Seventy-three - Sag es nicht!

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Fabienne

Tatsächlich hatten wir es geschafft, um Punkt zwanzig vor sechs mit Lilura zusammen am Frühstückstisch zu sitzen, die von einem Ohr bis zum anderen grinste. Die großen Industrielampen schienen das Wohn-Esszimmer gut aus, ich hatte schon immer gern hier gesessen. Und ich musste zugeben, dass es morgens sehr gemütlich hier war, wenn man erstmal wach war. Das ich Colin heute so gehetzt hatte, war mir ziemlich egal. Ich wollte gerade jede Sekunde mit meiner Tochter verbringen!

... Und außerdem wollte ich keine Sekunde in dem Gespräch verbringen, welches Colin wohl mit mir führen würde, sobald er die Chance dazu hatte.

Er machte sich sorgen um mich und das war auch in Ordnung so, es wäre schlecht, wäre es anders, aber... Ich würde mich wohl niemals daran gewöhnen, von jemandem so ehrlich und aufrichtig geliebt zu werden.

"So, dann guten Appetit zusammen." Evelyn stellte eine Obstplatte auf den Tisch und setzte sich ebenfalls. Ich hatte ganz vergessen, wie gesund meine liebe Schwester immer aß.

"Danke, Eve", erklärte ich und sah ein wenig schmunzelnd zu Jake und Colin, welche beide irgendwie nicht ganz so viel von Naturjogurt, Nüssen, Haferflocken und Obst zum Frühstück hielten. Colin räusperte sich. "Gibt es später noch richtiges Frühstück?", fragte er.

Ich gluckste, Evelyn sah mich kopfschüttelnd an, aber schließlich war es meine bodenlos ehrliche Tochter, die etwas dazu sagte. "Etwas richtiges? Du meinst sowas wie ungesunde Brötchen, mit Aufstrich, der eigentlich nur aus Zusatzstoffen besteht?"

"Lilura!" Ich wollte empört aussehen, leider sah ich wohl eher absolut belustigt aus. Meine Mundwinkel bogen sich nach oben und ich griff schweigend nach den Walnüssen.

"Wenn man tanzt muss man auf seine Ernährung achten und solange ihr hier haust, werdet ihr euch wohl damit zufriedenstellen müssen, immerhin bin ich kein Hotel." Evelyn steckte sich eine Erdbeere in den Mund und sah mich an. "Also wirklich, in was für Zuständen du wohl leben musst, Fabi."

"Also entschuldige bitte, aber mein Kühlschrank ist ja mal sowas von gesund!"

"Natürlich, von den beiden Mitbringseln ist keiner gesundes Essen gewohnt, aber dein Kühlschrank ist sicher der reinste Bioladen." Skeptisch hob sie eine Augenbraue an und grinste stolz. Ich grinste auch, nicht über ihren Kommentar zu meinem Kühlschrank sondern über den Ausdruck Mitbringsel.

"Mamá, bringst du mich heute zur Schule?", fragte Lilura mitten in die Unterhaltung, während sie Haferflocken in ihren Naturjogurt mischte und zwei sehr argwöhnische Blicke abbekam.

"Klar. Nur ich?"

Der Blick meiner Tochter wurde aufmüpfiger, sie sah Colin und Jake an und meinte, "Naja, vielleicht sollten der und der mitkommen. Dann können sie sich ja 'richtiges Frühstück' unterwegs holen."

Evelyn lachte. "Okay."

"Übrigens Fabienne", meinte Schwester rührte in ihrem Jogurt rum und guckte mich an, "Marie ist in der Stadt. Willst du, dass sie weiß, dass du hier bist oder soll ich es totschweigen?"

Ich rollte mit den Augen. "Du hättest es totschweigen sollen", grummelte ich, denn ich sah schon Colins neugierigen Blick. Aber auf ein Treffen von Colin und Marie hatte ich ja nun wirklich gar keinen Bock. Also wirklich überhaupt nicht.

Mit großen Augen schielte meine Schwester zu Colin. "Sorry?"

"Wie läuft die Tanzschule? Immer noch eine der besten in Berlin oder zeigst du Altersschwäche?"

Entsetzt weitete sich Evelyns Blick. "Altersschwäche?!", pikierte sie sich.

Unschuldig schob ich mir meinen Löffel in den Mund. "Naja, also jetzt, wo du ganze achtundzwanzig Jahre als bist..."

Everyone has SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt