Kapitel 17

1.8K 95 5
                                    

Die Nacht ist eine der Schlimmsten, die Maria je hatte und die junge Frau liegt mehr wach, als dass sie schläft.
Das wirkt sich natürlich auch auf den kommenden Morgen aus, an dem sie schlecht und nur mit größter Mühe aus dem Bett kommt.
Am liebsten würde sich die Psychologin einfach wieder krank melden und zuhause bleiben, um in Selbstmitleid versinken und ihren Fehler bedauern zu können.
Doch ihr ist klar, dass das nicht auch nur im Geringsten helfen wird und ihr ihre Termine vielleicht sogar etwas Ablenkung verschaffen können.
Also zwingt sich die Frau dazu sich fertig zu machen und sogar zu Frühstücken. Sie ist gerade dabei all ihre notwendigen Dinge zusammenzusuchen als der altbekannte Ton ihres Handy in ihrer Tasche ertönt. Als Maria es aus ihrer Tasche fischt und aufs Display blickt, sieht sie die Nummer ihrer besten Freundin.
Sie seufzt leise auf. Eigentlich hat sie gerade überhaupt keine Lust mir ihr zu sprechen, da Kim bestimmt sofort merken wird, dass etwas nicht stimmt und dann so lange fragen wird, bis die Rot-Blonde ihr von einem Problem erzählt, was eigentlich streng geheim bleiben sollte. Denn bestimmt würde jetzt schon niemand besonders begeistert sein, wenn herauskommt, dass ihre beste Freundin ganz generell von Loki und Marias Verhältnis zu ihm weiß.
Dennoch bringt sie es auch nicht übers Herz sie einfach wegzudrücken, da es ja auch etwas wichtiges sein könnte und so nimmt sie den Anruf an und hält sich das Handy ans Ohr.
"Guten Morgen Maria! Du glaubst nicht, was gerade passiert ist!", wird die Frau von dem aufgeregten Kreischen ihrer besten Freundin empfangen, das so laut ist, dass sie sich das Handy in der Hand ein bisschen weiter vom Ohr weg halten muss.
"Ich kann es ehrlich gesagt selber noch nicht fassen!", fährt Kim am andren Ende der Leitung begeistert fort und die Psychologin kann sich genau vorstellen, wie die Frau gerade aufgeregt auf und ab laufen muss.
Ihr wird aber auch schnell klar, dass sie antworten muss, was das kleine Lächeln, welches sich bei dem Gedanken an die, wie ein kleines Mädchen herumhüpfende Frau, auf ihren Lippen gebildet hat, augenblicklich wieder verschwinden lässt.
"Was ist denn los?", fragt Maria dann nachdem sie einmal tief durchgeatmet hat und versucht dabei so normal wie möglich zu klingen, was ihr jedoch nicht besonders gut gelingt.
Doch Kim scheint viel zu aufgeregt zu sein um es zu bemerken, denn sie plappert einfach weiter drauf los.
"Ich habe ja schon mal von Adam King erzählt, dem supersüßen Typ aus der Redaktion. Halt dich fest, denn du wirst nicht glauben, was er heute morgen getan hat!"
Normalerweise würde die Frau wirklich gespannt auf die Neuigkeiten sein, doch in ihrer jetzigen Verfassung macht sie sich nicht einmal die Mühe zu antworten oder irgend eine aufgeregt Reaktion zu zeigen. Sie schafft es einfach nicht, egal wie sehr sie sich anstrengen würde.
"Er hat mich allen ernstes gefragt, ob ich am Freitag mit ihm essen gehen will! Mich! Einfach so! Ist das zu fassen?!"
Eigentlich würde Maria am liebsten hysterisch zu quietschen beginnen und sich für Kim freuen, da Adam ein wirklich netter Kerl zu sein scheint und sie schon seit Wochen von ihm schwärmt. Doch durch die Geschehnisse von gestern scheinen alle Emotionen außer Trauer und Schuldgefühlen wie ausgeschaltet zu sein.
Sie muss aber etwas sagen und wenigstens vorgeben sich zu freuen, wenn sie Kim nicht enttäuschen will.
"Wow, das ist ja cool. Ich freue mich riesig für dich", bringt Maria dann über die Lippen und merkt schon während des ersten Satzes, dass sie sich alles andere als überzeugend anhört.
"Ja oder? Ich-", beginnt die Frau am Telefon doch scheint dann auch zu merken, dass etwas mit ihre Freundin ganz und gar nicht stimmt, "Maria? Was ist los?"
Ihre Stimme hat augenblicklich nichts freudiges mehr sondern trieft nur so vor Sorge, was der Psychologin beinahe schon ein schlechtes Gewissen macht.
Ihr war von vornherein klar gewesen, dass Kim bemerken würde, dass etwas nicht stimmt und dennoch ist sie nicht in der Lage gewesen sich eine plausible Ausrede einfallen zu lassen, weshalb sie jetzt schweigt und fieberhaft nachdenkt. Vielleicht wäre es das Beste so zu tun, als ob alles gut sei und zu hoffen, dass die Frau am Telefon zu aufgeregt ist, um weiter nachzuhacken. Ein Versuch ist es immerhin wert.
"Gar nichts Kim. Es ist alles gut", versucht Maria so gut gelaunt wie möglich zu sagen.
Einen Moment ist es still und keiner der beiden sagt etwas, was nur darauf hindeuten kann, dass sie ihr nicht glaubt.
"Ach komm schon. Erzähl das jemandem, der dich weniger gut kennt und sagt mir, was mit dir los ist", kommt dann die Antwort, die die Rot-Blonde fast schon erwartet hat und sie muss sich ein Seufzen verkneifen.
"Nein, es ist wirklich alles gut. Ich hab nur wenig geschlafen und bin schlecht aus dem Bett gekommen", versucht sie erneut sich rauszureden und tischt ihrer Freundin damit nicht einmal eine komplette Lüge auf. Nur, dass sie den größten Teil der Wahrheit einfach weglässt.
Auf der anderen Seite der Leitung ertönt ein kurzes ironische Lachen, was eindeutig darauf hinweist, dass Kim ihr ihre Ausrede wieder nicht abkauft.
"Mein Gott Maria, wie lange glaubst du eigentlich kenne ich dich schon? Ich weiß genau, wie du drauf bist, wenn du schlecht geschlafen hast und du klingst kein Stück gereizt sondern so, als ob dein nicht vorhandener Freund mit dir Schluss gemacht hätte."
Jetzt kann die Frau das Seufzen nicht zurückhalten. Nur ein einziges Mal in ihrem Leben wünscht sie sich, dass ihre Freundin sie nicht so gut kennen würde. Doch jetzt muss sie wirklich langsam mit der Wahrheit herausrücken, wenn sie nicht den ganzen Tag über angerufen und genervt werden will. Eine weitere Lüge würde ihr Kim vermutlich sowieso nicht durchgehen lassen und da sie eh weiß, dass sie sich um Loki kümmert, kann sie ihr dieses Detail doch auch einfach noch erzählen.
"Kim, ich hab Scheiße gebaut", beginnt sie so leise und zögernd, dass sie beinahe Angst hat, ihre Freundin könne sie nicht verstehen.
"Was ist passiert? Was hast du gemacht?" fragt die Stimme auf der anderen Seite mit einer Mischung aus Aufregung und Besorgnis.
"Ich... I-ich hab.....", beginnt Maria doch wird durch die Tränen unterbrochen, die ihr in die Augen steigen und die sie verzweifelt versucht wegzublinzeln.
"Was ist los? Ist jemand verletzt?", hakt Kim besorgt nach.
"N-Nein, niemand ist verletzt aber-", aus der Kehle der Frau ertönt ein lautes Schluchzen und sie kann ihre Tränen jetzt endgültig nicht mehr zurückhalten.
"Maria, bleib wo du bist! Ich komme jetzt sofort zu dir!", beschließt ihre beste Freundin dann und hört sich nicht so an, als würde sie Scherze machen oder sich so leicht wieder von ihrem Vorhaben abbringen lassen.
"D-Das ist nicht nötig, wirklich", schnift die Psychologin und versucht dabei so sicher zu sprechen, wie möglich.
Doch die Frau am Telefon scheint das nicht im Geringsten zu überzeugen.
"Natürlich ist es das! Du sitzt heulend zuhause und das kommt so selten vor, dass es definitiv nötig ist, dass ich vorbeikomme und mir persönlich anhöre, was los ist! Also bis gleich", sagt Kim bestimmt und legt dann auf bevor Maria noch ein weiteres Mal protestieren kann.
Sie legt ihr Handy auf die Kommode neben sich und lässt sich dann an der Wand langsam zu Boden sinken, während ihr die Tränen beginnen in Strömen übers Gesicht zu laufen.
Mit einem Mal scheinen sich all die Emotionen, die sie besser erfolgreich zurückhalten konnte auf einmal zu entladen und die Frau beginnt laut zu schluchzen.
Sie hat es versaut. Sie hat die wohl größte Chance ihres Lebens in den Sand gesetzt, weil sie nicht professionell sein konnte und sich von ihren Gefühlen hat leiten lassen.
Genau das, was sie in ihrem Job nicht tun sollte.
Und als wäre das nicht schon genug, nimmt sie jetzt auch noch die Arbeitszeit ihrer besten Freundin in Anspruch, um sich bei ihr auszuheulen und nach Mitleid zu suchen, das sie devinitiv nicht verdient hat.

- I'm here for you - (Loki FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt