Fourty-nine - Eiserne Spielbänder

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Colin
Von Fabiennes Laune mehr als überfordert saß ich auf meiner Couch und spielte auf meiner Gitarre eine Melodie, die mir grade durch den Kopf schwirrte. Sie suchte nicht nur ihre Tasche, das war mir schon klar, als sie meine Wohnung verlassen hatte, aber da sie jetzt schon seit einer viertel Stunde draußen war, war ich mir mehr als sicher.

Wenn sie einfach gegangen war, hatte ich ein Problem. Immerhin hatte sie meinen einzigen Haustürschlüssel - Und sie hatte abgeschlossen.

Angespannt rupfte ich an den schuldlosen Saiten und stellte das Instrument wieder weg. Schließlich sollte es den heutigen Tag noch überleben und nicht Opfer meines Frustes werden. Jemand hantierte mit einem Schlüssel am Haustürschloss und schließlich wurde die Tür leise geöffnet. Ich lehnte mich halb über die Sofalehne und erspähte Fabienne, die mich gar nicht bemerkte.

Mit einer Hand wischte sie sich durch ihr gerötetes Gesicht, während sie ihre Tasche abstellte. Ihre Unterlippe, auf der sie rum kaute, war völlig weiß ihr Brustkorb hob und senkte sich unter tiefen Atemzügen, die ihr eindeutig schwerfielen. Sie blies die Backen auf und schaute in den Spiegel, ihr Blick war fest auf ihr Abbild darin gerichtet.

Ich sah, wie sie die Schultern zurück nahm und ihre Mundwinkel sich nach oben drückten, als würden sie von eisernen Spielbändern nach oben gezogen werden. Sie stieß ruckartig Luft aus und ehe sie mich bemerkte, setzte ich mich wieder richtig auf die Couch. Mit einem kurzen Nicken in meine Richtung rannte sie an mir vorbei in die Küche.

Skeptisch erhob ich mich vom Sofa und folgte ihr. Sie kippte grade ein Glas Wasser in sich hinein.

"Magst du nicht lieber nach Hause gehen?"

Sie schrak zusammen, ein ersticktes Husten erklang von ihr und sie setzte schnell das Glas ab. "Co-" Hustend hielt sie sich die Hand vor den Mund und stellte das blaue Glas krachend auf die Arbeitsplatte. "Sag mal musst du dich so anschleichen?", fauchte sie, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte.

"Ich bin nicht geschlichen."

Aus ihren Augen sprühten wütende Blitze. Das eigentlich immer so schöne grün ihrer Augen, schien nun giftig und mörderisch. Nicht mehr warm und liebevoll. Ihr Blick war matt, aber das Lächeln saß. "Doch. Aber egal. Was spielen wir eigentlich heute?"

Prüfend musterte ich sie und drehte meine Gedanken hin und her. Eigentlich wollte ich sie fragen, ob wir einen ihrer Songs spielen könnten, aber bei ihrer aktuellen Laune ging ich mal davon aus, das es vergebene Mühe war, heute noch irgendwas zu versuchen. Dabei hatte der Tag so gut angefangen...

"Einen von meinen Songs. Magst du dir die Noten schon mal anschauen?"

Schnell schüttelte sie mit dem Kopf. "Sag mir einfach welches es ist... Vielleicht habe ich ja einige gehört und weiß, wie ich dazu spielen muss." Ein müdes, aber ehrlicheres Lächeln verwischte ihre Maske und sie legte den Kopf schief. Ihre geglätteten Haare fielen ihr über die Schulter und sie befeuchtete schnell ihre Lippen.

Ich kam mit diesen plötzlichen Wechseln ihrer Laune heute gar nicht mehr mit. Seufzend ließ ich mich gegen die Rückenlehne meines Stuhls fallen und guckte sie schweigend an. Sie erneut zu fragen, was los sei, würde wahrscheinlich nichts mehr bringen, somit beschränkte ich mich darauf, so zu tun, als sei alles in bester Ordnung. Aber da war Fabienne wahrscheinlich besser als ich. In ihrem linken kleinen Finger steckte mehr Selbstbeherrschung, als ich in meinem gesamten Körper hatte. "Sagt dir Infectious was?"

"Ich mag das Lied", nickte sie nur und verschwand aus der Küche ins Wohnzimmer.

Kopfschüttelnd schaute ich ihr hinterher und schrieb Adam, ob sie noch lange brauchen würden. Sofort bekam ich eine Antwort. Er hatte Doris wohl auf dem Weg aufgegabelt und sie müssten jeden Moment da sein. Geräuschvoll stieß ich Luft aus und wartete in der Küche.

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