischendurch Luft holen!", wies Lydia ihre beste Freundin sanft zu Recht. „Danke, Linchen! Aber ich komme klar. Es geht schon! Lasst uns jetzt endlich zu dem Lagerfeuer zu gehen." Lina zog den Reißverschluss auf und krabbelte als Erste nachdraußen dicht gefolgt von Lydia und mir. Wir stampften durch das Laub. Das Knistern des Feuers und die Gespräche meiner Mitschüler übertönte das Rascheln der Blätter unter unseren Füßen. Lydia und Lina wurden sofort von ihren Freunden in Empfang genommen. Finn konnte ich nicht sehen. Ich folgte ihnen zu Taylor, der uns sieben Plätze freihielt. Aber ich kam nicht weit! „Prinzessin, warte mal!" Plötzlich stand Finn neben mir. „Hast du eine Sekunde?" Ich lächelte ihn an. „Klar! Für dich immer." Er nahm meine Hand und führte mich zum Gasthaus, das abseits des Lagerfeuers lag. „Ich hab was für dich! Ich wollte es dir eigentlich erst am Freitag geben. Aber ich hoffe, dir damit eine kleine Freude zu machen!", meinte Finn und nestelte an der Innenseite seiner Jacke herum. Danach drückte er mir eine kleine Schachtel in die Hand. Mein Herz blieb stehen. Das war doch nicht- Er wollte nicht- Wollte ich- „Es ist nicht so wie bei Lina und Luz! Sorry, ich hätte dich vorwarnen sollen. Ich hab nicht bedacht, wie das aussieht." Verlegen fuhr Finn sich durchs Haar. Ich lachte. „Mach dir keine Sorgen! Es war nur überraschend. Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, was ich gedacht hätte, wenn du mir jetzt einen Antrag gemacht hättest." Finn küsste meine Stirn. „Ich finde, wir sind zu jung, um uns zu verloben. Aber ich versichere dir, Prinzessin, dass ich dir in ein paar Jahren einen Antrag mache." Frech zwinkerte er mir zu. Ich errötete durch seine Worte. „Jetzt mach schon auf!", forderte mein Freund mich auf. Er schien aufgeregt zu sein. Das machte mich nur neugieriger! Ich öffnete die Schachtel. Sie war zweigeteilt. Das eine Fach war leer. Doch in dem zweiten Abteil entdeckte ich ein Schloss. Es war silbern und herzförmig. Ein Anhänger! Vorsichtig holte ich es aus dem Kästchen. Um die Hände freizuhaben, steckte ich die Schachtel in die Bauchtasche von Finns Hoodie, den ich trug. „Es ist wunderschön!", sagte ich andächtig. Es funkelte und glitzerte im Feuerschein. „Es ist von der selben Marke wie dein Armband. Ich wollte mich auch dort verewigen! Aber nicht nur ich bin bei dir." Finn griff von oben unter sein Oberteil. Seine Silberkette, die er nur selten abnahm, kam zum Vorscheinen. Es war nicht nur die Kette! Daran hing ein Schlüssel. Er war genauso groß wie mein Schloss. „Sondern du bist auch immer bei mir, weil du der Schlüssel" Er deutete auf seine Kette. „zu meinem Herzen bist! Und ich werde diesen Schlüssel niemals von meiner Kette nehmen." Finn nahm das Schloss aus meiner hohlen Hand und befestigte es an meinem Armband. „Ich liebe dich!" Ich wollte mich auf meine Zehenspitzen stellen, um ihn zu küssen, aber der Schmerz machte mir einen Strich durch die Rechnung. Doch Finn schien meine Intention verstanden zu haben. Er lehnte sich zu mir runter und küsste mich.

California's BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt