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"Wer soll das denn in seinen Kopf bekommen? Was für ein-" Ein verschreckter Seitenblick. "Schrott!", rettete Finn sich noch. Vor etwa einer Stunde hatte ich einen Anruf von einem aufgelösten und absolut verzweifelten Finn. Physik, Mathe, Spanisch und Englisch hatten ihm den Krieg erklärt und er gestand mir, dass er drohte den Kampf zu verlieren. Deswegen hatte Finn mich angebettelt vorbei zu kommen. Ich hatte nicht einmal die Chance gehabt ein Wort des Grußes zu äußern! Nach einem erschlagenden Wortschwall kam auch ich zu Wort. Ich sagte ihm, dass er sich keine Sorgen machen musste und ich zu ihm kommen würde, um ihm zu helfen. Seine Dankbarkeit nahm kein Ende. Tatsächlich musste ich ihn abwürgen, damit ich mich auf den Weg machen konnte. Nach meiner Ankunft wurde ich sofort von Finns Arbeitsberg begraben. Wir arbeiteten konzentriert. Eine halbe Stunde später gesellte Grace sich zu uns. Es war niedlich, wie sie sich mit ihren Büchern und Stiften zu uns setzte und uns versuchte möglichst genau nachzuahmen! "Das ist nicht so kompliziert! Aber ich hab eine Eselsbrücke, vielleicht hilft sie dir bei den Formeln." Ich zog seinen Block zu mir und kritzelte am Rand des Papiers. "Dieses Dreieck zeigt dir, was du multiplizierst und was du dividierst. Kannst du mir folgen?" "Ja." "Die Größe, die gesucht ist, hältst du zu und das Dreieck zeigt dir die Rechenoperation. Das ist auf viele Formeln mit drei Größen anwendbar! Was wichtig ist, ist, dass du dir merkst, wo welches Formelzeichen steht." "Das ist alles?" Ich nickte. "Bezüglich der Formeln ja.", meinte ich. "Okaaaay... Ich hab genug von Physik!", beschloss Finn. Er legte den Kopf in den Nacken. Seine Frustration war offensichtlich! "Lass uns zu Englisch springen, Prinzessin! Wenn ich noch eine physikalische Formel sehe, werf ich mich von einer Brücke." "Um das zu verhindern, werde ich mich ritterlich für dich opfern, mi amor!", kicherte ich. Mit einer Handbewegung fasste ich meine Haare zusammen und wollte mein Haargummi von meinem Handgelenk ziehen, um sie zusammenzubinden. Doch ich griff ins Leere. "Ich war mich sicher, dass vorhin noch ein Haargummi hatte.", murmelte ich verwundert vor mich hin. Es sollte nicht das Einzige bleiben, das mich in diesem Moment verblüffte. "Hier!" Finn reichte mir ein schwarzes Haargummi. "Dankeschöön...", erwiderte ich und band mir das Haar zu einem mittelhohen Pferdeschwanz. Anschließend griff ich nach der Lektüre, die wir bearbeiteten, damit Finn und ich die letzten drei Kapitel durchsprechen konnten. In der selben Sekunde hielt ich inne. Ich konnte mir die Frage doch nicht verkneifen! "Woher hast du das Haargummi?", erkundigte ich mich. Finn krempelte seinen linken Ärmel nach oben. "Ich hab festgestellt, dass es praktisch ist, wenn man Langhaarige kennt, Haargummis und Spangen dabei zu haben. Früher habe ich mir für Grace bunte Klammern, an die Hosentasche geklippt. Ich bin mit denen manchmal auch in die Schule gegangen! Nicht wirklich cool, aber ich habe sie gebraucht. Für dich habe ich immer drei Haargummis am Handgelenk!" Ich hatte einen lieben Freund! "Danke! Das ist süß." Ich lehnte mich nach vorne und drückte ihm einen Kuss auf die Schläfe. "Na dann!", verkündete ich. Das Buch, das ich hochhielt, verdeckte mir kurz die Sicht. "Auf in den Kampf!"

"Finn, Grace, ich bin wieder da! Oh-" Nathan verharrte an Ort und Stelle, als er das Wohnzimmer betrat. "Hey Rose!" "Hallo Nate." Ich winkte ihm zu. Vom Boden aus wirkte Finns Bruder noch größer, als er ohnehin schon war! "Wie war die Uni?", nuschelte Finn. Man wusste nicht, ob Finn sich bewusst war, dass er etwas gesagt hatte. Er saß konzentriert im Schneidersitz neben mir auf dem Boden und schrieb seine Notizen. Doch ein Stichwort ließ mich aufhorchen! "Du studierst?", hakte ich aufgeregt nach. Es weckte meine Neugier! Nathan nickte bestätigend. "Welcher Studiengang?" Vor lauter Euphorie bildete ich keine vollständigen Sätze. "Jura! Ich musste wegen meinem Koma ein Semester aussetzen. Ich hab mein Staatsexamen verpasst, aber das ist kein Problem. Ich muss ein paar Zusatzprüfungen ablegen und noch eine Hausarbeit einreichen! Dann darf ich in euren Weihnachtsferien das Examen nachholen." "Das klingt spannend!", kommentierte ich. "Prinzessin, wie schreibt sich Oxymoron?", erklang Finns Stimme. "O-X-Y-M-O-R-O-N.", buchstabierte ich beiläufig. "Danke." "Hast du Interesse an Jura?", kam es von Nate. "Ich finde Recht und Gesetze ziemlich spannend! Ich hab mich mit verschiedenen Rechtssystemen beschäftigt und viel gelesen, als ich noch in Spanien gewohnt habe.", erklärte ich. Nathans Gesichtsausdruck zum Urteil hatte er eine Idee. "Möchtest du mal mit ein Uniseminar?" Mir klappte die Kinnlade runter. Träumte ich? Ich wollte mein Leben lang an eine Universität! Als Prinzessin dachte ich, dass ich niemals studieren würde. Aber mein Leben hatte sich in nur wenigen Monaten massiv gewandelt und hatte somit andere Möglichkeiten. "Wirklich?", hauchte ich ehrfürchtig. "Klar! Warum nicht? Es wird niemanden stören und du kannst mal reinschnuppern! Vielleicht wirst du eines Tages für den Staat arbeiten." Nate grinste mich an. Ich grinste zurück. Ich konnte es kaum noch abwarten, in eine richtige Universität zu gehen!

"Du gehst wirklich mit Nate zur Uni?", fragte Taylor zum fünften Mal. Ich lachte, während Finn und Lina nur genervt seufzten. "Ja, Tay! Ich gehe wirklich mit Finns Bruder in die Uni.", bestätigte ich ihm ebenfalls zum fünften Mal mit einem amüsierten Augenrollen. Taylor pfiff. Ob er beeindruckt oder einfach nur überrascht war, konnte ich nicht sagen! "Du willst nach der Schule in eine Uni gehen, wo man noch mehr lernt?" Überrascht. Eindeutig überrascht. "Ja! Du weißt doch, das ich gerne lerne. Außerdem ist es von mir ein Kindheitstraum, so seltsam es auch klingen mag, an eine Universität zu gehen. In meiner ehemaligen Position ist ein Studium nicht üblich und ich habe nie ein College gesehen." Taylors Lippen spalteten sich, jedoch unterbrach ihn ein Motor. Ein dunkelrotes Auto rollte auf uns zu. Hinter dem Steuer erkannte ich nach einigen Metern Nathan. "Dein Taxi ist da!", kommentierte Finn, schlang seine Arme von hinten um mich und küsste meine Schläfe. "Viel Spaß in der Uni, du Wissenssüchtige!" Ich schaute über meine Schulter zu Finn hoch. "Danke! Den werde ich haben." Grinsend löste ich mich von ihm und stieg zu Nathan ins Auto.

California's BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt